Stand: 13.02.2025
Executive Summary
Das aus zwei Säulen bestehende OECD-Projekt zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft (Säule 1: Umverteilung zu den Marktstaaten; Säule 2: Mindestbesteuerung) sieht sich seit dem Amtsantritt von US-Präsident Trump vor besonders grossen Herausforderungen. So verkündete der neue Präsident, dass sich die USA vom Projekt zurückziehen und sie Gegenmassnahmen gegen Staaten ergreifen, die diskriminierende und extraterritoriale Steuern gegen die USA erheben (Link zum Dekret und Link zur America First Trade Policy). Die Trump-Administration hat nun 60 Tage für die Ausarbeitung konkreter Gegenmassnahmen (z.B. Zölle) des Präsidenten. Im Fokus der Gegenmassnahmen dürften die UTPR der Mindestbesteuerung und sog. Digital Service Taxes anderer Staaten stehen (Link Mitteilung “Ways and Means Committee”). Ferner verkündete Präsident Trump das Ziel, dass die USA ihren Bundessteuergewinnsteuersatz auf 15 Prozent senken (vgl. z.B. Berichterstattung zum WEF). Passiert die angekündigte Gewinnsteuersenkung den US-Kongress, könnte anstelle einer globalen Mindestbesteuerung der globale Steuerwettbewerb wieder aufflammen.
Mit seinen Ankündigungen dürfte Präsident Trump das Ende der Säule 1 des Projekts besiegeln und der Säule 2 (Mindestbesteuerung) einen harten Schlag verpasst haben. Ein Weiterbestehen der Mindestbesteuerung dürfte verschiedene technische Anpassungen verlangen, welche im Laufe des Jahres 2025 angegangen werden müssen.
Die Mindestbesteuerung wird seit Anfang 2024 von den meisten europäischen Staaten (inkl. der Schweiz) und verschiedenen weiteren Staaten umgesetzt (Link). Viele besonders gewichtige Volkswirtschaften wie die USA, China oder Indien haben bisher keine Anstalten gezeigt, ebenfalls mitzumachen. Die Mindeststeuer ist damit eher ein europäisches als ein globales Projekt. Dass die Mindeststeuer sich in den nächsten Jahren global durchsetzt, erscheint angesichts der Drohungen von Präsident Trump höchst unwahrscheinlich. Allerdings sollte nicht davon ausgegangen werden, dass die Mindeststeuer nun einfach verschwindet. Angesichts politischer und finanzieller Hindernisse muss davon ausgegangen werden, dass sie zumindest als europäisches Projekt fortgeführt werden soll (Link zu EU-Parlament).
Die Schweiz muss die internationalen Entwicklungen deshalb mit Sorgfalt beobachten und dafür besorgt sein, dass international ein ausgeglichenes Wettbewerbsfeld etabliert wird. So ist um jeden Preis zu verhindern, dass die Schweiz zusammen mit der EU strengeren steuerlichen Vorgaben untersteht als Staaten ausserhalb Europas und damit direkte Konkurrenten wie Singapur, Dubai und viele mehr bessere steuerliche Bedingungen anbieten können.
Übersicht
Das OECD-Projekt zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft basiert auf zwei Säulen und soll die Akzeptanz der internationalen Unternehmensbesteuerung verbessern. Die Arbeiten werden vom OECD-Sekretariat ausgeführt. Formell beschlossen werden die neuen Steuerregeln vom mehr als 140 Staaten umfassenden “OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS” (nachfolgend: IF). Im Oktober 2021 verabschiedeten die IF-Staaten die politischen Parameter zu den beiden Säulen. Seither wird intensiv an den technischen Ausführungsbestimmungen gearbeitet. Inhalt der Säule 1 ist eine stärkere Umverteilung der Gewinne der weltweit rund 200 erfolgreichsten Konzerne von den Sitz- zu den Marktstaaten. Inhalt der Säule 2 ist die Einführung einer Mindestgewinnsteuer von 15 Prozent für alle Konzerne mit einem Umsatz von mindestens 750 Mio. Euro. Bei der Säule 1 soll den Staaten ein multilaterales Abkommen zur Unterzeichnung und zur anschliessenden Ratifizierung vorgelegt werden. Bei der Säule 2 erfolgt die Umsetzung nicht über ein multilaterales Übereinkommen, sondern über eine einheitliche Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten, aber individuell von den Staaten beschlossenen sog. Modellregeln. Um eine möglichst einheitliche globale Umsetzung zu erreichen, besteht neben den Modellregeln ein (laufend erweiterter) Kommentar sowie zusätzliche, in regelmässigen Abständen publizierte, neue administrative Leitlinien. (sog. Administrative Guidance). Die letzte entsprechende Publikation der OECD erfolgte am 15. Januar 2025. Dabei wurden zentrale Informationen zum GloBe Information Return und dessen internationalem Austausch publiziert. Weiter wurde eine gerade für die Schweiz wichtige Guidance veröffentlicht.
