Allgemein, Sessionsticker

Der Sessionsticker gibt einen Überblick über wichtige, in unseren Tätigkeitsbereich fallende Geschäfte, welche in der kommenden Sommersession (30 Mai – 16 Juni) im National- und Ständerat behandelt werden. Mit dem Sessionsticker zeigen wir auf, worum es in den Geschäften geht und welche Haltung SwissHoldings dazu einnimmt.

Nationalrat

Ständerat

Nationalrat

21.019 Mehrwertsteuergesetz. Teilrevision

Behandlung am Montag, 1. Juni 2023

Darum geht es
Mit dieser Vorlage werden verschiedene parlamentarische Vorstösse im Bereich der Mehrwertsteuer umgesetzt. Im Mittelpunkt stehen die Erhebung der Mehrwertsteuer durch Versandhandelsplattformen sowie die Auskunftspflicht sämtlicher Internet-Plattformen. Weitere Elemente betreffen CO2-Emissionszertifikate, ausländische Reisebüros und Bestimmungen zur Steuervertretung. Der Katalog der Steuerausnahmen soll erweitert und neue Leistungen dem reduzierten Steuersatz unterstellt werden. Weiter sind Vereinfachungen für KMU wie die freiwillige jährliche Abrechnung sowie Massnahmen zur Betrugsbekämpfung enthalten.

Stand des Verfahrens
WAK-NR 12.04.22: Annahme ohne Gegenstimme
Die WAK-NR hat keine grundlegenden Änderungen an der Vorlage des Bundesrats vorgenommen. Es bestehen indes Minderheitsanträge zu verschiedenen Verfahrensfragen.
Sondersession 2022: Annahme der Vorlage in der Gesamtabstimmung (129:53.1)
WAK-SR 14.02.23: Annahme ohne Gegenstimme

Position SwissHoldings
Die Mehrwertsteuer wird von den Schweizer Unternehmen auf eigene Kosten und vollständig auf eigenes Risiko selbständig veranlagt. Die Abwicklung der Mehrwertsteuer ist auf Stufe Bund einer der grössten administrativen Kostenfaktoren für Schweizer Firmen. Die Situation hat massgeblich mit den zahlreichen Brüchen zu tun, die das Mehrwertsteuersystem durchziehen: Unzählige Ausnahmen, unterschiedliche Steuersätze und verschiedene Umsatzgrenzen machen das System enorm komplex. Die vorliegende Teilrevision bringt für die Unternehmen kaum Entlastungen. Seit der Totalrevision des Mehrwertsteuergesetzes von 2010 hat sich das Schweizer System laufend verkompliziert, und neue Komplikationen sind auch mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf verbunden. Der vorliegende Entwurf verstärkt leider die negative Tendenz, indem neue Konsumbereiche privilegiert behandelt werden sollen. Jedes Privileg stellt einen Nachteil und eine Belastung für andere, nicht-privilegierte Bereiche dar, weil ohne Privilegien die Steuerbelastung bei gleichem Steueraufkommen tiefer sein könnte. Auch aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten ist dies die einzige vertretbare, faire Lösung. Auf neue Privilegien ist deshalb im Interesse einer breit getragenen Mehrwertsteuer, die möglichst alle Leistungen gleichbehandelt und dadurch von den leistungserbringenden Unternehmen wie von den Konsumentinnen und Konsumenten gleich akzeptiert werden kann, zu verzichten.
Wo Anpassungen und Weiterentwicklungen für erforderlich erachtet werden oder, wie im Fall der Besteuerung von Online-Plattformen, vereinzelt wünschbar sind, sollten die Regelungen so getroffen werden, dass sie sich reibungslos in die Mehrwertsteuer-Systematik einfügen. Zudem sollten die Regelungen für die unternehmerische Praxis möglichst rechtssicher und in der Anwendung kostengünstig sein (d.h. mit wenig Bürokratie verbunden). Wettbewerbsverzerrende Massnahmen sind zu vermeiden.
SwissHoldings unterstützt die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes. Die darin vorgesehenen Ausnahmen und Sonderregelungen für einzelne Branchen (Reisebüros, Spitex, etc.) sehen wir allerdings kritisch.

