Updates

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Fachbereich Recht

Wettbewerbsrecht

Die Vernehmlassung zur Kartellgesetzrevision
Am 24. November 2021 hatte der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Teilrevision des Kartellgesetzes (KG) eröffnet. Der entsprechende Vorentwurf sah Änderungen betreffend die Fusionskontrolle vor (Wechsel vom heutigen qualifizierten Markbeherrschungstest zum Significant Impediment to Effective Competition-Test (SIEC-Test). Auch wurden Regelungen im Bereich Kartellzivilrecht eingefügt und der Vorentwurf enthielt Änderungen im Bereich des Widerspruchsverfahrens. Zusätzlich bezog der Bundesrat zwei Forderungen der Motion 16.4094 Fournier «Verbesserung der Situation der KMU in Wettbewerbsverfahren» in die Revision mit ein (Einführung von Ordnungsfristen und Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren vor der WEKO). Schliesslich enthielt der Vorentwurf einen Umsetzungsvorschlag zur im Juni 2021 angenommenen Motion Français: «Die Kartellgesetzrevision muss sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien berücksichtigen, um die Unzulässigkeit einer Wettbewerbsabrede zu beurteilen» (Link Medienmitteilung und Vernehmlassungsunterlagen).
SwissHoldings nahm an der Vernehmlassung teil (Link Vernehmlassungsantwort) und positionierte sich folgendermassen:

  • Die Vorlage muss wesentlich überarbeitet werden, weil wichtige Elemente, namentlich die Aufnahme einer Institutionenreform und die Berücksichtigung von Compliance Bemühungen bei der Sanktionsbemessung, fehlen. Diese müssen Eingang in die Revisionsarbeiten finden.
  • Bei der Aufnahme der Institutionenreform sollen die Ziele der 2012 angedachten Institutionenreform verfolgt werden. Dies betrifft insbesondere eine notwendige Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit durch Trennung von Untersuchung und Entscheid.
  • Die Berücksichtigung von Compliance Bemühungen bei der Sanktionsbemessung könnte z.B. über eine Ergänzung in Art. 49a Abs. 5 VE-KG in das Kartellgesetz aufgenommen werden und analog der Regelung in Deutschland ausgestaltet werden.
  • Die Einführung der Elemente, die im Vorentwurf vorgeschlagen werden – mit Ausnahme der wichtigen Umsetzung der Motion Français – haben aus unserer Sicht eine im Vergleich zur Aufnahme der Institutionenreform und der Berücksichtigung von Compliance Bemühungen untergeordnete Rolle.

Ein Vorschlag zur Institutionenreform und eine Vorlage zur kleinen Kartellgesetzrevision
Am 17. März 2023 hat sodann der Bundesrat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) beauftragt, bis Mitte 2023 eine Botschaft zur Teilrevision des Kartellgesetzes (KG) vorzulegen, was am 24. Mai 2023 erfolgt ist (vgl. Link zur Medienmitteilung inkl. Botschaft und Entwurf). Weiter hat der Bundesrat das WBF angewiesen, parallel dazu dem Bundesrat im ersten Quartal 2024 einen konkreten Vorschlag für eine Institutionenreform zu unterbreiten (Link Medienmitteilung und Unterlagen).

SwissHoldings begrüsst es sehr, dass die Institutionenreform als eines unserer zentralen Anliegen nun Teil der Revisionsarbeiten wirdund setzte und setzt sich dafür ein, dass möglichst ein sog. Gerichtsmodell für die Institutionenreform gewählt wird. Den Entwurf zur kleinen Kartellgesetzrevision studiert der Verband aktuell im Einzelnen und er ist daran, seine Position zu formulieren.

Am 12. Januar 2023 ist die neue EU-Verordnung über Drittstaatssubventionen (Foreign Subsidies Regulation, FSR) in Kraft getreten. Sie hat bereits Wirkung ab dem 12. Juli 2023. Von Anfang Februar bis Anfang März hat die Europäische Kommission zudem ihren Entwurf einer Durchführungsverordnung veröffentlicht und eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Die endgültige Durchführungsverordnung wird voraussichtlich bis Ende Juni 2023 verabschiedet werden.
Das Hauptziel der Verordnung ist die Vermeidung von Verzerrungen auf dem EU-Markt durch öffentliche Subventionen aus Drittländern. Sie zielt darauf ab, die bestehende Kontrolle staatlicher Beihilfen (die nur für Subventionen aus EU-Mitgliedstaaten gilt) auf Subventionen aus Nicht-EU-Ländern zu übertragen. Dabei stattet sie die Europäische Kommission als alleinigen Durchsetzer mit Untersuchungsinstrumenten aus (neue Meldepflichten und Untersuchungsbefugnisse).

Die Verordnung in ihrer jetzigen offiziellen Formulierung ist für die Unternehmen äusserst problematisch. So, wie sie jetzt formuliert ist, ist es praktisch unmöglich, sie umzusetzen. Namentlich ist darauf hinzuweisen, dass die Informationen, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen können, weit über die Informationen hinausgehen, die für jede andere behördliche Untersuchungen erforderlich sind.

Entsprechend setzte und setzt sich SwissHoldings, in Koordination mit anderen Verbänden und Organisationen auf europäischer Ebene dafür ein, dass hier möglichst rasch eine bessere und praktikablere Lösung gefunden wird.

Möglich wäre es namentlich, dass durch die Durchführungsverordnung eine zum Teil praktikablere Lösung gefunden wird. Es ist nun die Publikation derselben, welche wie oben erwähnt voraussichtlich Ende Juni 2023 stattfindet, abzuwarten.

Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht

Es werden sich künftig, wie dies auch schon in der Vergangenheit der Fall war, Regulierungsbestrebungen in Zusammenhang mit den Empfehlungen des «Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes» sowie der «Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF)» im Aktienrecht ergeben. Die Schweiz reguliert hier jeweils im nationalen Recht, um diesen Empfehlungen nachzukommen und passt ihre nationale Gesetzgebung an, wenn die erwähnten internationalen Entitäten ihre Empfehlungen (wesentlich) revidieren. In diesen Bereichen geht es allgemein für SwissHoldings darum sicherzustellen, dass die Schweiz bei solchen Entitäten nicht auf schwarze Listen gerät, weil sie die Empfehlungen derselben nicht genügend umsetzt. Gleichzeitig sind unnötige Einschränkungen der Handlungsfreiheit sowie unnötiger Bürokratieaufwand für die (kotierten) Gesellschaften zu vermeiden.

Im Moment ist namentlich auf folgende Entwicklungen hinzuweisen:

  • Postulat 19.3634 und Statusbericht Global Forum (Link Postulat): Mit dem Postulat ist der Bundesrat beauftragt worden, bis Ende 2021 einen Statusbericht zur Umsetzung der Vorlage 18.082, «Umsetzung der Empfehlungen des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke», zu unterbreiten. Gegebenenfalls hat der Bundesrat Änderungsvorschläge vorzulegen. Der Bundesrat hat nun am 3. Dezember 2021 den Statusbericht veröffentlicht (Link Statusbericht). In diesem Bericht hält er unter anderem fest, dass die internationalen Entwicklungen auf Ebene FATF, EU und OECD zeigen würden, dass eine verstärkte Tendenz zu einer weiteren Verschärfung der Transparenzpflichten der Unternehmen im Gange sei. In Anbetracht dessen würde die Schweiz zu gegebener Zeit eine Analyse ihrer nationalen Gesetzgebungsgrundlagen und deren Effektivität durchführen, um geeignete Optionen als Zielsetzung der Finanzmarktpolitik des Bunderates im Bereich der Integrität und der internationalen Positionierung umzusetzen.
  • Revision der FATF-Empfehlung 24 zur Transparenz und den wirtschaftlich berechtigten juristischer Personen: Es geht dabei vor allem um die Thematik wirtschaftlich Berechtigte und Einführung eines zentralen Registers oder eines alternativen Mechanismus für wirtschaftlich Berechtigte sowie um mögliche Verschärfungen bei den Inhaberaktien. Die Revision der Empfehlung 24 auf internationaler Ebene läuft bereits über längere Zeit. Die FATF beschloss die revidierte Empfehlung offiziell am 4. März 2022 und führte hierzu zwei öffentliche Konsultationen im Sommer und Winter 2021 durch, an denen sich SwissHoldings jeweils beteiligte (vgl. für unsere Position ausführlich Link Stellungnahme). Ferner hat sie im März 2023 ihren Leitfaden aktualisiert, die den Ländern bei der Umsetzung der überarbeiteten Empfehlung 24 helfen soll (Link Guidance). Der Aktualisierung sind viele Monate intensiver Konsultationen mit dem Privatsektor und externen Stakeholdern vorausgegangen, an welchen sich SwissHoldings stets beteiligte.
  • Nach der Verabschiedung der Empfehlung 24 auf internationaler Ebene folgen nun die Arbeiten auf nationaler Ebene zur Umsetzung der Empfehlungen. Der Bundesrat hat deshalb im Herbst 2022 das Finanzdepartement (EFD) beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Justizdepartement (EJPD) bis spätestens Ende Juni 2023 eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten, um die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen zu erleichtern (Link Medienmitteilung). Die Vorlage soll gemäss der Medienmitteilung insbesondere ein zentrales Register zur Identifikation wirtschaftlich Berechtigter und neue Pflichten zur risikobasierten Aktualisierung von Informationen über effektiv Berechtigte einführen.
    Zur Erreichung einer möglichst effizienten und administrativ einfachen Umsetzung insbes. für die börsenkotierten Gesellschaften brachte sich SwissHoldings bereits früh im Gesetzgebungsprozess ein und wird auch an der Vernehmlassung teilnehmen, die wie oben erwähnt in Kürze eröffnet werden dürfte.

