Editorials, Steuern

emissionsabgabe abschaffen

Dr. Gabriel Rumo

Direktor
SwissHoldings

Immer noch schüttelt die Corona-Krise die Weltwirtschaft durcheinander. Es ist richtig, dass sich die Schweizer Politik aktuell auf die Bewältigung der Pandemie sowie deren negativen Auswirkungen konzentriert. Dazu gehört auch die Beseitung einer in Wirtschaftskrisen besonders schädlichen Steuer. Finanzielle Aufwendungen, die zur Überlebenssicherung von Unternehmen und zum Erhalt von Arbeitsplätzen dienen, dürfen nicht unnötig besteuert werden.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus auf viele Schweizer Unternehmen sind gewaltig. Viele Gesellschaften kämpfen ums Überleben oder weisen in diesem Jahr zumindest einen grossen Geschäftsverlust aus. Solche Unternehmen können nur weiterbestehen, wenn sie genügend Eigenkapital zur Verrechnung der Geschäftsverluste aufweisen. Übersteigen die Verluste das Eigenkapital, müssen die Gesellschaften Konkurs anmelden, es sei denn sie erhalten von ihren Gesellschaftern neues Eigenkapital. Die vom Bundesrat beschlossenen Sofortmassnahmen in Form zusätzlicher Fremdkapitalkredite können Liquiditätsengpässe überbrücken – was zweifellos wichtig und richtig ist – sie helfen jedoch nicht bei der Absorbierung von Verlusten. Hierfür hilft nur Eigenkapital.

Im Unterschied zu fast allen Industriestaaten erhebt die Schweiz auf Eigenkapitalzuschüssen von Gesellschaftern, soweit die Freigrenze von einer Million Franken überschritten ist (Art. 6 Abs. 1 Bst. h StG), eine Steuer von 1 Prozent. Wir gehen davon aus, dass zahlreiche Gesellschaften, damit sie überleben können, auf neues Eigenkapital angewiesen sein werden. In vielen Fällen werden die Bestimmungen des Obligationenrechts (725 OR) die Gesellschaften sogar dazu zwingen, neues Eigenkapital zu beschaffen, um eine Überschuldung zu vermeiden oder eine Unterbilanz zu beseitigen. Zwar bestehen für solche Sanierungen von Gesellschaften Ausnahmen von der Emissionsabgabe (Art. 6 Abs. 1 Bst. k und Art. 12 StG). Allerdings dürften diese oft nicht zur Anwendung gelangen, da die Voraussetzungen zu einschränkend sind. So müssen die Gesellschaften, um von der Emissionsabgabe verschont zu bleiben, eine echte Unterbilanz ausweisen. Mit anderen Worten, müssen die Verluste sämtliche der in guten Geschäftsjahren erarbeiteten offenen und stillen Reserven übersteigen. Die Gesellschaften müssen damit finanziell unmittelbar vor dem Abgrund stehen, damit sie von der Bezahlung der Emissionsabgabe von 1 Prozent verschont bleiben. Reagieren die Unternehmen vorher und beschaffen sich bei den Gesellschaftern neues Eigenkapital, bleibt die Emissionsabgabe geschuldet. Wohl gibt es einen Freibetrag von 10 Mio. Franken im Sanierungsfall, d.h. bei Vorliegen einer echten Unterbilanz. Dieser ist jedoch einmalig. Ausserdem wird der Kapitalbedarf gerade bei grösseren Unternehmen die Grenze von 10 Millionen Franken vielfach überschreiten.

 

Ständerat muss die Abschaffung der Emissionsabgabe wieder deblockieren

Entsprechend dringend ist es jetzt, die seit Jahren diskutierte Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital umzusetzen. Die Vorlage ist aktuell im Ständerat sistiert, nachdem der Nationalrat bereits im 2013 grünes Licht dazu gegeben hat. Risikotragendes Eigenkapital ist als Sicherheitskapital notwendig zur Absorbierung von Verlusten und dient letztlich der Sicherung von Arbeitsplätzen. Eine Abgabe auf der Emission von Eigenkapital ist volkswirtschaftlich generell schädlich und insbesondere in Wirtschaftskrisen klar kontraproduktiv. Die Emissionsabgabe belastet die Firmen genau dann am stärksten, wenn die Wirtschaft in einer Rezession steckt und die Unternehmen, um zu überleben, auf Eigenkapitalzuschüsse angewiesen sind. Dies wird anhand der Entwicklung der Einkünfte deutlich. Besonders hohe Einkünfte verbuchte die Emissionsabgabe ausgerechnet in den Krisenjahren 2001 (375 Mio.), 2008 (365 Mio.) oder 2009 (331 Mio.). Auch 2020 wird vermutlich ein solches Rekordjahr sein. In wirtschaftlich guten Zeiten sind die Einnahmen aus der Abgabe hingegen deutlich tiefer (2019: 173 Mio.).

 

Start-ups von Emissionsabgabe besonders negativ betroffen

Besonders hart von den Folgen des Coronavirus sind auch die Start-ups betroffen. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten sind diese Unternehmen auf Mittelzuflüsse angewiesen, wobei häufig als einziges Mittel der Kapitalzuschuss (via Kapitalerhöhung) der Beteiligten in Frage kommt, um für Lieferanten und potentielle Kunden die Sicherheit zu erhöhen. Start-ups sind für die Innovation und den Fortschritt unverzichtbar (Tesla, Amazon u.v.m.). Typischerweise verzehrt ein Start-up in den ersten Jahren massiv Kapital und schreibt hohe Verluste, weshalb sie die attraktiven Schweizer Gewinnsteuersätze nicht interessieren. Die Liquiditätshilfen für Schweizer KMU, welche der Bundesrat beschlossen hat, wären für die Start-ups sehr interessant. Aufgrund der obgenannten Konstellationen kommen diese jedoch nicht in den Genuss der verbürgten Kredite. Sie erzielen erst wenig Umsatz und aufgrund der hohen Verluste erfüllen sie die Kriterien für die Kreditvergabe nicht. Start-ups qualifizieren als notleidende Unternehmen. In diesem Umfeld ist die Emissionsabgabe schädlich und innovationsverhindernd. Sie ist für Start-ups nichts anderes als eine Zusatzabgabe in der an sich schon teuren Schweiz.

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