22.077 Doppelbesteuerung. Abkommen mit Tadschikistan

Behandlung am Montag, 1. Juni 2023

Darum geht es
Das DBA-Änderungsprotokoll mit Tadschikistan enthält eine Missbrauchsklausel, die auf den hauptsächlichen Zweck einer Gestaltung oder eines Geschäfts abstellt und damit sicherstellt, dass das DBA nicht missbräuchlich in Anspruch genommen wird. Zudem beinhaltet das Protokoll eine Amtshilfeklausel nach internationalem Standard in Sachen Informationsaustausch auf Anfrage.
Weiter setzt die DBA-Anpassung die Mindeststandards aus dem BEPS-Projekt in Sachen Doppelbesteuerungsabkommen um.

Stand des Verfahrens
WAK-SR 14.02.23: Annahme

Position SwissHoldings
SwissHoldings unterstützt ebenfalls die Anpassung des heutigen DBA mit Tadschikistan an den BEPS-Mindeststandard von OECD und G20 und an den internationalen Standard zum Informationsaustausch auf Anfrage sowie die Einführung einer Missbrauchsklausel.

23.3013 Po. APK-NR. Ergänzungsbericht zur aussenwirtschaftlichen Strategie

Behandlung am Montag, 12. Juni 2023

Darum geht es
Der Bundesrat wird beauftragt, einen Ergänzungsbericht zur aussenwirtschaftlichen Strategie zu verfassen, der die wirtschaftspolitischen Auswirkungen des US-Inflation Reduction Act und des europäischen Industrieplans für den grünen Deal (Netto-Null-Industrie-Gesetz, Europäischer Souveränitätsfonds, etc.) beleuchtet – dies vor dem Hintergrund, dass die aktuelle aussenwirtschaftliche Strategie des Bundesrates diese bedeutenden jüngsten geopolitischen Entwicklungen in der Wirtschaftspolitik der USA und der EU noch nicht berücksichtigt.

Stand des Verfahrens
APK-N 14.02.23: Annahme (eine Minderheit (Büchel, Aebi, Aeschi, Grüter, Tuena) beantragt das Postulat abzulehnen)
Im Rat noch nicht behandelt

Position SwissHoldings
Mit dem Inflation Reduction Act, kurz IRA, haben die USA ein milliardenschweres Investitionsprogramm aufgesetzt, welches neben Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und einer Neuausrichtung der US-amerikanischen Wirtschaft auf erneuerbare Energien auch umfassende steuerliche Neuregelungen vorsieht. Die Reaktionen auf das US-Programm sind durchzogen. Einerseits wird der IRA begrüsst, da dieses Programm darauf abzielt, dass die USA künftig ihre Klimaziele besser erreichen kann. Es wird jedoch auch ins Feld geführt, dass diese breit angelegte Initiative der USA einen weltweiten Wettlauf um Industriesubventionen auslösen würde.
Mitte März hat die EU ihrerseits als Teil der europäischen Antwort auf den IRA den “Net Zero Industry Act” (NZIA) präsentiert. Der NZIA soll auf eine Verbesserung des regulatorischen Rahmens und der Investitionsbedingungen für “Netto-Null-Technologien” hinwirken – wie dies etwa Photovoltaikanlagen, Windräder und Wärmepumpen sind. Ziel ist es, ab 2030 mindestens 40 Prozent des jährlichen Bedarfs an klimaneutralen Technologien in Europa zu produzieren.
SwissHoldings empfiehlt Annahme des Postulates. Es ist wichtig, dass die positiven und negativen Auswirkungen und mögliche strategische Antworten dieser neuen grossangelegten Initiativen auf Ebene USA und EU für die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik und für die schweizerische Standort- und Klimaschutzpolitik sorgfältig analysiert werden.

