Der Nationalrat beschloss an der heutigen Nachmittagssitzung an seinem ursprünglichen Gegenvorschlag zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative festzuhalten. Damit schafft er eine signifikante Differenz zum Ständerat, der mit seinem Gegenvorschlag ein international abgestimmtes Vorgehen verfolgt, ohne dabei die schädliche Haftungsmechanik der Initiative zu übernehmen. Der Gegenvorschlag geht nächsten Montag zur Differenzbereinigung zurück in den Ständerat.

Der heute vom Nationalrat mit 102 zu 91 Stimmen bei 4 Enthaltungen beschlossene Gegenvorschlag nimmt mit der vorgesehenen Beweislastverteilung, der umfassenden und nicht klar definierten Sorgfaltsprüfungspflicht sowie des grossen Anwendungskreises die gefährlichsten Elemente der Initiative direkt auf und wird von SwissHoldings deshalb abgelehnt. Ein dadurch möglicher Rückzug der Initiative steht in keinem Verhältnis zum Preis, den kleine und grosse Unternehmen am Standort Schweiz dafür zahlen müssten:

  1. Der heute vom Nationalrat beschlossene Gegenvorschlag sieht eine verschuldensunabhängige Haftung für das Verhalten von Dritten vor. Der Verschuldensnachweis des Klägers wird dabei durch den schwierig zu führenden Entlastungsbeweis des Beklagten ersetzt. Gleichzeitig wird so ein Gerichtsstand in der Schweiz für Vorgänge im Ausland zwischen ausländischen Parteien geschaffen. Dies stellt für Schweizer Unternehmen einen toxischen Mix dar. Die Unternehmen müssten künftig im Prozess Beweise für entlastende Tatsachen erbringen, die sich im fernen Ausland ereignet haben – Beweise, die rechtshilfeweise kaum erhältlich sind. Damit haben sie vor Gericht kaum Chancen, ihre Unschuld zu beweisen. In Frankreich wurde eine weniger weit gehende Regelung im Jahre 2017, als über die so genannte «Loi de Vigilance» beraten wurde, abgelehnt.
  2. Der heute vom Nationalrat beschlossene Gegenvorschlag geht bedeutend weiter als die entsprechenden UN-Leitlinien. Die Vorlage sieht vor, dass Schweizer Unternehmen künftig selbst (!) sicherstellen müssten, dass die Menschenrechte und die relevanten Umweltstandards durch all ihre Kunden, Zulieferer und Geschäftspartner weltweit eingehalten werden. Die UN-Leitlinien sehen von einer absolut formulierten Sorgfaltsprüfung ab. Die in den Leitlinien vorgesehene Sorgfaltsprüfung fällt mit der «seek to prevent or mitigate»-Formulierung denn auch deutlich differenzierter aus als das Wording «sicherstellen» im Gegenvorschlag.
  3. Der heute vom Nationalrat beschlossene Gegenvorschlag betrifft 4’000-10’000 Unternehmen in der Schweiz und hat damit weitreichende Implikationen für den Wirtschaftsstandort. Die Regulierung in Frankreich betrifft beispielsweise gerade einmal 150-200 Unternehmen. Angesichts der deutlichen Bedenken aus Wirtschaftskreisen wäre es unverzichtbar gewesen, eine Regulierungsfolgenabschätzung vorzunehmen. Das ist aber nie geschehen.

 

Nein zur extremen Unternehmens-Verantwortungs-Initiative

Die dem indirekten Gegenvorschlag zugrundeliegende Volksinitiative «für verantwortungsvolle Unternehmen» wurde vom Bundesrat im September 2017 zur Ablehnung empfohlen. Der Ständerat folgte dieser Empfehlung in der Frühjahrssession 2019. Auch der Nationalrat beschloss heute mit 105 zu 83 Stimmen bei 9 Enthaltungen, die Initiative Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. SwissHoldings nimmt von diesem wichtigen Signal erfreut Kenntnis. Die Volksinitiative verfehlt ihr Ziel und hätte weitreichende soziale, ökonomische, rechtliche und staatspolitische Probleme zur Folge. Die Initiative führt zu einem Schweizer Alleingang und ist ein gefährliches Experiment für unseren Standort. Sie verkennt die Komplexität der internationalen Wirtschaft gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern und führt dazu, dass die neuen Auflagen vertraglich an Lieferanten delegiert werden. Diese eindimensionale Verrechtlichung behindert Entwicklung und Fortschritt und führt in eine Sackgasse. Dadurch wird dem eigentlichen Ziel der Initiative mehr geschadet als genützt.

 

Weitere Informationen zur Konzern-Initiative finden Sie im Dossier Konzern-Initiative von SwissHoldings.

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