Säule 1 (Besteuerung in den Marktstaaten)
Die allergrössten internationalen Konzerne (insgesamt ca. 100 Konzerne mit mehr als EUR 20 Mrd. Umsatz und Gewinnmarge >10%) sollen einen höheren Anteil ihrer Gewinne in den Absatzstaaten versteuern. So ist dies in Säule 1 vorgesehen. Im Fokus stehen insbesondere Digitalkonzerne wie Google, Facebook oder Apple, die in ihren Absatzstaaten teilweise kaum Gewinnsteuern entrichten. Daneben ist allerdings auch eine grosse Zahl klassischer Industrieunternehmen betroffen, die in den Absatzstaaten bereits heute hohe Steuerzahlungen leisten und Konzernsteuerquoten von durchaus 25 aufweisen.
Noch im Verlauf des Jahres 2024 hätte das fertige Säule-1-Umsetzungspaket mitsamt einer multilateralen Konvention den IF-Mitgliedstaaten zur Genehmigung vorgelegt werden. Damit die Säule 1 überhaupt global umgesetzt wird, muss allerdings eine kritische Masse an Staaten die multilaterale Konvention ratifizieren. Entscheidend ist dabei, ob die USA diese ratifizieren. Die Hälfte der von der Säule 1 betroffenen Unternehmen haben ihren Hauptsitz in den USA, weshalb die vorgesehene Umverteilung ohne US-Ratifikation von den Sitz- zu den Marktstaaten nicht umgesetzt werden kann. Für eine Ratifikation braucht es im US-Senat eine 2/3-Mehrheit. Nachdem sich die USA unter Präsident Trump offiziell aus den Arbeiten verabschiedet haben, dürfte das Projekt zumindest für die nächsten Jahre kaum vorangetrieben werden. Wird die Säule 1 nicht umgesetzt, könnte dies den Umverteilungsbemühungen der UNO Auftrieb geben. Ob die Arbeiten der UNO auch von den Industriestaaten breit mitgetragen werden, erscheint aktuell unsicher, da Letztere mit hohen Mindereinnahmen rechnen müssen. Bereits klar ist diesbezüglich die Position der USA. Präsident Trump hat verkündet, dass sich die USA aus diesem Umverteilungsprojekt zurückziehen.
Säule 2 (OECD-Mindeststeuer)
Die Projektsäule 2 verlangt, dass grosse Unternehmen (mind. 750 Mio. Euro Umsatz) in allen ihren Tätigkeitsstaaten mindestens 15 Prozent Steuern auf ihren Gewinn pro Land entrichten. Für die Gewinnermittlung wird nicht auf die stark divergierenden Steuervorschriften der einzelnen Staaten, sondern auf die für veröffentlichte Konzernabschlüsse massgebenden internationalen Rechnungslegungsstandards (z.B. IFRS, US GAAP etc.) abgestellt, da bei diesen die von einem zum anderen Land bestehenden Unterschiede bei der Gewinnermittlung aufgrund des sog. «True and Fair View-Grundsatzes» viel geringer sind. Darüber hinaus sieht das neue internationale Regelwerk (sog. GloBE-Regeln) verschiedene Korrekturen, beispielsweise für Beteiligungen oder latente Steuern, vor.
Die gemäss dem internationalen Standard für das eigene Staatsgebiet erhobene Mindeststeuer wird als Qualified Domestic Minimum Top-up Tax bezeichnet (QDMTT resp. in der Schweiz die sog. Schweizer Ergänzungssteuer). Am 15. Januar 2025 veröffentlichte die OECD die Liste jener Staaten deren nationale Ergänzungssteuer für die Jahre 2024 und 2025 der “Q-Status” zuerkannt wird. Die Prüfung erfolgte im Rahmen des vorübergehenden Peer Review.