 

Ständerat

21.019 Mehrwertsteuergesetz. Teilrevision

Behandlung am Montag, 1. Juni 2023

Darum geht es
Mit dieser Vorlage werden verschiedene parlamentarische Vorstösse im Bereich der Mehrwertsteuer umgesetzt. Im Mittelpunkt stehen die Erhebung der Mehrwertsteuer durch Versandhandelsplattformen sowie die Auskunftspflicht sämtlicher Internet-Plattformen. Weitere Elemente betreffen CO2-Emissionszertifikate, ausländische Reisebüros und Bestimmungen zur Steuervertretung. Der Katalog der Steuerausnahmen soll erweitert und neue Leistungen dem reduzierten Steuersatz unterstellt werden. Weiter sind Vereinfachungen für KMU wie die freiwillige jährliche Abrechnung sowie Massnahmen zur Betrugsbekämpfung enthalten.

Stand des Verfahrens
WAK-NR 12.04.22: Annahme ohne Gegenstimme
Die WAK-NR hat keine grundlegenden Änderungen an der Vorlage des Bundesrats vorgenommen. Es bestehen indes Minderheitsanträge zu verschiedenen Verfahrensfragen.
Sondersession 2022: Annahme der Vorlage in der Gesamtabstimmung (129:53.1)
WAK-SR 14.02.23: Annahme ohne Gegenstimme

Position SwissHoldings
Die Mehrwertsteuer wird von den Schweizer Unternehmen auf eigene Kosten und vollständig auf eigenes Risiko selbständig veranlagt. Die Abwicklung der Mehrwertsteuer ist auf Stufe Bund einer der grössten administrativen Kostenfaktoren für Schweizer Firmen. Die Situation hat massgeblich mit den zahlreichen Brüchen zu tun, die das Mehrwertsteuersystem durchziehen: Unzählige Ausnahmen, unterschiedliche Steuersätze und verschiedene Umsatzgrenzen machen das System enorm komplex. Die vorliegende Teilrevision bringt für die Unternehmen kaum Entlastungen. Seit der Totalrevision des Mehrwertsteuergesetzes von 2010 hat sich das Schweizer System laufend verkompliziert und neue Komplikationen sind auch mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf verbunden. Der vorliegende Entwurf verstärkt leider die negative Tendenz, indem neue Konsumbereiche privilegiert behandelt werden sollen. Jedes Privileg stellt einen Nachteil und eine Belastung für andere, nicht-privilegierte Bereiche dar, weil ohne Privilegien die Steuerbelastung bei gleichem Steueraufkommen tiefer sein könnte. Auch aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten ist dies die einzige vertretbare, faire Lösung. Auf neue Privilegien ist deshalb im Interesse einer breit getragenen Mehrwertsteuer, die möglichst alle Leistungen gleichbehandelt und dadurch von den leistungserbringenden Unternehmen wie von den Konsumentinnen und Konsumenten gleich akzeptiert werden kann, zu verzichten.
Wo Anpassungen und Weiterentwicklungen für erforderlich erachtet werden oder, wie im Fall der Besteuerung von Online-Plattformen, vereinzelt wünschbar sind, sollten die Regelungen so getroffen werden, dass sie sich reibungslos in die Mehrwertsteuer-Systematik einfügen. Zudem sollten die Re-gelungen für die unternehmerische Praxis möglichst rechtssicher und in der Anwendung kostengünstig sein (d.h. mit wenig Bürokratie verbunden). Wettbewerbsverzerrende Massnahmen sind zu vermeiden.
SwissHoldings unterstützt die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes. Die darin vorgesehenen Ausnahmen und Sonderregelungen für einzelne Branchen (Reisebüros, Spitex, etc.) sehen wir allerdings kritisch.

