Martin Hess

Leiter Steuern, Mitglied der Geschäftsleitung
SwissHoldings

Die Verrechnungssteuer schmälert die Attraktivität des Schweizer Kapitalmarkts. Insbesondere bei Zinsanlagen stellt sie ein wirtschaftspolitisches Hindernis dar, das dazu führt, dass die Schweizer Konzerne ihre Finanzierung nicht in der Schweiz ausüben. Der Bundesrat hat dieses Problem erkannt. Nun gilt es die angestossene Reform mit ihrem äusserst günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis trotz Corona-Krise rasch voranzutreiben.

Letzten Freitag hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Verrechnungssteuerreform eröffnet. Ziel des Bundesrats ist es, den Fremdkapitalmarkt Schweiz zu stärken und insbesondere Schweizer Konzerne zu veranlassen, ihre Obligationen möglichst hier zu emittieren. Hierfür sollen die bestehenden Hindernisse beseitigt werden. Entsprechend will der Bundesrat, dass inländische juristische Personen und ausländische Anleger von der Verrechnungssteuer auf Zinsanlagen (z.B. Obligationen) befreit werden. Schweizer Konzerne sollen ihre Anleihen künftig verrechnungssteuerfrei aus der Schweiz begeben können. Gleichzeitig entfallen damit auch die bestehenden Restriktionen zur Verwendung der Mittel aus Auslandobligationen in der Schweiz. Um Schweizer Obligationen attraktiver zu machen, sollen diese auch von der Umsatzabgabe befreit werden. Abgelehnt hat der Bundesrat hingegen das Anliegen von SwissHoldings im Zuge der Verrechnungssteuerreform auch die Mängel beim Beteiligungsabzug in Zusammenhang mit Schuldzinsen zu beseitigen. Vgl. dazu Medienmitteilung von SwissHoldings vom 27. September 2019. Dieser Entscheid von Ende September kam für SwissHoldings eher überraschend, konnten wir doch aufgrund von konkreten Steuerberechnungen einer grossen Zahl von Mitgliedunternehmen aufzeigen, dass die geplante Beseitigung des Mangels für den Schweizer Fiskus innert 2-3 Jahren zu Mehreinnahmen führt.

 

Neue Transferpreis-Richtlinien der OECD als Herausforderung

Im Februar 2020 hat die OECD die Besteuerungsregeln für die Konzernfinanzierung grundlegend angepasst. Die Anforderungen an Finanzierungsgesellschaften punkto Personalausstattung, Risikotragung und Funktionen wurden massiv erweitert. Werden die Anforderungen nicht erfüllt, darf die Finanzgesellschaft von ihren zahlreichen Schwestergesellschaften nur noch den sogenannten risikolosen Zinssatz verlangen – was für die Finanzgesellschaft rasch in Verlusten münden kann.

Die heutige Verrechnungssteuer zwingt bekanntlich zahlreiche Schweizer Konzerne ihre Finanzierung über ausländische Finanzgesellschaften abzuwickeln. Mit den neuen OECD-Anforderungen müssen die Unternehmen entweder ihre Finanzierungsfunktionen vom Ausland in die Schweiz holen (wo die neuen Anforderungen leicht erfüllt werden können) oder die Konzerne statten ihre ausländischen Finanzgesellschaften rasch mit zusätzlicher Substanz (Personal, Funktionen) aus. Soll die Finanzierung künftig in der Schweiz ausgeübt werden, sind die Schweizer Konzerne darauf angewiesen, dass die Verrechnungssteuerreform von Bundesrat und Parlament zügig umgesetzt wird.

 

Verrechnungssteuerreform trotz Corona-Krise rasch abschliessen

Aufgrund der neuen Transferpreis-Richtlinien der OECD hat für die Schweizer Konzerne die Bedeutung und die Dringlichkeit der Verrechnungssteuerreform deutlich zugenommen. Schweizer Konzerne wollen künftig sämtliche ihrer Darlehen an ausländischen Konzerngesellschaften aus der Schweiz, am besten aus der Schweizer Topholding oder dem Schweizer Stammhaus gewähren können. Für SwissHoldings ist deshalb zentral, dass ein Scheitern der Verrechnungssteuerreform vermieden wird und die Reform zügig umgesetzt werden kann. Dies gilt vor dem Hintergrund der Corona-Krise umso mehr.

Scheitert die Reform werden die Unternehmen ihre Tätigkeiten bei den ausländischen Finanzgesellschaften massiv ausbauen müssen.

 

Zahlreiche Vorteile der Reform für die Schweiz

Gelingt die Reform der Verrechnungssteuer, profitiert die Schweiz in verschiedener Hinsicht: Schweizer Konzerne werden ihre Finanzierungstätigkeiten vom Ausland in die Schweiz verschieben. Konzerndarlehen werden als Folge aus der Schweiz vergeben und die Zinsdifferenz zwischen Aktiv- und Passivdarlehen wird künftig dem Schweizer Fiskus zugutekommen. Die grossen Firmen werden ihre Anleihen vermehrt aus einer Schweizer Einheit begeben, die Anleihen an der SIX kotieren und bei diesen Schweizer Recht anstelle von Englischem Recht anwenden. Gelingt es zudem den Beteiligungsabzug (Schuldzinsenverlegung) im Rahmen der Reform leicht zu modifizieren, werden die Topholdings direkt an den Kapitalmarkt gelangen können. Fremdwährungsobligationen dürften häufiger auf dem Schweizer Kapitalmarkt begeben werden und auch mittelgrossen Unternehmen mehr Optionen für die Finanzierung eröffnen. Generell dürften mittelgrosse Schweizer Unternehmen häufiger (günstige) Obligationen ausgeben und die Bedeutung von (teureren) Bankkrediten abnehmen (Vorbild USA). Auch ausländische Firmen werden aus der Schweiz heraus Anleihen begeben und ihre Tresorie- und Kapitalmarktfunktionen hier konsolidieren können. Die Reform stärkt somit den Schweizer Kapitalmarkt und den Konzernstandort Schweiz. Darüber hinaus beschert sie dem Fiskus Mehreinnahmen und den Schweizer Banken und Anwälten neue Aufträge. Die Reform wird auch die Steuersicherung verbessern. Im Unterschied zur geltenden Rechtslage wird die neue Verrechnungssteuer die Hinterziehung von Zinseinkünften wirksam bekämpfen. Steuerpflichtige werden es sich gut überlegen müssen, ob es nicht besser wäre, ihre Zinseinkünfte gegenüber den Steuerbehörden vollumfänglich zu deklarieren. Dank ihres günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnises sollte die Verrechnungssteuerreform trotz der Corona-Krise zügig umgesetzt werden.

 

Weitere Informationen finden Sie im Dossier Verrechnungssteuerreform von SwissHoldings.

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