Setzt ein Staat die neuen Mindestbesteuerungsregeln nicht um, soll der Staat der Muttergesellschaft (mittels Income Inclusion Rule IIR) oder subsidiär die Staaten anderer Konzerngesellschaften (mittels Undertaxed Profits Rule UTPR), die vom Unternehmen für einen bestimmten Staat ausgewiesene Differenz zwischen dem effektiven Steuersatz (z.B. 13%) und dem Mindeststeuersatz (15%) besteuern.
Soll sich die Mindestbesteuerung global durchsetzen, muss die UTPR ohne Ausnahme gegenüber allen Staaten (inkl. den Hauptsitzstaaten) zur Anwendung gebracht werden können. Können (i.) mit der IIR alle Tochtergesellschaften von Konzernen mit Hauptsitz im eigenen Land und (ii.) mit der UTPR alle Konzerngesellschaften ausländischer Konzerne erfasst werden, ist es für Staaten finanziell nachteilig von der Umsetzung der Mindestbesteuerung abzusehen. Der Verzicht die Mindestbesteuerung umzusetzen, würde höchstens dazu führen, dass die vorerwähnte Steuerdifferenz von einem anderen Staat vereinnahmt wird. Soll der finanzielle Schaden minimiert werden, muss ein Staat zumindest eine QDMTT einführen. Gilt die UTPR hingegen nur eingeschränkt, können Staaten und Unternehmen den territorialen Anwendungsbereich der Mindestbesteuerung gezielt einschränken. Auf diese Weise können Staaten, welche die Mindestbesteuerung nicht umsetzen, ihre Standortattraktivität verbessern und Unternehmen ihre Steuerbelastung reduzieren. Aktuell gilt auf Wunsch der USA (und vieler weiterer Staaten wie China, Indien etc.) die UTPR nur stark eingeschränkt.
Im Dezember 2021 wurden die Säule 2-Modellregeln publiziert (Link Model Rules). Mitte März 2022 wurde die erste Fassung des Kommentars zu den GloBE-Modellregeln veröffentlicht (Link Commentary GloBE Rules). Da seither immer noch eine riesige Zahl an Anwendungsfragen besteht, werden vom sog. Implementation Framework regelmässig neue technische Detailvorgaben erlassen, z.B. in Form einer Administrative Guidance. Diese Detailvorgaben beinhalten allerdings auch Neuanpassungen des Kommentars, die teilweise sogar im Widerspruch zu den im Dezember 2021 publizierten Modellregeln stehen.
Im Dezember 2022, im Februar, Juli und Dezember 2023, im Juni 2024 und zuletzt im Januar 2025 wurden verschiedene Teile der Administrative Guidance publiziert. Besonders wichtig waren insbesondere die Vorgaben zum Transitional CbCR Safe Harbour, welche den administrativen Aufwand der betroffenen Unternehmen in den Anfangsjahren (2024 bis 2026) etwas reduzieren dürften. Mitte Juli 2023 publizierte der Implementation Framework weitere entscheidende Detailvorgaben wie den GloBE Information Return (GIR) oder diverse Administrative Guidances inkl. zweier neuer Safe Harbours (QDMTT Safe Harbour, Transitional UTPR Safe Harbour). Besonders wichtig ist dabei der Transitional UTPR Safe Harbour. Dieser, insbesondere auf Druck der USA beschlossene Safe Harbour, beinhaltet eine vorübergehende Ausnahme vom Anwendungsbereich der UTPR. Im Januar 2025 (Link) wurde eine Neufassung des GIR, das GIR MCAA , welches die Basis für den automatischen Austausch des GIR bildet und weitere Unterlagen veröffentlicht. Im Lauf des Jahres 2025 werden weitere zentrale Dokumente zur Anwendung der Mindestbesteuerung erwartet. Da bei politisch heiklen Fragen weiterhin Meinungsverschiedenheiten der verschiedenen Staaten bestehen, muss mit weiteren Verzögerungen gerechnet werden. Solche werden sich auch aufgrund des Ausscherens der USA ergeben.