19.4313 Mo. Nationalrat (Müller Leo). Nachhaltige Finanzflüsse aufzeigen

Behandlung am Mittwoch, 31. Mai 2023

Darum geht es
Investitionen der Privatwirtschaft spielen bei der Umstellung auf eine nachhaltige Wirtschaft eine zentrale Rolle. Der Finanzsektor in der Schweiz ist in diesem Gebiet der so genannten «Sustainable Finance» bereits sehr aktiv. So wächst der hiesige Markt für nachhaltige Anlagen jedes Jahr überproportional: Das Volumen für nachhaltige Anlagen nahm gemäss einer Umfrage von Swiss Sustainable Finance (SFF) im Jahr 2021 erneut um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf über 1,9 Billionen Franken zu. Die Schweiz ist auf gutem Weg, in diesem zukunftsträchtigen Markt zum führenden Finanzplatz zu werden.
Es ist für Finanzmarktakteure – sowohl Grossinvestoren wie Banken und Pensionskassen wie auch Kleinanleger – jedoch nicht immer einfach zu entscheiden, welche Anlagen nachhaltig sind. Die Motion beauftragt den Bundesrat, in Zusammenarbeit mit den Branchen nach Möglichkeiten zu suchen, um diese Datengrundlage zu verbessern.

Stand des Verfahrens
Nationalrat 20.12.2019: Bekämpft, verschoben
Nationalrat 02.03.2020: Annahme

Position SwissHoldings
Die Motion adressiert primär den Finanzsektor. Gleichwohl gilt festzuhalten, dass die Realwirtschaft direkt von den geplanten Massnahmen betroffen ist. So sind Banken und Versicherungen darauf angewiesen, dass sie zur Erfüllung ihrer Rechenschaftspflichten auf die von den produzierenden Firmen bereitgestellten Informationen generell und die ESG-Daten im spezifischen zurückgreifen können. Erst auf Basis dieser Offenlegung der Realwirtschaft ist die angestrebte Konzeption und Steuerung der entsprechend nach Kriterien der Nachhaltigkeit ausgerichteten Anlageportfolios möglich.
Zudem gilt zu erwähnen, dass neben den Offenlegungsbestrebungen derzeit weltweit verschiedene Klassifizierungssysteme für ökologisch nachhaltige Aktivitäten (so genannte «Taxonomien») entwickelt werden – wobei diese Bestrebungen in der EU und auf anderen Finanzplätzen sehr dynamisch verlaufen. Aus Sicht des Verbandes ist es vor diesem Hintergrund zentral, dass keine Schweizer Sonderlösung geschaffen wird. Ein solcher „Swiss Finish“ würde einen immensen Aufwand für Schweizer Firmen darstellen. Viele der hiesigen Firmen mit einem starken Bezug in die EU sind bereits in kürze angehalten, die EU-Taxonomie anzuwenden. Je einheitlicher die Standards sind, desto einfacher stellt sich für diese Unternehmen deren Umsetzung dar.
Grundsätzlich vertritt der Verband die Position, dass das wichtigste Instrument zur Förderung von Sustainable Finance nicht starre Klassifizierungssysteme wie die Taxonomie, sondern die Schaffung von verbindlicher Transparenz der technischen ESG-Daten ist. Mit der Verabschiedung der Verordnung für die Klimaberichterstattung im Dezember 2022 hat die Schweiz einen wichtigen Schritt zur Standardisierung dieser Daten gemacht. Es gilt, diese Verordnung jetzt konsequent umzusetzen.
SwissHoldings unterstützt grundsätzlich die Stossrichtung der Motion. Aus Sicht des Verbandes ist es jedoch zentral, dass keine Schweizer Sonderlösung geschaffen wird. Etwaige Bemühungen zur Verbesserung der Datengrundlage im Bereich der Nachhaltigkeit sind stets koordiniert mit international abgestützten Initiativen anzustreben.