Im Rahmen der Aktienrechtsrevision stand die Einführung von sog. Loyalitätsaktien zur Diskussion. Sie wurde am Ende in der Aktienrechtsrevision nicht übernommen. Stattdessen hat der Ständerat ein Postulat eingereicht, wonach der Bundesrat beauftragt wird, in einem Bericht die möglichen Vor- und Nachteile sowie die Auswirkungen von dem in der Aktienrechtsrevision diskutierten Regelungsvorschlag aufzuzeigen. Es soll gemäss dem Postulat weiter im Bericht rechtsvergleichend dargestellt werden, welche möglichen Umsetzungsvarianten im schweizerischen Aktienecht allenfalls denkbar wären und inwiefern in diesem Bereich Handlungsbedarf besteht (vgl. im Einzelnen Link Postulat).

In Erfüllung des Postulats hat der Bundesrat nun am 15. Februar 2023 seinen Bericht publiziert und empfiehlt, auf die Einführung der Möglichkeit, Loyalitätsaktien zu schaffen, zu verzichten (Link Medienmitteilung und Unterlagen). Er stützt seine bereits im Rahmen der Aktienrevision vertretenen Auffassung auf die Berichte zweier Expertinnen, die er zur Erfüllung des Postulats mit der Erstellung einer juristischen Abklärung sowie einer Regulierungsfolgenabschätzung beauftragte. Nach deren Einschätzung ist die Einführung von Loyalitätsaktien nicht bzw. nicht uneingeschränkt zu empfehlen.

Das Postulat, resp. der Bericht, ist nun am 26. Juni noch in der Kommission für Rechtsfragen des Ständerats traktandiert.
SwissHoldings wurde im Zuge einer dieser Expertenabklärungen zur möglichen Einführung von Loyalitätsaktien befragt und gab an, dass seitens Unternehmen dafür kaum ein Bedürfnis und insofern kein Handlungsbedarf besteht. Vor diesem Hintergrund befürworten wir, dass der Bundesrat seine bisherige Auffassung vertritt und empfiehlt, den Status quo beizubehalten.

Nach dem Crédit Suisse Fall wurden im April verschiedene Motionen eingereicht. Die Motion Chiesa 23.3448 „Systemrelevante Unternehmen. Entscheidungen im Interesse der Schweiz gewährleisten“ und die Motion Noser 23.3495 „Regelung über variable Vergütungen“ gehen über die Regulierung von Finanzinstituten hinaus und betreffen direkt das Aktienrecht, auch für Nichtfinanzunternehmen.
Gemäss der Motion Chiesa soll der Bundesrat beauftragt werden, geeignete Massnahmen zu treffen, damit die Verwaltungsräte von systemrelevanten Unternehmen Entscheidungen im Sinne der gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz fällen. Dabei soll folgende Vorgabe gelten: Die Mehrheit der Verwaltungsräte von als systemrelevant definierten Unternehmen müssen das Schweizer Bürgerrecht innehaben und ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
Gemäss der Motion Noser soll das Aktienrecht wie folgt geändert werden: Der variable Teil der Vergütung aller Mitarbeiter, die der Verwaltungsrat in eigener Kompetenz beschliessen kann, darf nicht grösser als 15 Prozent des ausgewiesenen Reingewinnes sein. Will der Verwaltungsrat eine höhere variable Gesamtvergütung, muss er diese an der Generalversammlung beantragen und begründen. Insbesondere soll er transparent darlegen, wie der höhere Betrag auf die verschiedenen Stufen der Mitarbeiter zugeteilt wird. Bei systemrelevanten Unternehmen muss der grosse Teil der variablen Vergütung langfristig, und zwar abgestuft, aufgeschoben werden. Dieser Aufschub soll für das untere Kader mindestens 3 Jahre betragen, und dann gestuft bis zur Geschäftsleitung erhöht werden, bei der es mindestens 10 Jahre sein müssen. Bei einer Sanierung verfallen alle aufgeschobenen variablen Vergütungen, die länger als 3 Jahre aufgeschoben sind.

Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motionen.

Die Motionen gingen bereits in der Sommersession in den Ständerat. Er überwies beide Motionen per Ordnungsantrag – zusammen mit vielen anderen Motionen, die infolge des Crédit Suisse Falles eingereicht worden sind, an die zuständige Kommission zur Vorberatung.

SwissHoldings spricht sich gegen die Motionen aus und empfiehlt sie zur Ablehnung. Es soll nun der Crédit Suisse Fall aufgearbeitet werden und nicht mit einer überhasteten und überschiessenden Regulierung gleich die Realwirtschaft mit ihren gut funktionierenden Dienstleitungs- und Industrieunternehmen mit einer zusätzlichen Regulierung belastet werden. Die zwei Vorstösse, insbesondere soweit sie (via Aktienrecht) die Realwirtschaft betreffen sind unnötig und es ist zu vermeiden, das Aktienrecht, nachdem es eben erst totalrevidiert worden ist, gleich wieder zu revidieren. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass es keine systemrelevanten Unternehmen, sondern nur systemrelevante Banken, welche zu Recht spezialgesetzlich geregelt sind, gibt (vgl. zur SwissHoldings Position ausführlich den SwissHoldings Sessionsticker unter dem folgenden Link).

Entsprechend begrüsst SwissHoldings, dass der Nationalrat die Motionen (zumindest aktuell) nicht angenommen hat, sondern sie der vorberatenden Kommission zur Vorberatung zugewiesen hat und wird sich weiterhin gegen die Motionen einsetzen.

Das Finanzmarktinfrastrukturgesetz FinfraG regelt die Bewilligung und die Pflichten von Finanzinfrastrukturen sowie die Verhaltenspflichten der Finanzmarktteilnehmer im Effekten- und Derivatehandel. Der Bundesrat hat bereits vor Inkrafttreten im Januar 2016 angekündigt, dass das Eidgenössische Finanzdepartement EFD das FinfraG einer generellen Überprüfung unterziehen und einen Bericht zu verfassen habe. 
Der Bundesrat hat Ende September 2022 aufgrund dieses Berichts das EFD beauftragt, bis Mitte 2024 eine Vernehmlassungsvorlage zur Revision des FinfraG zu erarbeiten (Link Medienmitteilung und Unterlagen). Das EFD kommt in seinem Bericht zum Schluss, dass sich das FinfraG seit Inkrafttreten mehrheitlich bewährt hat. Allerdings sei es nötig, Transparenz und Rechtssicherheit in bestimmten Regulierungsbereichen weiter zu stärken. Weiter hat der Bundesrat beschlossen, die Meldepflicht kleiner nicht-finanzieller Gegenparteien betreffend Derivatetransaktionen per 1. Januar 2028 in Kraft zu setzen.

SwissHoldings positioniert sich folgendermassen: Die vorgeschlagenen Anpassungen in der Derivatenregulierung sind grundsätzlich eine Verbesserung und deshalb zu begrüssen. Allerdings lehnen wir klar ab, dass Ad hoc-Meldungen von Beteiligungen von der Selbstregulierung in die staatliche Regulierung unter Aufsicht der FINMA überführt werden sollen. Die Selbstregulierung hat sich bewährt, sollte nicht ohne Not aufgegeben und stattdessen als Standortvorteil beibehalten werden. In diesem Sinne bringt sich SwissHoldings früh in den Gesetzgebungsprozess ein und setzt sich für die Interessen der Mitglieder ein.