Stand
Das von der G20 initiierte Projekt kämpft seit Längerem mit grossen Problemen und wirkt aus der Zeit gefallen. Das zeigt sich beispielsweise darin, dass die meisten Staaten die Mindeststeuer nicht umsetzen. Statt gemeinsame Ziele voranzutreiben, herrscht zwischen den G20-Staaten ein immer härter geführter Standortwettbewerb um Hochtechnologie- und andere besonders profitable Konzerne mit ihren Forschungs- und Produktionsstätten. Deren hohen Gewinnsteuern sollen nicht mehr global “fair” verteilt werden, sondern sie werden z.B. von den USA möglichst vollumfänglich beansprucht. Auch wollen sich die Staaten im Standortwettbewerb nicht beschränken lassen und auf den Einsatz besonders wirksamer Instrumente wie attraktiver Gewinnsteuersätze nicht verzichten.
Mit dem neuen US-Präsidenten Trump ist der globale Kampf um die Forschungs- und Produktionsstandorte besonders attraktiver Konzerne offen zutage getreten. Am 20. Januar 2025 hat US-Präsident Trump die Anweisung erteilt, dass sich die USA vom BEPS 2.0 Projekt der OECD zurückziehen. Seine Administration hat nun 60 Tage dem Präsidenten Massnahmen vorzubereiten, damit dieser gegen Staaten, welche gegen die USA diskriminierende und extraterritoriale Steuern anwenden (z.B. die UTPR oder sog. Digital Service Taxes) Gegenmassnahmen ergreifen kann. Auch dürfte Präsident Trump mit seinen Ankündigungen das Ende der Säule 1 des Projekts besiegelt haben. Ohne die USA kann die Säule 1 bekanntlich nicht umgesetzt werden. Ferner verkündete Präsident Trump das Ziel, dass die USA ihren Bundessteuergewinnsteuersatz auf 15 Prozent senken. Weiter hat sich die USA auch vom laufenden UNO-Steuerprojekt zurückgezogen.
Bis die konkreten Ziele und Massnahmen der USA bekannt sind, die OECD und die EU ihre Pläne präsentieren, wie es bei der Mindestbesteuerung weitergeht, herrscht grosse Unsicherheit, wie es im internationalen Unternehmenssteuerrecht weitergeht.
Im Dezember 2022 wurde auf EU-Ebene die Richtline zur Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung beschlossen. Damit haben sich die grösseren EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die OECD-Mindestbesteuerung auf Anfang 2024 in Kraft zu setzen. Auf Anfang 2025 haben diese sich zusätzlich verpflichtet die UTPR in Kraft zu setzen. Mittlerweile sieht es danach aus, dass die allermeisten EU-Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen nachkommen.
Ausserhalb Europas ist der Enthusiasmus rund um die Einführung der Mindeststeuer weitgehend verflogen. Jedenfalls halten sich viele Staaten mit Ankündigungen oder Vernehmlassungsverfahren weitgehend zurück. Aktuell haben immer noch mehr als die Hälfte der Mitglieder des Inclusive Framework die Mindestbesteuerung nicht umgesetzt. Zu diesen gehören auch wirtschaftliche Schwergewichtige wie China oder Indien.
Ende 2023 entschied der Bundesrat, die Schweizer Ergänzungssteuer auf Anfang 2024 einzuführen. Gleichzeitig publizierte der Bundesrat die definitive Verordnung. Im September 2024 entschied der Bundesrat auf Anfang 2025 die IIR einzuführen. Grund war, dass die EU-Staaten auf Anfang 2025 die UTPR einführten und damit die Möglichkeit bestand, dass ausländische Töchter von Schweizer Konzernen ihre Ergänzungssteuer EU-Staaten abliefern müssen. Auch waren die allermeisten Schweiz Unternehmen der Ansicht, dass der administrative Aufwand durch eine Schweizer IIR gesenkt würde und die Gefahr von Doppelbesteuerungen durch konkurrierende UTPRs verschiedener EU-Staaten eliminiert werden kann. Wegen möglicher Retorsionsmassnahmen insbesondere aus den USA verzichtete der Bundesrat bei seinem Entscheid auch die UTPR auf Anfang 2025 in Kraft zu setzen. Angesichts der Sanktionsandrohungen der neuen US-Administration dürfte der Bundesrat froh über diesen Entscheid sein.