23.3448 Mo. Chiesa. Systemrelevante Unternehmen. Entscheidungen im Interesse der Schweiz gewährleisten
23.3495 Mo. Noser. Regelung über variable Vergütungen

Behandlung am Dienstag, 13. Juni 2023

Darum geht es
Gemäss der Motion Chiesa soll der Bundesrat beauftragt werden, geeignete Massnahmen zu treffen, damit die Verwaltungsräte von systemrelevanten Unternehmen Entscheidungen im Sinne der gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz fällen. Dabei soll folgende Vorgabe gelten: Die Mehrheit der Verwaltungsräte von als systemrelevant definierten Unternehmen müssen das Schweizer Bürgerrecht innehaben und ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
Gemäss der Motion Noser soll das Aktienrecht wie folgt geändert werden: Der variable Teil der Vergütung aller Mitarbeiter, die der Verwaltungsrat in eigener Kompetenz beschliessen kann, darf nicht grösser als 15 Prozent des ausgewiesenen Reingewinnes sein. Will der Verwaltungsrat eine höhere variable Gesamtvergütung, muss er diese an der Generalversammlung beantragen und begründen. Insbesondere soll er transparent darlegen, wie der höhere Betrag auf die verschiedenen Stufen der Mitarbeiter zugeteilt wird. Bei systemrelevanten Unternehmen muss der grosse Teil der variablen Vergütung langfristig, und zwar abgestuft, aufgeschoben werden. Dieser Aufschub soll für das untere Kader mindestens 3 Jahre betragen, und dann gestuft bis zur Geschäftsleitung erhöht werden, bei der es mindestens 10 Jahre sein müssen. Bei einer Sanierung verfallen alle aufgeschobenen variablen Vergütungen, die länger als 3 Jahre aufgeschoben sind.

Stand der Verfahren
Einreichungsdatum der Motion Chiesa: 11.4.2023; im Rat noch nicht behandelt.
Einreichungsdatum der Motion Noser: 12.4.2023; im Rat noch nicht behandelt.

Position SwissHoldings
Aus Sicht von SwissHoldings sind beide Motionen sehr problematisch und zwar insbesondere aus den folgenden Gründen:

  • Keine zusätzliche überhastete Regulierung für die gut funktionierenden Industrie- und Dienstleistungsunternehmen wegen des Credit Suisse Falles in der Finanzbranche: Aus unserer Sicht ist es wichtig, nun, nach dem Fall Credit Suisse Ruhe zu bewahren und den Fall aufzuarbeiten. Probleme, die sich in der Finanzbranche zeigen, sollen in dieser geregelt werden und es soll nicht überschiessend und überhastet auch gleich die Realwirtschaft mit einer zusätzlichen Regulierung belastet werden.
  • Unnötigkeit der Vorstösse, insbesondere soweit sie (via Aktienrecht) die Realwirtschaft betreffen: Beide Motionen sind aus unserer Sicht unnötig, insbesondere soweit sie wie vorgesehen über das Aktienrecht auch die Realwirtschaft betreffen. Die Schweiz hat ein gut funktionierendes und kürzlich totalrevidiertes Aktienrecht und dieses wird namentlich ergänzt durch den Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance, welcher Bestimmungen im Themenbereich der beiden Motionen enthält. Nun mit einer starren Zusatzregulierung die Realwirtschaft zu belasten würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen sowie letztlich auch der Schweiz als Unternehmensstandort mindern.
    Betreffend die Motion Noser zu den variablen Vergütungen ist spezifisch zu bemerken, dass variable Vergütungen durchaus viele Vorteile mit sich bringen. Zu nennen ist neben weiteren Vorzügen, dass Systeme mit Gewinnbeteiligungen insgesamt für einen Interessenausgleich zwischen Eigentümern, Unternehmen und Mitarbeitenden führen. Auch zu bemerken ist, dass ein System der Gewinnbeteiligung den Mitarbeitenden namentlich auch Wertschätzung vermittelt.
    Betreffend die Motion Chiesa ist spezifisch festzuhalten, dass es tunlichst zu vermeiden ist, eine Quote einzuführen, welche auf die Nationalität abstellt und damit Kriterien wie Kompetenz, Fachwissen, Unabhängigkeit, Erfahrung etc. in den Hintergrund drängt. Es gibt im Übrigen auch keinen empirischen Nachweis, dass Verwaltungsräte dann ein Unternehmen verantwortungsvoller oder mit mehr Weitsicht führen würden, wenn sie das Schweizer Bürgerrecht und Schweizer Wohnsitz haben.
  • Keine weiteren Eingriffe in das Aktienrecht, nachdem es gerade eben totalrevidiert worden ist: Auch ist zu beachten, dass das Aktienrecht eben erst totalrevidiert worden ist. Es nun gleich wieder für alle Gesellschaften anzupassen wegen des Credit Suisse Falles in der Finanzbranche ist aus unserer Sicht unbedingt zu vermeiden und würde zu Verunsicherung – auch international – führen.
  • Keine systemrelevanten Unternehmen, sondern zu Recht nur systemrelevante Banken, welche zu Recht spezialgesetzlich geregelt sind: Beide Vorstösse nehmen ganz oder zum Teil auf die Systemrelevanz von Unternehmen Bezug. Hierzu ist zu beachten, dass es keine eigentlichen systemrelevanten Unternehmen, sondern zu Recht lediglich systemrelevante Banken gibt. Für diese gibt es bereits ein TBTF-Gesetz, welches als Spezialgesetz ausgestaltet ist. Ein «Spill-over» in die Realwirtschaft und in das Aktienrecht ist wie oben dargelegt strikte abzulehnen.