Im Rahmen der Beratung über die Aktienrechtsrevision (und auch bereits im Rahmen der Revision zur SIX-Richtlinie betreffend Informationen zur Corporate Governance) diskutierten die Parlamentarier immer wieder eine Bestimmung, welche im Bereich Stimmrechtsberater regulieren wollte. Die zur Diskussion stehende Regulierung wollte Proxy Advisor über Transparenzpflichten für die Emittenten regulieren. SwissHoldings hat sich gegen die damals zur Diskussion stehende Regelung ausgesprochen, weil sie bedeutet hätte, dass man (durchaus existierende Probleme im Zusammenhang mit den Proxy Advisor) über eine punktuelle Regelung «auf dem Buckel der Emittenten/Gesellschaften» regulieren wollte. Die Bestimmung wurde am Ende nicht in die Aktienrechtsrevision aufgenommen, was wir sehr begrüssen.
Als Reaktion darauf wurde eine Motion 19.4122 (vgl. Link) angenommen mit folgendem Wortlaut: «Der Bundesrat wird beauftragt, eine Gesetzesänderung (bspw. des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes) vorzulegen, um die Interessenkonflikte der Stimmrechtsberater (Proxy Advisors) bei börsenkotierten Aktiengesellschaften offenzulegen und zu vermeiden. Er berücksichtigt dabei die internationale Entwicklung». Sie enthält keinen, oder zumindest keinen expliziten Verweis darauf, dass über Pflichten der Emittenten reguliert werden soll. Diesen fehlenden Verweis begrüssen wir.
Die entsprechende Gesetzesrevision wird wohl nächstens kommen. SwissHoldings beobachtet die internationalen Entwicklungen und wird die Revisionsarbeiten in der Schweiz eng begleiten.

Fachbereich Steuern

Aktueller Stand
Das Projekt zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft basiert auf zwei Säulen und soll die Akzeptanz der internationalen Unternehmensbesteuerung verbessern. Säule 1 sieht vor, dass die allergrössten internationalen Konzerne (100-200 Konzerne) einen höheren Anteil ihrer Gewinne in den Absatzstaaten versteuern. Im Fokus stehen insbesondere Digitalkonzerne wie Google, Facebook oder Apple, die in ihren Absatzstaaten teilweise kaum Gewinnsteuern entrichten. Daneben ist allerdings auch eine grosse Zahl klassischer Industrieunternehmen betroffen, die in den Absatzstaaten bereits heute hohe Steuerzahlungen leisten und Konzernsteuerquoten von durchaus 25 bis 30 Prozent aufweisen.

Die Projektsäule 2 (OECD-Mindeststeuer) verlangt, dass grosse Unternehmen (min. 750 Mio. Euro Umsatz) in allen ihren Tätigkeitsstaaten mindestens 15 Prozent Steuern auf ihrem Gewinn entrichten (länderweises blending). Für die Gewinnermittlung wird nicht auf die stark divergierenden Steuervorschriften der einzelnen Staaten, sondern auf die für veröffentlichte Konzernabschlüsse massgebenden internationalen Rechnungslegungsstandards (z.B. IFRS, US GAAP etc.) abgestellt, da bei diesen die Unterschiede bei der Gewinnermittlung aufgrund des sog. «True and Fair View-Grundsatzes» viel geringer sind. Darüber hinaus sieht das neue internationale Regelwerk (sog. GloBE-Regeln) verschiedene Korrekturen beispielsweise für Beteiligungen oder latente Steuern vor. Setzt ein Staat die neuen Mindestbesteuerungsregeln nicht um, kann je nachdem der Staat der Muttergesellschaft oder der Tochtergesellschaften, die vom Unternehmen für einen bestimmten Staat ausgewiesene Differenz zwischen dem effektiven Steuersatz und dem Mindeststeuersatz besteuern. 

Die Arbeiten am Projekt zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft werden vom OECD-Sekretariat im Auftrag der G7 und G20 ausgeführt. Die Verwaltungsvertreter der involvierten Staaten wirken bei der Erarbeitung der neuen Regeln selbstverständlich mit. Formell beschlossen werden die neuen Steuerregeln vom rund 140 Staaten umfassenden “OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS” (IF).

Am 7./8. Oktober 2021 verabschiedeten 136 von 140 Staaten des IF ein Statement mit politischen Parametern zu den beiden Säulen (IF Statement). Diese wurden von den G20-Finanzministern am 14. Oktober 2021 offiziell gebilligt. Über die genauen Parameter haben wir in den vergangenen Updates berichtet (Link vergangene Updates).  

Säule 2 (OECD-Mindeststeuer)

Im Dezember 2021 wurden die Säule 2-Modellregeln publiziert (Link Model Rules). Mitte März 2022 wurde der Kommentar zu den GloBE-Modellregeln veröffentlicht (Link Commentary GloBE Rules). Da aktuell noch immer eine Vielzahl offener Anwendungsfragen besteht, werden vom sog. Implementation Framework im Rahmen der sog. Administrative Guidance laufend technische Detailvorgaben erlassen. Diese Detailvorgaben beinhalten allerdings auch Neuanpassungen des Kommentars, die teilweise sogar im Widerspruch zu den im Dezember 2021 publizierten Modellregeln stehen. Für die betroffenen Unternehmen ist eine solche Umsetzung ausgesprochen anspruchsvoll.

Im Dezember 2022 und im Februar 2023 wurde ein erster Teil der Administrative Guidance publiziert (Link Administrative Guidance). Besonders wichtig waren insbesondere die Vorgaben zu den Transitional Safe Harbours, die den gewaltigen administrativen Aufwand der betroffenen Unternehmen in den Anfangsjahren (2024 – 2026) etwas reduzieren dürften. Viele wichtige Vorgaben stehen allerdings immer noch aus.  Im Juli 2023 (d.h. nach der Sitzung des IF vom 10.-12. Juli) sollen der Administrative Guidance weitere Detailregelungen hinzugefügt werden (z.B. betreffend GloBE Information Return, Transitional UTPR Safe Harbour, QDMTT Safe Harbour). Optimisten hoffen, dass die Umsetzungsregeln bis Ende 2023 vollständig vorliegen. Da gerade bei den politisch heiklen Fragen (z.B. US-GILTI-Äquivalenz) weiterhin erhebliche Meinungsverschiedenheiten der verschiedenen Staaten bestehen, sollte allerdings mit weiteren Verzögerungen gerechnet werden.

Säule 1 (Besteuerung in den Marktstaaten)

2022 und 2023 wurde auch intensiv an der Säule 1 gearbeitet und eine öffentliche Vernehmlassung zu den noch nicht vollständigen Umsetzungsplänen durchgeführt (Progress Report on Amount A). Anlässlich des IF-Meetings (10.-12. Juli 2023) sollen die Mitgliedstaaten ein fertiges Säule 1-Umsetzungspaket genehmigen. Dieses beinhaltet insbesondere eine multilaterale Konvention, welche die Staaten zuerst unterzeichnen und anschliessend ratifizieren sollen. Damit die Säule 1 überhaupt global umgesetzt wird, muss eine kritische Masse an Staaten die multilaterale Konvention ratifizieren. Entscheidend wird dabei sein, ob die USA die Konvention ratifizieren. Die Hälfte der von der Säule 1 betroffenen Unternehmen haben ihren Hauptsitz in den USA. Ohne US-Ratifikation kann die vorgesehene Umverteilung von den Sitz- zu den Marktstaaten nicht umgesetzt werden. Für eine Ratifikation braucht es im US-Senat eine 2/3-Mehrheit. Sowohl bei den Republikanern wie auch den Demokraten besteht allerdings grosser Widerstand. Experten sind deshalb der Ansicht, dass die Säule 1 in den USA politisch niemals eine Mehrheit finden wird. Wird die Säule 1 nicht umgesetzt, dürfte dies den Bemühungen der UNO-Auftrieb geben. 

Mindeststeuerentwicklungen in den USA

Nach der Veröffentlichung der ergänzenden Leitlinien zu den OECD-Musterregeln im Februar 2023 und dem Wechsel zu einer republikanischen Mehrheit im US-Repräsentantenhaus infolge der Zwischenwahlen im Herbst 2022 hat sich die negative Rhetorik gegen die Säule 2 in den USA verstärkt. Insbesondere die Bedenken hinsichtlich der Undertaxed Payments Rule (UTPR) sind zu einem Hauptkritikpunkt geworden. Mitglieder des republikanischen Repräsentantenhauses und des Senats haben mehrere Briefe und Meinungsbeiträge veröffentlicht, in denen sie eine umfassende Überarbeitung des UTPR-Mechanismus fordern und mit Vergeltungsmassnahmen drohen, falls diese Änderungen nicht vorgenommen werden. Im Mai haben alle Republikaner im Steuerausschuss des Repräsentantenhauses einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der zusätzliche Steuern für Personen und Unternehmen vorsieht, die in Ländern ansässig sind, welche die UTPR anwenden. Die Republikaner im Repräsentantenhaus haben ausserdem vorgeschlagen, die Finanzierung der OECD aufgrund ihrer Beteiligung an der Ausarbeitung der problematischen Regeln der Säule 2 im Rahmen ihres Gesetzes über die Staatsausgaben für das Haushaltsjahr 2023-2024 vollständig zu streichen. Es ist unwahrscheinlich, dass dieses Vergeltungsgesetz oder die vollständige Streichung der OECD-Finanzierung in diesem Kongress verabschiedet wird, aber es lässt erahnen, was passieren könnte, wenn die Republikaner bei den US-Wahlen 2024 eine Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses und die Präsidentschaft erringen. Derzeit gibt es deutliche Spannungen mit der demokratischen Regierung, die in den OECD-Gesprächen verhandelt.