25 Prozent der Einnahmen aus der Schweizer Ergänzungssteuer gehen gemäss Übergangsbestimmungen an den Bund. Wie die Kantone allfällige Mehreinnahmen aus der Ergänzungssteuer verwenden, werden diese abhängig von der Höhe der erwarteten Einnahmen und den kantonalen Zielen zu einem späteren Zeitpunkt festlegen. Mehr Klarheit über die tatsächlichen Einnahmen aus der Schweizer Ergänzungssteuer dürfte wohl erst im Laufe des Jahres 2025 bestehen. Bei der ausländischen Ergänzungssteuer IIR dürfte frühestens im Jahr 2026 ein erstes Mal mehr Klarheit herrschen.
Ausblick
Die Ankündigungen von US-Präsident Trump sich vom OECD-Digitalbesteuerungsprojekt zurückzuziehen und Sanktionen gegen andere Staaten zu ergreifen, die diskriminierende und extraterritoriale Steuern gegen die USA anwenden (z.B. die UTPR oder sog. Digital Service Taxes), könnten zu bedeutenden Änderungen bei der OECD-Mindestbesteuerung führen. Ferner dürfte Trumps Dekret vom 20. Januar das Ende des OECD-Projekts zur Umverteilung zu den Marktstaaten (Säule 1) bedeuten. Die Ankündigung die Steuern in den USA zu senken, könnte zu einer Wiederaufnahme des internationalen Steuerwettbewerbs führen. Auch könnten die Massnahmen die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Staaten mit hohen Steuersätzen wie Deutschland zusätzlich beeinträchtigen.
Allerdings ist aktuell höchst unsicher, wie hoch die angekündigte Steuersenkung auf der (langen) Prioritätenliste von Präsident Trump angesiedelt ist. Auch sind die mit einer solchen Senkung verbundenen, zumindest vorübergehenden Mindereinnahmen enorm hoch, was angesichts der hohen Verschuldung der USA und des hohen Budgetdefizits eine finanzielle Herausforderung darstellt. Die US-Steuerpolitik wird ausserdem primär vom Kongress festgelegt, wobei offenbar verschiedene Senatoren skeptisch gegenüber einem noch höheren US-Staatsdefizit sind. Angesichts der knappen republikanischen Mehrheiten könnten einem solchen Steuerpaket grössere politische Hindernisse entgegenstehen. Gleichzeitig hat sich die von Trump während der ersten Präsidentschaft vollzogene Gewinnsteuersenkung von 35 auf 21 Prozent für die USA offenbar wirtschaftlich und finanziell sehr gelohnt. Dies könnte Donald Trump darin bestärken, eine weitere Senkung politisch durchzudrücken.
Ebenfalls unsicher ist, welche ausländischen Steuern als diskriminierend und extraterritorial angesehen werde und welche konkreten Massnahmen die Trump-Administration im Bereich der OECD-Mindeststeuer ergreifen wird. Neben Zöllen kommen auch verschiedene andere Massnahmen in Frage. Wollen die USA die Mindeststeuer ganz zerschlagen, oder wollen sie Sonderausnahmen, welche ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit auf Kosten der an der Mindeststeuer festhaltenden (EU-)Staaten verbessert (int. Verbot der UTPR; für US-Konzerne ist US-Gilti gleichwertig zur IIR; US-R&D Tax Credits sind mindeststeuerkonform). Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen muss davon ausgegangen werden, dass insbesondere die EU-Mitgliedstaaten an der Mindeststeuer festhalten wollen, auch wenn sich dadurch die eigene Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu den USA weiter verschlechtert und EU-Unternehmen sukzessiv Aktivitäten vom kriselnden Europa in die wirtschaftlich wachsenden USA verschieben werden. Wichtig wird auch sein, wie die OECD auf die Forderungen der USA reagieren wird und wie sich andere wichtige G20-Staaten wie China oder Indien verhalten werden.
Wie seit längerem prophezeit, dürften der OECD-Mindeststeuer 2025 grössere Veränderungen bevorstehen. Dass die Steuer international einfach verschwindet, ist demgegenüber unwahrscheinlich. Vielmehr muss damit gerechnet werden, dass die EU am Projekt festhalten wird und sie kleine, erfolgreiche Staaten wie die Schweiz zwingen will, ebenfalls an der Mindeststeuer festzuhalten. Ziel der Schweiz muss es sein, sachlich nicht begründbare Nachteile der Schweiz resp. protektionistische Vorteile anderer Staaten zu verhindern, um möglichst über gleich lange Spiesse zu verfügen.
