Die Schweiz konzentrierte sich bisher darauf, die Bevölkerung vor dem Corona-Virus zu schützen und die negativen wirtschaftlichen Effekte aufgrund von Lockdowns etc. abzufedern. Dieser Fokus ist richtig. Dennoch müssen bereits heute die Weichen für einen raschen Schuldenabbau gestellt werden. Steuerreformen, die unseren Wirtschaftsstandort stärken, werden hierfür einen wichtigen Beitrag leisten.
Die aktuelle Corona-Pandemie zwingt Bund und Kantone gewaltige Geldsummen in die Hand zu nehmen, um die Bevölkerung vor dem Virus zu schützen, von den Pandemiemassnahmen betroffene Unternehmen vor dem Konkurs zu retten und Arbeitsplätze zu erhalten. Die daraus resultierenden neuen Staatsschulden sind problematisch, aber politisch und gesellschaftlich wohl unvermeidbar. Angesichts des hohen Durchschnittsalters der Bevölkerungsschichten, welche mit den einschränkenden Corona-Massnahmen primär geschützt werden, sollten die Schulden nach maximal fünfzehn Jahren wieder abgebaut und nicht einfach jüngeren Generationen aufgebürdet werden. Auch sie werden noch mit neuen Krisen, allenfalls sogar mit schlimmeren Pandemien, konfrontiert werden und dabei wiederum gewaltige Geldsummen aufwerfen müssen. Zudem werden aktuell die Mittel nicht für Investitionen verwendet, von denen auch jüngere Generationen profitieren.
Trotz raschem Schuldenabbau dürfen Steuerreformen nicht verzögert werden
Dass die Corona-Schulden wieder abzubauen sind, findet auch in der Politik Unterstützung. Der Schuldenabbau wird deshalb die Schweizer Finanzpolitik der kommenden Jahre massgebend prägen. Ein Ausgabenwachstum – wie in den letzten zehn Jahren – finanziert über ständig wachsende Unternehmenssteuern und Verrechnungssteuern aus Gewinnausschüttungen von Unternehmen, wird sich insbesondere der Bund nicht leisten können. Auch Steuersenkungen, egal ob für natürliche Personen oder für Unternehmen dürften es angesichts des angestrebten Schuldenabbaus schwer haben. Das heisst aber nicht, dass keine Steuerreformen an die Hand genommen werden sollten. Reformen, welche die Wettbewerbsfähigkeit stärken, Wirtschaftswachstum erzeugen und die Steuereinnahmen wachsen lassen, sollten sogar noch stärker vorangetrieben werden. Die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz sollte ein Teil der Lösung des Problems sein und deshalb nicht nur erhalten, sondern möglichst verbessert werden. In der Vergangenheit führten solche Verbesserungen regelmässig zu höheren Steuereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden. Büsst die Schweiz demgegenüber an steuerlicher Wettbewerbsfähigkeit ein, beispielsweise indem sie Steuererhöhungen beschliesst, werden innert weniger Jahre auch die sehr hohen Steuerzahlungen der internationalen Unternehmen markant zurückgehen. Im Hinblick auf den Abbau der Corona-Schulden ist dies unbedingt zu vermeiden. Die Verrechnungssteuerreform sowie die Abschaffung der Emissionsabgabe würden den Schweizer Standort nachhaltig stärken. Die Vorteile dieser zwei Reformen hat der Bundesrat sogar im Höhepunkt der zweiten Corona-Welle im November 2020 als wichtig bezeichnet und deshalb seine volle Unterstützung erklärt. Eine weitere Reform (Abschaffung der Umsatzabgabe) fand angesichts der damit verbundenen Mindereinnahmen in Milliardenhöhe keine Unterstützung. Die Wirtschaft wird sich in diesem Punkt Gedanken machen müssen, wie die Umsatzabgabe umgestaltet werden kann, damit den Interessen von Wirtschaft und Staat besser Rechnung getragen wird.