Zusätzlich zu diesen Spannungen über die UTPR hat der gemeinsame Steuerausschuss des Kongresses die Auswirkungen der zweiten Säule unter verschiedenen Szenarien berechnet und gezeigt, dass, wenn alle verbleibenden Länder des Inclusive Framework die Regeln der Säule 2 im Jahr 2024 in Kraft setzen würden, während die USA sie im Jahr 2025 in Kraft setzen würden (der wahrscheinlichste Zeitrahmen für ein Handeln der USA), die USA über einen Zeitraum von 10 Jahren Einnahmeverluste in Höhe von fast 60 Milliarden Dollar erleiden würden. Der Gemeinsame Ausschuss hat auch deutlich gemacht, dass diese Einnahmeverluste mehr als doppelt so hoch sein könnten, wenn die USA nicht alle Elemente der Säule 2 in Kraft setzen oder wenn die USA versuchen würde, bestehende Elemente ihres Steuerrechts, wie die alternative Mindeststeuer für Unternehmen (CAMT) oder die Steuer zur Bekämpfung der Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage (BEAT), durch die sich überschneidenden Massnahmen der Säule 2 zu ersetzen. Republikaner und möglicherweise sogar einige Demokraten im Kongress haben diese offizielle Einnahmeschätzung des gemeinsamen Ausschusses als ein weiteres Zeichen dafür gewertet, dass das US-Finanzministerium bei der OECD schlecht über die Säule 2 verhandelt hat und als Ergebnis dieser Massnahmen einen beträchtlichen Teil der US-Steuerbasis verschenkt hat. Diese Einnahmeverluste könnten den Kongress darin bestärken, weitere Änderungen oder Verzögerungen bei den Regeln der Säule 2 anzustreben.  

Mindeststeuerentwicklungen in der EU und anderen Staaten

Im Dezember 2022 wurde auf EU-Ebene die Richtlinie zur Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung beschlossen. Damit haben sich die 27 EU-Mitgliedstaaten verpflichtet die OECD-Mindestbesteuerung auf Anfang 2024 in Kraft zu setzen. Aktuell laufen in verschiedenen EU-Staaten Vernehmlassungen zu den nationalen Umsetzungsvorlagen. Ähnlich verhält es sich in einer Vielzahl anderer Industriestaaten (z.B. UK, Kana-da, Japan, Korea). Trotz der immer noch laufenden technischen Arbeiten auf OECD-Ebene und der Widerstände in den USA sollte deshalb davon ausgegangen werden, dass die OECD-Mindestbesteuerung von den allermeisten Industriestaaten auf Anfang 2024 umgesetzt wird. Neben Industriestaaten dürften auch viele andere Staaten (z.B. Bahamas, Guernsey, Singapur, Dubai) die Mindeststeuerregeln 2024 oder 2025 ganz oder teilweise einführen.

Umsetzung in der Schweiz

Anfang 2022 entschied der Bundesrat, wie er die Regeln der OECD-Digitalbesteuerung umsetzen will. Vorgeschlagen wurde eine Anpassung der Bundesverfassung, welche sowohl eine Kompetenznorm für die Säule 1 wie auch die Säule 2 des OECD-Projekts enthalten soll. Damit die OECD-Mindestbesteuerung (Säule 2) im Interesse des Fiskus und der Unternehmen möglichst rasch implementiert werden kann, sollen in der Verfassung Übergangsbestimmungen erlassen werden. Basierend auf diesen wird der Bundesrat eine direkt anwendbare Übergangsverordnung beschliessen, welche ab dem 1. Januar 2024 in der ganzen Schweiz Anwendung findet. Die Verordnung soll später im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens durch ein Bundesgesetz ersetzt werden. 

Im Dezember 2022 stimmten die eidgenössischen Räte der vom Bundes-rat vorgeschlagenen Umsetzung zu. Am 18. Juni 2023 fand die obligatorische Volksabstimmung statt. Dabei stimmten mehr als ¾ der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der von Bundesrat und Parlament beschlossenen Umsetzung zu. Der Beschluss sieht vor, dass 75 Prozent der Mehreinnahmen aus der Schweizer wie auch der Internationalen Ergänzungssteuer den Kantonen zufliessen soll, aus welchen die zusätzlichen Steuern herrühren. 25 Prozent der Einnahmen sollen gemäss Übergangsbestimmungen an den Bund gehen. Wie die Kantone allfällige Mehreinnahmen aus der Ergänzungssteuer verwenden, werden diese abhängig von der Höhe der erwarteten Einnahmen und den kantonalen Zielen zu einem späteren Zeitpunkt festlegen. Mehr Klarheit über die tatsächlichen Einnahmen dürfte wohl erst im Verlauf des Jahres 2025 bestehen.

Parallel zur Verfassungsanpassung treibt der Bundesrat die Arbeiten zum Erlass der bundesrätlichen Verordnung zur Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung voran. Da wichtige Verfahrens- und Ausführungsre-gelungen erst noch vom Implementation Framework bestimmt werden müssen, wird die Vernehmlassung zur Verordnung in Etappen durchgeführt. 

Im August 2022 hat der Bundesrat den ersten Verordnungsentwurf präsentiert. Dieser beschränkt sich auf zwei Bereiche. Um Differenzen der Schweizer Umsetzung der GloBE-Regeln auszuschliessen, enthält die Verordnung einen direkten Verweis auf die Säule 2-Modellregeln der OECD (inkl. Kommentar und Administrative Guidance). Weiter wird im Verordnungsentwurf die verursachergerechte Verteilung der Ergänzungssteuereinnahmen zwischen den Kantonen geregelt. Die Steuer-einnahmen aus der Schweizer Ergänzungssteuer sollen jenen Kantonen zugewiesen werden, deren Unternehmen/Geschäftseinheiten die Ergänzungssteuer bezahlt haben. 

Am 24. Mai 2023 hat der Bundesrat den zweiten Teil des Verordnungsentwurfs präsentiert (VO-Entwurf 2). Der Vernehmlassungsentwurf regelt Verfahrensfragen (One-Stop-Shop durch Leadkanton, normales gemischtes Veranlagungsverfahren inkl. Steuererklärung, rein digitales Veranlagungsverfahren, Rechtsmittel, Strafbestimmungen und -verfahren). Die Vernehmlassung dauert bis am 14. September. SwissHoldings wird sich selbstverständlich am Vernehmlassungsverfahren beteiligen. Die finale und komplette Bundesratsverordnung dürfte gegen Ende des Jahres 2023 erlassen und auf den 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt werden

Ausblick

Angesichts der von einer gewaltigen Zahl von Staaten mitgetragenen IF-Statement vom Oktober 2021, der Publikation der GloBE-Modellregeln, des Kommentars und der im Verlauf des Jahres 2023 noch zu erwarteten Detailregelungen der Administrative Guidance sowie der bei vielen Staaten im Beschlussstadium befindlichen Umsetzungsgesetzen ist klar, dass die OECD-Mindeststeuer ab dem Jahr 2024 von einer Vielzahl von Staa-ten eingeführt werden wird. Genau umgekehrt sieht es aktuell bei der Säule 1 aus. Während die technischen Arbeiten bald abgeschlossen sein werden und das IF im Juli ’23 die multilaterale Konvention vorlegen und beschliessen dürfte, erscheint eine Ratifikation durch die USA auf absehbare Zeit politisch unwahrscheinlich. Zwar dürften die EU, wie auch die Schweiz oder sogar die USA die multilaterale Konvention unterzeichnen. Ohne Ratifikation durch die USA kann die Konvention allerdings nicht in Kraft treten und die Umverteilung einsetzen. 

Einschätzung der Folgen für die Schweiz und weiteres Vorgehen

Auswirkungen der Säule 1: Die Vorgaben sehen eine Verschiebung der Gewinne grosser, profitabler Konzerne zu den Absatzstaaten vor. Abgeben sollen die Erträge jene Gruppengesellschaften, die besonders hohe Residualgewinne erzielen. Die Schweiz ist ein Wirtschaftsstandort an dem Schweizer und ausländische Unternehmen – meist in Zusammenhang mit Forschungs-, Entwicklungs- und zentralen Managementaktivitäten – Tätigkeiten mit besonders hoher Wertschöpfung ausüben und hohe Residualgewinne erzielen. Damit wird die Schweiz deutlich mehr als andere Industriestaaten Steuersubstrat von in- und ausländischen Unternehmen abgeben müssen. Gleichzeitig ist die Schweiz global betrachtet ein unbedeutender Absatzmarkt. Die Schweiz wird deshalb die vorbeschriebenen Minderein-nahmen nicht mit neuem Steuersubstrat, welches sie als Marktstaat er-hält, kompensieren können. Insgesamt würde die Schweiz deshalb zu den Verlierern der Säule 1 gehören. 