Mit dem Entscheid des Bundesrates zur Einführung der Schweizer Ergänzungssteuer stellen sich für Schweizer Unternehmen eine Reihe von Anwendungsfragen aber auch gewichtige Standortattraktivitätsfragen. Die Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung ist gesetzestechnisch und administrativ anspruchsvoll. Für eine Reihe von Unternehmen sind allerdings die Standortnachteile gegenüber Konkurrenzstandorten gewichtiger als komplizierte Anwendungsfragen.
Position
Der wirtschaftlich erfolgreiche Kleinstaat Schweiz wird sich im Rahmen der 2025 anstehenden Anpassungen der OECD-Mindestbesteuerung intensiv zur Wehr setzen müssen, dass keine unfairen Regeln zulasten der Schweiz und zugunsten von EU-Staaten, den USA oder China beschlossen werden. Dabei muss die Schweiz auch darauf achten, dass sie keine Wettbewerbsnachteile beispielsweise im Vergleich zu Konkurrenten wie Singapur hinnehmen muss. In der Vergangenheit wurden beispielsweise mit dem UTPR-Safe Harbor bereits solche sachlich nicht gerechtfertigten Vorteile beschlossen. Dieser ermöglicht Staaten mit einem nominellen Gewinnsteuersatz auf Bundesebene von mindestens 20 Prozent (Schweiz 8,5%) seinen Unternehmen über Steuerabzüge z.B. für F&E effektive Steuersätze von unter 15 Prozent zu gewähren, ohne dass dagegen von anderen Staaten die UTPR eingesetzt werden kann. Die Schweiz wird deshalb auf der Hut sein müssen und darf sich auch nicht davor scheuen, gegen unfaire Regeln vorzugehen und entsprechenden Anpassungsvorschlägen im Rahmen des IF die Zustimmung zu verweigern. Gleichzeitig sollte nicht vergessen werden, dass die Mindeststeuer weder finanziell noch wirtschaftlich im Interesse der Schweiz ist. Soll die Schweiz etwas im Unterschied zu den USA die Mindestbesteuerung weiterführen, müssen die Regeln einen fairen Wettbewerb ermöglichen, bei dem die Schweiz die Möglichkeit hat, ihre wirtschaftliche Attraktivität wiederherzustellen und sie über gleich lange Spiesse wie die Konkurrenz verfügt. Sollten andere Staaten Steuerabzüge für Forschung, Entwicklung, CO2-Reduktionen und weitere Aktivitäten vorsehen wollen, sollte die Schweiz solche Bemühungen unbedingt unterstützen. Misslingt es der Schweiz international gleich lange Spiesse im Standortwettbewerb zu erreichen, dürften sich die daraus resultierende Nachteile bald auch negativ auf die Finanzlage von Bund und Kantonen auswirken.
Auf keinen Fall sollte die die Schweiz darauf bauen, dass die Mindeststeuer international abgeschafft wird und damit die neuen Standortmassnahmen, wie sie von einigen Kantonen bereits vorgeschlagen oder sogar parlamentarisch verabschiedet wurden, bald wieder obsolet sind. Sobald die entsprechenden OECD-Vorgaben bekannt sind, sollten sich Bund und Kantone auf den angepassten Standortwettbewerb einstellen, und neue, international akzeptierte Instrumente erarbeiten sowie allgemeine Verbesserungen der Standortattraktivität im Bereich der Digitalisierung und weiteren Gebieten angehen. Wie die Pläne von US-Präsident Trump zeigen, tobt der Standortwettbewerb international so hart wie nie zuvor und die Bereitschaft der Staaten sich dem Wettbewerb zu stellen wird von den internationalen Unternehmen genau beobachtet. Deshalb sollten die Kantone ihre Pläne neue Standortmassnahmen zu entwickeln und einzuführen unbedingt fortführen. Schliesslich sind mehr Optionen erfolgreiche und hohe Steuern leistende Unternehmen an den Standort Schweiz zu binden immer besser, als über keine solchen Optionen zu verfügen.
Weiterführende Dokumente
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