Der Bundesrat hat heute auf Basis eines Berichtes evaluiert, inwiefern sich für die Schweiz ein Anpassungsbedarf infolge der dynamischen Entwicklungen im EU-Recht im Bereich der nachhaltigen Unternehmensführung ergibt. Das Gremium hat in Folge entschieden, bis spätestens im Juli 2024 eine Vernehmlassungsvorlage zur Prüfung der Anwendbarkeit der neuen EU-Regeln für das ESG-Reporting zu erarbeiten. Im Bereich der Sorgfaltspflichten soll jedoch noch zugewartet werden. SwissHoldings begrüsst diesen Entscheid. Es ist zwar richtig, dass die EU ein neues Gesetz zur Überwachung der Risiken in den Wertschöpfungsketten plant. Jedoch zeigen sich die Konturen dieser Regulierung erst in Ansätzen.

Die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI) wurde im Jahr 2020 an der Urne abgelehnt. Massgeblich für die Ablehnung waren die sehr weitgehenden Haftungsbestimmungen der Initiative, welche international nicht abgestimmt waren. Die Wirtschaft hat dies mit Erleichterung zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig wurde der Weg freigemacht für den breit abgestützten Gegenvorschlag. Dieser orientierte sich mit seinen Pflichten für die Nicht-Finanzielle-Berichterstattung und den sektorspezifischen Sorgfaltspflichten am aktuellen Stand der Gesetzeslage der EU – bezüglich Kinderarbeit ging er darüber hinaus.

Die EU hat Anfang dieses Novembers eine Weiterentwicklung ihrer Nicht-Finanziellen-Berichterstattungspflichten verabschiedet. Der Bundesrat hat aus Sicht des Verbandes heute folgerichtig entschieden zu prüfen, wie weit diese neuen Regeln auch in der Schweiz direkt angewendet werden sollen. Eine indirekte Auswirkung der Regeln wird sich auf Unternehmen aus Drittstaaten, die in der EU tätig sind und über EUR 150 Mio. Umsatz in der EU erzielen, im Jahr 2028 ergeben.

Überprüfung soll auf Basis einer gefestigten Praxis erfolgen
Die SwissHoldings Mitgliedsfirmen haben jüngst erhebliche Anstrengungen unternommen, um die neuen Berichtspflichten gemäss Gegenvorschlag zu implementieren. Hinzu kommt, dass unsere Mitglieder aktuell zusätzlich gefordert sind, die neuen Bestimmungen der jüngst diesen November verabschiedeten Vollzugsverordnung zur Klimaberichterstattung («TCFD») in ihre Berichterstattung zu integrieren. Die Wirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zu leisten, muss nun aber mit diesen neuen Regeln erst Erfahrungen sammeln. Entscheidend ist vor diesem Hintergrund, dass die angekündigte Vorlage des Bundesrates die Schweizer Unternehmen in materieller wie zeitlicher Sicht nicht überfordert.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die neue EU-Richtlinie nicht nur die Berichtspflichten für die Firmen erheblich erweitert, sondern auch neue Anforderungen an die Infrastruktur der Berichterstattung und ihrer Einbettung in den übergeordneten Kontext allgemein stellt – wobei diesbezüglich noch viele Fragen offen sind. So ist die Etablierung neuer europäischer Nachhaltigkeitsberichtsstandards vorgesehen, welche die bisher von den Firmen verwendeten internationalen Reporting-Leitfäden wie die Global Reporting Initiative (GRI) ablösen sollten. Ebenfalls noch nicht abschliessend geklärt ist zudem die Verbindung der neuen Berichtsregeln mit weiteren EU-Regelwerken zur Nachhaltigkeit, insbesondere zur Taxonomie-Verordnung.

Kein Vorpreschen im Bereich der Sorgfaltsprüfung
Es ist Stand heute noch offen, wie im europäischen Ausland die Sorgfaltsprüfungs-Prozesse im Bereich der «Konzernverantwortung» geregelt werden. Politbeobachter gehen davon aus, dass sich frühestens in den nächsten eineinhalb Jahren die Konturen der neuen Regulierung zeigen dürften. Dieser Zeitrahmen erlaubt es der Schweiz, zur gegebenen Zeit eine Anpassung ihrer Gesetze im Sinne der Eckwerte der entsprechenden EU-Richtlinie zu prüfen. Der Verband begrüsst, dass der Bundesrat diese Einschätzung teilt. Eine regulatorische Lücke wird – anders als derzeit von gewissen Organisationen ins Feld geführt – nicht entstehen, weil Schweizer Unternehmen, die in der EU tätig sind, ab einer gewissen Grösse infolge der Drittstaatenregelung künftig direkt von den EU-Bestimmungen erfasst werden.

Für Auskünfte:
Denise Laufer │ Mitglied der Geschäftsleitung SwissHoldings│ 076 407 02 48
Pascal Nussbaum │ Leiter Kommunikation & Public Affairs SwissHoldings│ 079 798 52 40

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