Auswirkungen der Säule 2: Ähnlich sieht es bei der Säule 2 (Mindestbesteuerung) aus. Tiefe Gewinnsteuern sind ein wichtiger Grund, weshalb internationale Unternehmen Tätigkeiten mit hoher Wertschöpfung und hohen Gewinnen in der Schweiz ausüben. Die tiefen Steuern kompensieren dabei teilweise die im internationalen Vergleich sehr hohen Schweizer Löhne. Muss die Schweiz nun ihre Gewinnsteuern auf 15% anheben und gelingt es anderen Staaten mit OECD-konformen, steuerlichen Massnahmen (z.B. Patentbox) den OECD-Mindeststeuersatz von 15% ebenfalls zu erreichen, verliert die Schweiz den wichtigen Standortvorteil Steuern. Weisen andere Staaten ausserdem tiefere Lohn- und andere Kosten als die Schweiz auf und gewähren sie zusätzlich ausser-fiskalische Förderinstrumente, dürfte der Wirtschaftsstandort Schweiz künftig einen deutlichen schweren Stand im internationalen Standortwettbewerb haben. Gefährdet sind dabei steuerlich besonders lukrative und wertschöpfungsintensive Tätigkeiten (Forschung, Management und weitere sog. Prinzipalfunktionen). Diese Tätigkeiten sind nicht nur für die Gewinnsteuern von Unternehmen besonders lukrativ, sondern auch für die Einkommenssteuern natürlicher Personen (Besteuerung der Mitarbeiter) und die Einnahmen der Sozialversicherungen (AHV etc.).

Die Auswirkungen der OECD-Digitalbesteuerung auf die Schweiz sind deshalb grösser als gemeinhin angenommen. Stellt sich die Schweiz nicht auf den geänderten Standortwettbewerb ein, riskiert sie innert weniger Jahre erhebliche Mindereinnahmen verzeichnen zu müssen. Dabei kommen für die stark international tätige Schweizer Wirtschaft allerdings nur international zulässige Massnahmen in Frage.

Ein Beispiel dafür ist die OECD-konforme Massnahme zum Erhalt der F&E&I-Attraktivität: Ein für die Schweiz wichtiger Bereich ist die Innovation. Die Patentbox, die allgemein tiefen Steuersätze und der kantonal fakultative F&E-Abzug sind steuerliche Massnahmen, die massgebend dazu beitragen, dass internationale Unternehmen bedeutende Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in der Schweiz ausüben. Steuerliche Forschungsförderung in der heutigen Form wird wegen der OECD-Mindestbesteuerung künftig nur noch stark eingeschränkt möglich sein. Selbst im Kanton Zürich könnte eine Patentbox vielfach zu einer zu tiefen effektiven Besteuerung führen. Deshalb sollte die steuerliche Forschungsförderung angepasst werden, damit sie den neuen internationalen Vorgaben entspricht. Zulässig nach den OECD-Vorgaben ist eine F&E-Förderung, die eine Reduktion des Steuerbetrags vorsieht und unabhängig von der Höhe der Gewinnsteuern erfolgt (Art. 4.1.3 resp. Definition „Qualified Refundable Tax Credit in Art. 10.1 der Modellregeln). Damit die Schweiz bei der steuerlichen Forschungsförderung international nicht an Terrain einbüsst, sollten die Kantone ebenfalls eine OECD-konforme Forschungsförderung anbieten. Die Kantone können hier viel von anderen Staaten lernen, wo solche Forschungsförderung üblich ist (Frankreich, Österreich, UK u.v.m.). Gleichzeitig sollten die Kantone ihre Mittel fokussiert und haushälterisch einsetzen. Ziel der Forschungsförderung ist es attraktive Unternehmensaktivitäten, die mit hohen Gewinnen und Steuereinnahmen verbunden sind, anzuziehen. Dabei sollten die Kantone nicht von den Unternehmen verlangen, sämtliche F&E&I-Aktivitäten in der lohnmässig teuren Schweiz auszuüben. Viel wichtiger ist es, dass hier die zentralen Leitungsaktivitäten ausgeübt werden und die Immaterialgüter sich in der Schweiz befinden. Neben F&E&I werden die Kantone prüfen müssen, ob sie weitere Tätigkeiten mit hoher Wertschöpfung gezielt fördern wollen. Solange sie hierfür international zulässige Instrumente fin-den, die zielgerichtet sind, die Kantone haushälterisch mit ihren Mitteln umgehen und zusätzliche Einnahmen resultieren, sollten solche Instrumente ernsthaft geprüft werden.

Die OECD-Mindestbesteuerung wird zu einem Paradigmenwechsel im Standortwettbewerb der Staaten, um die profitabelsten Unternehmensfunktionen führen. Der Faktor Gewinnsteuern wird an Bedeutung einbüssen und der Steuerwettbewerb abnehmen. Zahlreiche Kantone werden damit einen ihrer wichtigsten Standortvorteile teilweise oder grösstenteils einbüssen. Finanziell die grössten Verlierer – ohne Gegenmassnahmen – dürften dabei die Kantone Zug und Basel-Stadt sein. Gefährdet sind aber auch eher ländliche Kantone, da bei diesen der Wegfall des Standortfaktors Steuern besonders einschneidend sein dürfte. An Attraktivität gewinnen dürfte der Kanton Zürich, insbesondere dank der vom Bund finanzierten ETH. Der Zuwanderungsdruck in attraktive Ballungszentren wie Zürich oder Lausanne dürfte ohne Gegenmassnahmen ländlicher Kantone zunehmen. Die allermeisten Kantone werden deshalb auf die Ergänzungssteuereinnahmen angewiesen sein, damit sie ihre Attraktivität für ihre besten Steuerzahler und Arbeitgeber anderweitig wiederherstellen können. Gelingt dies den Kantonen, sprudeln die Gewinnsteuereinnahmen auch in Zukunft. Finanziell grösster Profiteur erfolgreicher Kantone wird auch künftig der Bund sein. 

Generell sind bei der Schweizer Umsetzung folgende Aspekte zentral: 

• Internationale Akzeptanz 

• Einfache gesetzgeberische und administrative Umsetzung 

• Sicherung der Standortattraktivität der Kantone

• Einhaltung internationaler Zeitvorgaben 

• Hohe Flexibilität 

• Anerkennung der Mindestbesteuerung insbesondere aus US-amerikanischer Steuersicht

Fachbereich Wirtschaft

Handels- und Investitionspolitik

Aktueller Stand
Die Europäische Union (EU) ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Schweiz. Gleichzeitig ist auch die Schweiz einer der grössten Export- und Importmärkte der EU.  Entsprechend wichtig ist das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU für die Schweizer Wirtschaft. Die Schweiz verfolgt dabei einen bilateralen Weg. Ausgehend vom 1972 abgeschlossenen Freihandelsabkommen hat die Schweiz mit dem Staatenverbund ein dichtes und sich ständig weiterentwickelndes Netzwerk von Abkommen geknüpft. Besonders bedeutsam sind die Vertragspakete Bilateralen I und II, welche den Vertragsparteien sektoriell einen diskriminierungsfreien Zugang zum jeweilig anderen Markt gewähren und die enge Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen zwischen der Schweiz und der EU begründen. Dieser bilaterale Weg hat unserem Land zahlreiche Vorteile gebracht.

Die Weiterentwicklung des Abkommensnetzes hat die EU allerdings an eine Klärung des institutionellen Rahmens geknüpft. Basierend auf dieser Forderung wurde zwischen 2014 und 2018 ein Vertragsentwurf erarbeitet. Der Bundesrat hat an der Sitzung vom 26. Mai 2021 entschieden, das institutionelle Rahmenabkommen nicht zu unterschreiben und die Verhandlungen mit der EU zu beenden, da in den Augen des Gremiums verschiedene substanzielle Differenzen nicht bereinigt werden konnten.

