Die Einführung des Konzepts der relativen Marktmacht ist ungeeignet, um gegen die sog. «Hochpreisinsel Schweiz» vorzugehen. Das Kartellrecht muss weiterhin den Schutz des wirksamen Wettbewerbs bezwecken und nicht die Beeinflussung der Preisgestaltung von Unternehmen oder die Anordnung von Liefer- und Kontrahierungspflichten. SwissHoldings lehnt daher sowohl die Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» wie auch den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats ab.
An seiner heutigen Sitzung überwies der Bundesrat die Botschaft zur Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» und zum indirekten Gegenvorschlag ans Parlament. Die Fair-Preis-Initiative will die gesetzlichen Grundlagen schaffen, um die häufig praktizierte internationale Preisdiskriminierung von Nachfragern aus der Schweiz zu bekämpfen. Hierzu sieht die Initiative die Einführung des Konzeptes der relativen Marktmacht vor. Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats geht zwar etwas weniger weit als die Initiative, basiert aber ebenfalls auf dem Konzept der relativen Marktmacht und bringt daher einen Widerspruch zur verfassungsrechtlich garantierten Wirtschaftsfreiheit mit sich, ohne dass dies durch den ebenfalls verfassungsmässig vorgesehenen Schutz des Wettbewerbs gerechtfertigt wäre. SwissHoldings lehnte beide Vorschläge bereits im Vernehmlassungsverfahren in unserer Stellungnahme aus grundsätzlichen und aus rechtlichen Überlegungen ab. Beide Vorschläge sind ungeeignet, um gegen die «Hochpreisinsel» vorzugehen.
Die Probleme der «Hochpreisinsel» liegen jenseits des Kartellrechts
SwissHoldings hat zwar gewisses Verständnis für das Ziel sowohl der Volksinitiative als auch des indirekten Gegenvorschlags des Bundesrates, die im Vergleich zum EU-Ausland hohen Konsumentenpreise in der Schweiz zu senken. Sowohl die Initiative als auch der indirekte Gegenvorschlag sind unserer Ansicht nach jedoch ungeeignet, dem Phänomen der «Hochpreisinsel Schweiz» wirksam zu begegnen. Insbesondere lassen sich die Gründe für die sog. «Hochpreisinsel Schweiz» in keiner Weise auf kartellrechtsrelevantes Verhalten zurückführen. Die eigentlichen Gründe für die «Hochpreisinsel Schweiz» liegen ausschliesslich jenseits der Regelungsbereiche des Kartellrechts (u.a. staatliche Handelshemmnisse, Schweizer Löhne und Mieten, Zölle), weshalb die Initiative und der indirekte Gegenvorschlag nicht greifen würden.
Beide Vorschläge schaffen Rechtsunsicherheit für Schweizer Konzerne mit Tochterunternehmen im Ausland
Der indirekte Gegenvorschlag greift auch unter Rechtsschutzgesichtspunkten zu kurz. Er unterwirft ausländische Tochterunternehmen von Schweizer Konzernen dem Kartellgesetz, auch wenn diese faktisch autonom arbeiten und in ihrer Geschäftstätigkeit bisher keine oder nur sporadische Lieferbeziehungen zur Schweiz haben. Dasselbe gilt allgemein für ausländische Unternehmen ohne bisherige Berührung zur Schweiz. Der indirekte Gegenvorschlag verletzt zwar keine internationalen Verpflichtungen der Schweiz, schweigt jedoch zu der Frage, in welchen Konstellationen ein die Anwendbarkeit des Kartellgesetzes auslösender Nexus zur Schweiz vorliegt. Hierdurch legt er Unternehmen im Ausland unverhältnismässige rechtliche Risiken auf.