Entsprechend empfehlen wir, beide Motionen abzulehnen.

23.3224 Mo. Français. Institutionelle Reform der Wettbewerbskommission

Behandlung am Mittwoch, 14. Juni 2023

Darum geht es
Der eingereichte Text der Motion lautet folgendermassen: Die Zivilgesellschaft erhebt scharfe Kritik an der Funktionsweise der Wettbewerbskommission (WEKO); insbesondere äussert sie Kritik an der Kommunikation, der Zurückhaltung in Verdachtsfällen, der Nichteinhaltung der Unschuldsvermutung gegenüber Verdächtigen, der Dauer der Verfahren, der Bereitschaft usw. Darum ist es notwendig, die Struktur der Kommission, ihre Vorrechte und auch ihre Mittel zu überprüfen. Eine funktionale Trennung ihrer Rollen als Anklägerin und als Richterin ist sicherzustellen.

Stand des Verfahrens
Einreichungsdatum der Motion: 16.3.2023; im Rat noch nicht behandelt.

Position SwissHoldings
Die heutigen Administrativverfahren im Schweizer Kartellrecht leiden unseres Erachtens an gravierenden rechtsstaatlichen Mängeln, die es zu eliminieren gilt. Namentlich sind die Folgenden zu nennen:

  • Fehlende Gewaltenteilung allgemein: Der zentrale rechtsstaatliche Mangel besteht in der fehlenden Gewaltenteilung zwischen Untersuchungs- und Entscheidinstanz.
  • Insbesondere problematische fehlende Trennung zwischen Sekretariat und WEKO: Eigentlich sollte die Weko als Entscheidungsbehörde auftreten und das Sekretariat als Untersuchungsbehörde. Die institutionelle faktische Trennung beider Organe ist jedoch unzureichend. Sie agieren nicht unabhängig voneinander; ein faires gerichtliches Verfahren kommt damit nicht zustande. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass das Sekretariat, der Ankläger, in jedem Verfahrensschritt anwesend ist, selbst bei der Urteilsfindung. Die betroffenen Firmen können jedoch anders als das untersuchende und anklagende Sekretariat der WEKO an den entscheidenden Sitzungen der Kommission nicht mitwirken. Weiter ist das Sekretariat für die Eröffnung einer Untersuchung gemäss Gesetz auf die Zustimmung eines Mitgliedes im Präsidium der WEKO angewiesen; die Eröffnung muss gemäss Art. 27 KG im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums erfolgen. Auch kann die WEKO gemäss Art. 30 Abs. 2 KG z.B. eine Anhörung beschliessen und das Sekretariat mit zusätzlichen Untersuchungsmassnahmen beauftragen. Insgesamt ergibt sich das Bild einer Verwaltungsbehörde, in der die Aufgaben und das Personal von Sekretariat und Wettbewerbskommission unzureichend voneinander getrennt sind.
  • Strukturell bedingte mangelhafte kritische Hinterfragung der Untersuchungsbehörde durch die Entscheidbehörde trotz hoher Bussenandrohungen: Angesichts der hohen Bussenandrohungen ist eine unabhängige Hinterfragung der Sanktionierung notwendig, doch ohne entsprechende Gewaltenteilung nur sehr schwer möglich. Eine institutionelle Trennung der Untersuchung von der Entscheidungsfindung würde offensichtlich dazu führen, dass eine Sanktionierung der untersuchten Verhaltensweisen kritischeren Massstäben genügen muss als denjenigen der zwangsläufig befangenen Untersuchungsinstanz.