Dennoch möchte der Bundesrat die bilaterale Zusammenarbeit weiterführen. Zwei Jahre nach dem Scheitern des Rahmenvertrages hat der Bundesrat im Frühjahr beschlossen, einen neuen Anlauf zur Klärung des Verhältnisses mit der EU zu nehmen. Als Grund hierfür wurde angegeben, dass das Gremium in den seit Ende Februar letzten Jahres laufenden Sondierungsgesprächen mit der EU eine positive Dynamik auf technischer, diplomatischer und politischer Ebene festgestellt hat. Die Verwaltung wurde deshalb vom Gremium beauftragt, bis Ende Juni die Eckwerte eines Verhandlungsmandats auszuarbeiten und mit der Europäischen Union zu sondieren. Als Grundlage der Gespräche dient weiterhin der vom Bundesrat vorgeschlagene Paketansatz: Statt eines einzelnen Abkommens mit horizontalem Charakter, welches institutionelle Fragen (wie z. B. Rechtsübernahme, Überwachung, Streitbeilegung) regelt, soll ein ganzes Paket mit neuen konkreten Abkommen (u. a. Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit) erarbeitet werden. Die bestehenden und neuen Binnenmarktabkommen sollen jeweils auch Lösungen für die institutionellen Fragen in ihrem Bereich beinhalten. Das Ziel ist, mit diesem Ansatz einen breiten Interessenausgleich zu ermöglichen und die Erfolgsaussichten bei einer allfälligen späteren Verhandlung zu erhöhen.

Am 21. Juni hat der Bundesrat nun die Eckwerte für ein Verhandlungsmandat der Schweiz mit der EU verabschiedet. Sie bilden die Grundlage für die weiteren Gespräche mit der EU, vor allem zur Regelung der noch offenen Punkte. Wenn die Gespräche mit der EU und die internen Arbeiten weiterhin gut vorankommen, wird sich der Bundesrat bis Ende Jahr auf die Verabschiedung eines Verhandlungsmandates vorbereiten.

Ausblick
Geordnete und sichere Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz sind für beide Seiten von essenzieller Bedeutung. Die Mitgliedsländer der EU bleiben auf absehbare Zeit äusserst wichtige Handelspartner der stark exportorientierten Schweizer Wirtschaft. Es muss deshalb vordringliches Ziel bleiben, dass der bilaterale Weg erfolgreich fortgesetzt werden kann.

SwissHoldings begrüsst, dass der Bundesrat bestrebt ist, eine möglichst friktionslose Anwendung der bilateralen Verträge auch weiterhin zu gewährleisten. Aus Sicht des Verbandes gilt es zudem zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, welche die Schweiz unilateral zur Stärkung der Rahmenbedingungen umsetzen kann.

Aktueller Stand
Die Schweizer Wirtschaft ist stark global ausgerichtet und somit abhängig von grenzüberschreitendem Handel und internationalen Investitionstätigkeiten. So war und ist die stete Verbesserung des Zugangs zu ausländischen Märkten ein Fokus der Schweizer Aussenpolitik. Dies geschieht unter anderem durch Freihandelsabkommen mit Drittstaaten. Die Schweiz verfügt neben der EFTA-Konvention und dem Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union (EU) über ein Netzwerk von 33 Freihandelsabkommen mit 43 Partnern weltweit. Die Schweiz verhandelt im Verbund mit den anderen EFTA-Staaten aktuell Freihandelsabkommen mit sieben neuen Partnerstaaten, namentlich mit Indien, Kosovo, Malaysia, Mercosur, Moldau, Thailand und Vietnam sowie die Modernisierung verschiedener bestehender Abkommen.

Ausblick
Insbesondere vor dem Hintergrund von Handelskonflikten, der Blockade der Welthandelsorganisation (WTO) und wachsendem Protektionismus ist der Ausbau des Netzes aus Freihandelsabkommen wichtig für die exportorientierte Schweizer Wirtschaft und die Mitgliedsfirmen von SwissHoldings.
Es werden zunehmend Bedenken hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung in Verbindung mit globalem Handel geäussert. Selbstverständlich anerkennt und unterstützt SwissHoldings den Anspruch, dass Nachhaltigkeitsaspekte in Überlegungen zu Freihandelsabkommen gebührend berücksichtigt werden. Das Kapitel zu «Nachhaltigkeit und Handel» in den Abkommen bildet ein solides Fundament zur Förderung nachhaltiger Entwicklung. Zudem darf nicht vernachlässigt werden, dass intensivierte Handelsbeziehungen selbst ein wichtiger Faktor sind, um nachhaltige Entwicklung zu fördern. SwissHoldings wird sich weiterhin für den wichtigen Ausbau des Schweizer Netzes an Freihandelsabkommen einsetzen.

Aktueller Stand
Auch in der Schweiz wird derzeit über die Einführung von Investitionskontrollen diskutiert. Am 18. Mai 2022 veröffentlichte der Bundesrat den Vorentwurf für ein neues Investitionsprüfgesetz und hat dieses in die Vernehmlassung gegeben. Zuvor hatte das Parlament mit der Annahme der Motion 18.3021 Rieder entsprechende gesetzliche Grundlagen gefordert. Vorgeschlagen wird die Einführung einer Melde- und Genehmigungspflicht für gewisse Übernahmen inländischer Unternehmen.

Der Bundesrat hat im Rahmen der Vernehmlassung eine Regulierungsfolgeabschätzung zum Vorentwurf präsentiert. Die RFA kommt zum Schluss, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines solchen neuen Gesetzes ungünstig sei: Das Gremium spricht sich aus diesem Grund nach wie vor gegen die Einführung einer Investitionsprüfung aus. Es erachtet den bestehenden Rechtsrahmen als ausreichend.

SwissHoldings nahm an der Vernehmlassung teil (Link Stellungnahme) und führte im Wesentlichen aus:

  • Ausländische Direktinvestitionen sind für die Schweiz zentral. Der Wohlstand der Bevölkerung und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hängen in der kleinen und offenen Schweizer Volkswirtschaft direkt von der Einbindung in die globalen Wertschöpfungsketten ab.
  • Da die Schweizer Unternehmen selbst zu den grössten Direktinvestoren im Ausland gehören, hat die Schweiz ein besonderes Interesse an einem möglichst nicht-diskriminierenden und transparenten Zugang zu den internationalen Investitionsmärkten. Dies erreicht die Schweiz am ehesten, wenn sie sich selbst offen für ausländische Investitionen zeigt.
  • Der Bundesrat hat im Rahmen der Vernehmlassung eine Regulierungsfolgeabschätzung (RFA) zum Vorentwurf präsentiert. Die RFA kommt zum Schluss, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines solchen neuen Gesetzes ungünstig sei: Das Gremium spricht sich aus diesem Grund nach wie vor gegen die Einführung einer Investitionsprüfung aus. Es erachtet den bestehenden Rechtsrahmen als ausreichend. SwissHoldings unterstützt diese
  • Die Frage, ob die Schweiz eine Investitionsprüfung einführen soll, kann jedoch nicht losgelöst von den internationalen Entwicklungen beurteilt werden. Wenn von Seiten OECD-Mitgliedstaaten flächendeckend Beschränkungen in Bezug auf gewisse ausländische Investitionen eingeführt werden, ist dies bei der Beurteilung des Schweizer Regulierungsansatzes zu berücksichtigen – dies nicht zuletzt auch um zu verhindern, dass eine Sogwirkung auf die Schweizer Wirtschaft ausgelöst wird.
  • In diesem Spannungsverhältnis stellt der vorliegende Entwurf einen Kompromiss dar. Um die Rechtsrisiken für die Wirtschaft möglichst klein zu halten, ist ein solch staatlicher Interventionsmechanismus im Rahmen einer zielgerichteten, administrativ schlanken und transparenten Ausgestaltung zu prüfen. Wichtig ist zudem, dass die Regelung mit den bereits bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar ist.

Ausblick
Der Bundesrat ist derzeit dabei, einen Gesetzesentwurf für die Einführung von Investitionskontrollen vorzubereiten und wird dieses im laufenden Jahr in die parlamentarischen Beratungen geben. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes ist nicht vor 2024 zu rechnen.

Aktueller Stand
Die Schweiz verfügt über ein Netz von insgesamt 111 bilateralen Investitionsschutzabkommen (ISA). Damit verfügt die Schweiz gemäss UNCTAD nach Deutschland und China weltweit über das drittgrösste Netz solcher Abkommen. Mit dem Abschluss von ISA verbessert die Schweiz die Rahmenbedingungen und damit die Attraktivität als Standort für internationale Investitionen. Aufgrund einer Praxisänderung des Bundesrats unterstehen neu neben den Freihandelsabkommen auch die ISA dem fakultativen Staatsvertragsreferendum. Das erste ISA, zu welchem eine Vernehmlassung durchgeführt wird, ist das neue ISA mit Indonesien. Das Abkommen schliesst die Vertragslücke, welche seit dem Ausserkrafttreten des früheren Abkommens im Jahr 2016 bestand.

Ausblick
SwissHoldings wird weiterhin die regulatorischen Entwicklungen rund um die Investitionsabkommen eng begleiten und hierbei auf die grosse Bedeutung der ISA und der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit für Schweizer Unternehmen und den Wirtschaftsstandort Schweiz hinweisen.