Die Verrechnungssteuerreform stärkt die Wirtschaft im schwierigen Umfeld
Im zweiten Quartal 2021 sollte der Bundesrat die Botschaft zur Verrechnungssteuerreform präsentieren. Sie macht den international unbedeutenden Schweizer Fremdkapitalmarkt endlich wettbewerbsfähig und wird nicht nur den Schweizer Finanzplatz, sondern auch die Realwirtschaft stärken. Neben Einschätzungen von Branchenexperten belegt auch die vom Bund in Auftrag gegebene Studie positive Effekte auf die Schweizer Volkswirtschaft. Gemäss Studie hat die Reform für Bund, Kantone und Gemeinden auch ein besonders vorteilhaftes Kosten/Nutzen-Verhältnis. Mit anderen Worten dürfte sich die Reform für den Fiskus bereits nach wenigen Jahren auszahlen.
Die Emissionsabgabe verteuert die Eigenkapitalaufnahme und sollte deshalb abgeschafft werden
Die Abschaffung der Emissionsabgabe auf dem Eigenkapital wird Unternehmen, die aufgrund von Corona Verluste hinnehmen mussten, dabei unterstützen, neues verlustabsorbierendes Eigenkapital bei den Aktionären (und nicht beim Staat) zu beschaffen. Genügend Eigenkapital ist auch nötig, um Investitionen zu tätigen und neue Geschäftsbereiche zu erschliessen, welche dann in Zukunft hohe Gewinne und damit auch hohe Einnahmen für den Fiskus ermöglichen. Die Abschaffung würde zudem Investitionen in der Schweiz gegenüber solchen im Ausland begünstigen und somit Arbeitsplätze schaffen.
Risiken von globalen Steuerprojekten nicht ausser Acht lassen
Nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf internationaler Ebene sind Reformen im Gange. Diese werden getrieben vom internationalen Kampf um Steuersubstrat, der sich aufgrund der Corona-Schulden noch verschärfen dürfte. Ein für die Schweiz gefährliches Projekt ist das OECD-Projekt zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft mit seinen zwei Pfeilern (Pfeiler 1: Stärkere Besteuerung insbesondere der Digitalkonzerne in den Marktstaaten; Pfeiler 2: Einführung internationaler Mindestbesteuerungsvorgaben). Insbesondere die Mindestbesteuerungsregeln gefährden direkt die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz und es muss alles dafür getan werden, dass der globale Mindeststeuersatz moderat ausfällt. Wird der Satz beispielsweise auf 15 Prozent oder höher festgelegt, muss sich die Schweiz auf eine markante Zunahme von Funktionsauslagerungen einstellen und der Abbau der Corona-Schulden dürfte mit schmerzhaften Budgetkürzungen verbunden sein. Wird der Mindeststeuersatz hingegen auf 11 Prozent festgelegt, was aktuell eher unwahrscheinlich ist, dürfte der Standort Schweiz an Konkurrenzfähigkeit zulegen.
Die Schweiz muss bei diesem Projekt weiterhin intensiv mitwirken und auf eine multilaterale Regelung hinarbeiten. Eine solche ermöglicht gleich lange Spiesse, schafft Rechts- und Planungssicherheit und vermindert die wirtschaftliche Abschottung einzelner Staaten. Auch möglichen Handelskriegen wird dadurch entgegengewirkt.
Während Pfeiler 1 aktuell noch umfassend überarbeitet werden muss, könnten die Mindestbesteuerungsvorgaben (Pfeiler 2) bereits im Sommer dieses Jahres beschlossen und rasch international implementiert werden. Um finanzielle Nachteile für Bund und Kantone abzuwenden, wird sich die Schweiz ebenfalls an die rasche Umsetzung machen müssen. Vorher sollten die Schweizer Behörden allerdings noch darauf hinwirken, dass die aktuellen Vorschläge im Rahmen der OECD-Arbeiten vereinfacht und den Interessen des Standorts Schweiz besser Rechnung getragen wird.
- Weitere Informationen zur Verrechnungssteuer finden Sie im SwissHoldings Dossier Verrechnungssteuerreform.
- Weitere Informationen zu den Arbeiten der OECD finden sie im SwissHoldings Dossier Digitalbesteuerung.