  • Faktischer Zwang von Unternehmen, auf ein gerichtliches Verfahren zu verzichten: Die Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, sind oft gezwungen, in eine Zwischenverfügung der Weko einzuwilligen und verpflichten sich damit, ihre Verhalten zu ändern, selbst wenn ihr Verhalten legal gewesen ist. Ein gerichtliches Verfahren wird so im Keim erstickt. Dieser Zwang der Unternehmen ergibt sich nicht nur aufgrund von Kostenfragen allgemein, sondern auch durch den folgenden Umstand: Die Weko publiziert, sobald sie eine Untersuchung eröffnet, die Namen der angeklagten Unternehmen. Die Unternehmen wissen vor dem Hintergrund des oben beschriebenen Problems der fehlenden Gewaltenteilung ohne «Waffengleichheit» zwischen Unternehmen und Untersuchungsbehörde vor einer unabhängigen Entscheidinstanz, dass sie sich auf ein schwieriges Verfahren einstellen müssen. Es ist entsprechend im Interesse der jeweiligen Unternehmen, dass das Verfahren möglichst schnell wieder abgeschlossen ist, selbst wenn sie eventuell überzeugt sind, dass sie im Ergebnis Recht bekommen würden. Hinzu kommt, dass Verfahren eine lange Zeit dauern, bis sie abgeschlossen sind, was den Druck auf die Unternehmen noch verstärkt. Eine teilweise Abhilfe können betreffend diesen letzteren Umstand zwar Massnahmen zur Verfahrensbeschleunigung, wie zum Beispiel die Festlegung verbindlicher Fristen (immer unter Beachtung der Rechtsstaatlichkeit) schaffen. Sie allein lösen dieses spezifische Problem jedoch nicht an der Wurzel.
  • Spannungsfeld mit Art. 6 EMRK und Art. 30 BV beim Sanktionsverfahren: Art. 6 EMRK sowie Art. 30 BV sind auf das Sanktionsverfahren gemäss Art. 49a KG anwendbar und entsprechend müssen die in diesen Garantien enthaltenen Anforderungen erfüllt sein, insbesondere die Beurteilung durch ein unabhängiges und unparteiliches Gericht. Die WEKO wird gemäss der Rechtsprechung jedoch nicht als richterliche Behörde anerkannt (BGE 138 I 154, E 2.7., S. 158). Eine Heilung dieses Mangels kann gemäss Bundesgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erst im Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht geheilt werden, welchem die volle Kognition zukommt. Gerade dieser Weg ist jedoch wie oben beschrieben mit vielen Hürden verbunden, weshalb dieser Mangel faktisch nicht immer geheilt werden kann.

Entsprechend ist es sehr wichtig, dass im Kartellrecht eine Institutionenreform mit einer konsequenten Trennung zwischen Untersuchungs- und Entscheidebene durchgeführt wird.

 

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