Corporate Social Responsbility

Aktueller Stand
Die Volksinitiative wurde am 29. November 2020 an der Urne abgelehnt. Dies ebnete den Weg für das Inkrafttreten des indirekten Gegenvorschlags. Der Bundesrat hat am 3. Dezember 2021 die Verordnung zum indirekten Gegenvorschlag präsentiert. Die neuen Pflichten orientierten sich an den Regelungen der EU und gehen teilweise darüber hinaus. Das Gesetz tritt bereits auf den 1. Januar 2022 in Kraft. Dies bedeutet, dass Schweizer Unternehmen erstmals für das Geschäftsjahr 2023 nach den neuen Regeln Bericht erstatten müssen.

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 23. November 2022 die Vollzugsverordnung zur Klimaberichterstattung («TCFD») für grosse Schweizer Unternehmen verabschiedet und auf den 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt hat. Weiterführende Informationen und den Vorabdruck der Verordnung finden Sie hier.

Zudem hat der Bundesrat evaluiert, inwiefern sich für die Schweiz ein Anpassungsbedarf infolge der dynamischen Entwicklungen im EU-Recht im Bereich der nachhaltigen Unternehmensführung ergibt. Das Gremium hat in Folge entschieden, bis spätestens im Juli 2024 eine Vernehmlassungsvorlage zur Prüfung der Anwendbarkeit der neuen EU-Regeln für das ESG-Reporting zu erarbeiten. Im Bereich der Sorgfaltspflichten soll jedoch noch zugewartet werden. SwissHoldings begrüsst diesen Entscheid. Es ist zwar richtig, dass die EU ein neues Gesetz zur Überwachung der Risiken in den Wertschöpfungsketten plant. Jedoch zeigen sich die Konturen dieser Regulierung erst in Ansätzen (siehe dazu auch Medienmitteilung SwissHoldings: Bundesrat hält im Bereich der Konzernverantwortung zu Recht an einem international abgestimmten Vorgehen fest – SwissHoldings).

Zudem wird gegenwärtig in der Rechtskommission beider Räte die Parlamentarische Initiative (Pa.Iv) Gredig (21.427)» – «Bekämpfung von Zwangsarbeit durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Gegenvorschlags UVI» behandelt. Das Ziel der Parlamentarischen Initiative ist, dass der Geltungsbereich des Gegenvorschlages bei den besonderen Sorgfaltspflichten und Transparenz zu Konfliktmineralien und Kinderarbeit (Art. 964j ff. OR) um das Verbot der Zwangsarbeit ergänzt wird. Im Fokus stehen hier die von der Schweiz ratifizierten Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit sowie Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit, den UNO- Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen.

Die Rechtskommission hat Mitte März jedoch entschieden, die Arbeiten zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Gredig 21.427 «Bekämpfung von Zwangsarbeit durch die Ausweitung der Sorgfaltspflicht» vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen auf EU-Ebene und den entsprechenden Beschlüssen des Bundesrates (vgl. dazu auch obige Ausführungen) bis auf Weiteres zu sistieren. Die Kommission hat sich dafür ausgesprochen die Petition 22.2039 «Koalition für Konzernverantwortung. Für ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz» im Rahmen der parlamentarischen Initiative Gredig 21.427 zu behandeln.

Ausblick
Die mit der Umsetzung des Gegenvorschlages verbundene neue Pflichten sind herausfordernd, insbesondere im Bereich der Kinderarbeit. Der Verband wird die Umsetzungsarbeiten der Mitgliedfirmen soweit möglich unterstützen und eine Plattform zum Austausch der Expertise anbieten.

Aktueller Stand
Aktuell beschäftigt sich die Europäische Kommission mit einer möglichen Regulierung im Bereich der nachhaltigen Unternehmensführung und der damit verbundenen Sorgfaltspflichten. Die EU hat im ersten Halbjahr 2022 ihren Vorschlag für eine Richtlinie zur Corporate Sustainability Due Diligence veröffentlicht. Konkret soll es darum gehen, das Unternehmensinteresse europarechtlich unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien zu definieren. Ein weiterer Schwerpunkt der Initiative bildet die Implementierung unternehmerischer Due-Diligence-Pflichten in globalen Lieferketten. Im legislativen Prozess stehen derzeit die Trilog-Verhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem Rat der Europäischen Union an, wobei von diesen drei Institutionen divergierende Positionen in den Verhandlungsprozess eingebracht worden sind. Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass die Gespräche im Rahmen des Trilog-Prozesses umstritten und intensiv sein werden. Falls es zu einer Verabschiedung kommt, muss die Richtlinie von den Mitgliedstaaten entsprechend in nationales Recht umgesetzt werden.

Ausblick
SwissHoldings Mitgliedsfirmen dürften von dieser neuen EU-Regelung im Bereich der nachhaltigen Unternehmensführung direkt betroffen sein. Die Regelung sieht eine Drittstaatenregelung vor – durch die Schweizer Unternehmen, die in der EU tätig sind, ab einer gewissen Grösse direkt von den EU-Bestimmungen erfasst werden.

Aktueller Stand
Der Bundesrat hat am 10. Dezember 2021 die Sammelklagen-Vorlage präsentiert und zuhanden des Parlaments verabschiedet. Die Vorlage sieht vor, dass die bestehende Verbandsklage ausgebaut, eine neue Verbandsklage zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen geschaffen sowie neu eine Möglichkeit von gerichtlich für verbindlich erklärten Vergleichen vorgesehen würde.

Die Wirtschaft steht diesem Vorhaben, welches der Bundesrat ohne vorhergehende Konsultation etablieren möchte, kritisch gegenüber. Im Sommer 2022 entschied die RK-N, nicht auf die Sammelklagen einzutreten. Es sei zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich, über den Ausbau von Instrumenten der sogenannten «kollektiven Rechtsdurchsetzung» zu entscheiden. Wesentliche Fragen seien noch nicht geklärt.

Das EJPD wurde in Folge von der Kommission aufgefordert, einen umfassenderen Rechtsvergleich zu Kollektivklagerechten in ausgewählten EU-Staaten zu erstellen, alternative Instrumente für einen „verbesserten Zugang zum Recht“ (inkl. die Anpassung bereits bestehender Instrumente) zu prüfen sowie die neuen technologischen Möglichkeiten zur effizienten Geltendmachung von Forderungen und der damit verbundenen Erleichterung der Koordination unter Betroffenen zu analysieren. Des Weiteren wurde eine Schätzung der Kostenfolgen der diskutierten Regulierung für die betroffenen Schweizer Unternehmen beim Justizdepartement in Auftrag gegeben („Regulierungsfolgenabschätzung“).

SwissHoldings begrüsst dieses Vorgehen. Die Schweiz tut gut daran, die Einführung solch weitreichender Instrumente basierend auf einer sorgfältigen Analyse der Ausgangslage und in Prüfung aller relevanter Faktoren zu beschliessen. Jüngste Entwicklungen haben gezeigt, dass die Einführung der neuen Sammelklagen-Instrumente in EU-Mitgliedstaaten zu erheblichen Schwierigkeiten geführt haben – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der neuen technologischen Möglichkeiten (Stichwort „Legal Tech“ wie Blockchain, Distributed Ledger, Forderungssammlungsplattformen, etc.). Zudem ist die Durchsetzung von Ansprüchen auf dem Rechtsweg kostspielig. Gerade wenn kollektivierte Ansprüche eingeklagt werden, steigen die Prozesskosten und auch die Prozessrisiken. Dies gilt umso mehr, als dass es die Vorlage theoretisch ermöglichen würde, Klägerforderungen aus der ganzen Welt konzentriert vor einem Schweizer Gericht geltend zu machen.

Für die Wirtschaft steht der effiziente Ausgleich der Interessen unterschiedlicher Parteien im Zentrum. Hierzu gibt es unterschiedliche Instrumente, wobei sich auf Grund der Entwicklungen im Ausland auch auf empirischer Basis die Überlegenheit einzelner Instrumente im Verhältnis zu anderen zeigt. Es ist daher entscheidend, dass die Diskussion auf der richtigen Ebene geführt werden kann. Dadurch, dass der Handlungsbedarf vom Bundesrat in der Botschaft auf Stufe Zivilprozess geltend gemacht wurde, werden wichtige Alternativen von vornweg ausgeklammert. Dem gilt es durch die von der Kommission in Auftrag gegebenen Analysen entgegenzuwirken. Die Abklärungen der Bundesverwaltung sollen aufzeigen wie andere Länder Spannungen zwischen den Parteien, die sich aus dem Phänomen der Massen- und Streuschäden ergeben, aufzulösen versuchen. Hierbei soll insbesondere dem vielversprechenden System in den skandinavischen Ländern ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden. Die Erfahrungen mit diesem Modell sind in Skandinavien mehrheitlich positiv.

Ausblick
SwissHoldings befürwortet den Entscheid der Rechtskommission des Nationalrates (RK-N). Aus Sicht des Verbandes ist das Geschäft für die politische Beratung nicht reif.

Rechnungslegung und Berichterstattung

Aktueller Stand
Im Fokus der Arbeiten stand die Betreuung und Kommentierung der Konsultation des IASB zu «IAS 12 Income Taxes», in der das Board Änderungen an IAS 12 Ertragsteuern vorgeschlagen hat. Ziel soll sein, eine vorübergehende Erleichterung bei der Bilanzierung latenter Steuern zu schaffen, die sich aus der bevorstehenden Umsetzung der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Modellvorschriften der zweiten Säule ergeben.

Das IASB reagiert damit auf die Bedenken der Stakeholder hinsichtlich der möglichen Auswirkungen dieser Regeln auf die Bilanzierung von Ertragsteuern in Abschlüssen (die Stellungnahme von SwissHoldings finden Sie unter folgendem Link: SwissHoldings comment letter on ED International Tax Reform—Pillar Two Model Rules).

Des Weiteren hat das IASB Vorschläge zur Rechnungslegung bestimmter Finanzinstrumente gemäß IFRS 9 gemacht. Ein bedeutender und viel diskutierter Anwendungsfall betrifft Finanzinstrumente, bei denen Zahlungen von der Erfüllung umwelt- oder sozialbezogener Kriterien (ESG-Klauseln) abhängig sind. Diese Konsultation läuft noch bis Juli.

Auch die Arbeiten des IASB in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung gehen voran. Die Verabschiedung der ersten beiden Standards (IFRS S 1 und S 2) befindet sich auf der Zielgeraden.

Ausblick
SwissHoldings wird weiterhin die Arbeit der IFRS-Stiftung aktiv verfolgen und an den für unsere Mitglieder relevanten Konsultationen teilnehmen. 

Aktueller Stand
Der Bundesrat hat Ende Jahr 2023 zwei Strategiedokumente für einen Nachhaltigen Finanzplatz und mögliche Handlungsfelder generell im Bereich Sustainable Finance publiziert («Sustainable-Finance Schweiz – Handlungsfelder 2022-2025 für einen führenden nachhaltigen Finanzplatz» und Position Greenwashing-Prävention im Finanzsektor).

Der Bericht Sustainable-Finance Schweiz unterstreicht die Rolle des Schweizer Finanzplatzes in Bezug auf Nachhaltigkeit und zeigt bisherige und zukünftige Handlungsfelder auf. Es werden vier Handlungsfelder behandelt: (1) Nachhaltigkeitsdaten aus der Gesamtwirtschaft, (2) Transparenz im Finanzsektor, (3) Impact Investments und grüne Anleihen und (4) Bepreisung von Umweltverschmutzung. Insgesamt 15 spezifische Massnahmen können in die Handlungsfelder gruppiert werden. Wie im Bericht aufgezeigt wird, sind bereits viele der Massnahmen adressiert worden.

Im Positionspapier zu Greenwashing hat der Bundesrat seinen diesbezüglichen Ansatz präzisiert. Finanzprodukte oder -dienstleistungen sollen nur dann als nachhaltig angeboten werden, wenn sie mit mindestens einem spezifischen Nachhaltigkeitsziel verträglich sind oder dazu beitragen, ein Nachhaltigkeitsziel zu erreichen. Damit soll gewährleistet werden, dass Finanzprodukte und ‑dienstleistungen, die allfällige ESG-Risiken reduzieren sollen, nur als nachhaltig bezeichnet werden, wenn sie neben einem rein finanziellen auch ein nachhaltiges Anlageziel verfolgen. Anbieter nachhaltiger Produkte oder Dienstleistungen sollen darlegen, wie sie das angestrebte nachhaltige Anlageziel zu erreichen gedenken.

Ausblick
Zwar richten sich viele der diskutierten Aspekte ausschliesslich an den Finanzsektor. Die Realwirtschaft ist jedoch – zumindest mittelbar – direkt von der Diskussion und den geplanten Regulierungsansätzen betroffen. So sind die Finanzdienstleistungsunternehmen darauf angewiesen, dass Sie zur Erfüllung ihrer Transparenzverpflichtungen auf Informationen und Datensätze von Seiten Emittenten zurückgreifen können. Generell liegt denn auch der primäre Hebel für eine Transition zu einer nachhaltigen Wirtschaft bei der Realwirtschaft, die durch die Produktion und den Konsum von Gütern und Dienstleistungen direkt Einfluss auf die verschiedenen Nachhaltigkeitsbereiche nimmt.

SwissHoldings wird deshalb die geplanten Arbeiten des Bundes eng in Abstimmung mit den übrigen Branchenverbänden verfolgen.

Aktueller Stand
Auf EU-Ebene befindet sich das Thema Nachhaltigkeit im Zentrum der öffentlichen Diskussion. Im Rahmen dieser Diskussion wurde die Europäische Kommission durch verschiedene Vorstösse aktiv.

In der EU ist im Jahr 2020 der Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums verabschiedet worden, welcher die Grundlage mehrerer legislativer Vorstösse bildet, darunter die für Preparers besonders relevante Taxonomy-Regulierung. Mit der Einführung der Taxonomie müssen Unternehmen künftig ihre gesamte Unternehmenstätigkeit in ein Klassifizierungsschema zur Bestimmung des «grünen Charakters» ihrer Wirtschaftsaktivität einordnen. Hierbei ist der Anteil des Umsatzes, der Anteil in Hinblick auf die Investitionen („CapEx“) sowie der Anteil bei den Betriebsausgaben («OpEx») separat offenzulegen. Darüber hinaus müssen all diese Aktivitäten in Bezug auf soziale Mindestanforderungskriterien evaluiert werden.

Ebenfalls Gegenstand des Aktionsplans ist der Vorschlag für eine Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), welche die bisher geltende Nonfinancial Reporting Directive (NFRD) ersetzen soll. Die Richtlinie wurde am 10. November auf EU-Ebene verabschiedet. Kernbestand der CSRD ist, dass nicht mehr ein international akzeptierter Standard wie GRI, sondern ein neu zu konzipierender europäischer Standard künftig die Basis für die Berichterstattung bilden soll. Weitere wesentliche Änderungen betreffen einen massgeblichen Ausbau der geforderten Berichtsinhalte (wie bspw. so genannte forward-looking Elemente und Angaben über immaterielle Vermögenswerte) wie auch der Grundsatz, dass alle Informationen über eine digitale Reporting-Struktur zur Verfügung gestellt werden müssen.

Am 9. Juni hat die Europäische Kommission den Konsultationsentwurf zum ersten Set der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlicht. Dieser enthält eine Reihe an Anpassungen im Vergleich zu den ursprünglichen Entwürfen – wobei insbesondere das Prinzip der Wesentlichkeit in der Anwendung gestärkt wurde.

SH-Mitgliedsfirmen dürften direkt aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen Verflechtung mit EU-Mitgliedsstaaten von beiden dieser Regulierungsmassnahmen erfasst sein.

Ausblick
SwissHoldings sieht die derzeitigen Initiativen für eine grössere Standardisierung im Bereich Sustainable Finance und ESG-Reporting grundsätzlich positiv. Ein einheitlicherer Rahmen zur Abbildung der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens hilft, Klarheit und Vertrauen zwischen Investoren und Preparers zu schaffen. Für den Verband bleibt jedoch zentral, dass Nachhaltigkeitsdaten auch künftig stets in einen nachvollziehbaren Kontext mit der Geschäftsstrategie und der Finanzberichterstattung zu stellen sind – wobei für die Transparenzanforderungen immer auch die Kriterien der Relevanz, der Umsetzbarkeit und des Kosten-/Nutzenverhältnisses gelten sollen.

Die ambitionierten Pläne der EU bieten zwar Chancen für nachhaltigkeitsorientierte Anleger und Unternehmen, bergen aber auch die Gefahr unverhältnismässiger Markteingriffe. Die neu vorgesehenen Anforderungen an die Transparenz und Offenlegung der Unternehmen im Bereich ESG sind hoch und drohen, viele Marktakteure zu überfordern.

SwissHoldings verfolgt die laufenden Entwicklungen und begleitet die Geschäfte weiterhin, insbesondere im Rahmen der Arbeitsgruppe der Dachverbände auf Europäischer Ebene.

Kapitalmärkte

Aktueller Stand
In den heutigen ausserordentlichen Zeiten rückt zunehmend auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) in den Fokus der Aufmerksamkeit. Auf Ebene Parlament sind verschiedene Vorstösse behandelt worden, welche zum Ziel haben, die Ausschüttungen der SNB an gewisse Zwecke zu binden. Zudem wurde jüngst auch Anliegen eingegeben, welche eine Reform der Governance-Struktur der SNB fordern.

Ausblick
SwissHoldings wird die laufenden Entwicklungen eng verfolgen. Aus Sicht des Verbandes hat sich die bisherige Ausrichtung der Nationalbank bewährt. Einer «Verpolitisierung», respektive weiteren Zweckbindung der Gewinne der SNB steht die Organisation kritisch gegenüber.

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