Wir bedanken uns bestens, für die Gelegenheit im Rahmen der Vernehmlassung zur Anpassung der Bundesverfassung betreffend Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft Stellung nehmen zu können.

Kurzübersicht unserer Positionen

Zur weiteren Verbesserung schlägt SwissHoldings die folgenden Anpassungen der Vorlage vor:

  • Verbindliche Zuteilung der Ergänzungssteuereinnahmen an die Kantone: Aus Rechtssicherheits- und Planbarkeitsgründen sollte die Regelung, wonach die Einkünfte aus der Ergänzungssteuer vollumfänglich den Kantonen zustehen und die Steuer verursachergerecht zu erheben ist, in Artikel 129a BV verankert werden.
  • Keine überschiessenden Bundeskompetenzen: Die vom Bundesrat vorgeschlagene Formulierung der künftigen Bundeskompetenzen im Steuerbereich will nicht nur der aktuellen, sondern auch künftigen OECD-Steuerreformen Rechnung tragen. Hierfür werden im Rahmen von Artikel 129a Abs. 3 BV gerade für die Kantone wichtige Verfassungsschranken aufgehoben. SwissHoldings setzt sich für eine möglichst eingeschränkte, auf die aktuelle OECD-Steuerreform fokussierende Kompetenzerweiterung ein.
Beurteilung der Vernehmlassungsvorlage

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Umsetzung stellt eine ausgezeichnete Basis dar, die es der Schweiz ermöglicht, die Voraussetzung zu schaffen, um auf die geänderten Bedingungen im Standortwettbewerb zu reagieren und ihre Attraktivität zu wahren. Keine Option ist es auf eine Implementierung der neuen OECD-Regeln zu verzichten. Obwohl die Regeln für die Schweiz ungünstig sind, würde eine Weigerung der Schweiz mehr schaden als nützen. Die Folge wäre, dass die Schweiz nicht nur die aktuellen Standortnachteile beibehalten, sondern auch das Steuersubstrat aus der Mindestbesteuerung (Ergänzungssteuer) ins Ausland verlieren würde.

Attraktive Gewinnsteuern sind einer der wichtigsten Gründe, weshalb internationale Unternehmen Tätigkeiten mit hoher Wertschöpfung und hohen Gewinnen in der Schweiz ausüben. Diese Attraktivität kompensiert dabei teilweise die im internationalen Vergleich sehr hohen Schweizer Löhne. Damit die erwähnten hohen Steuereinnahmen und Arbeitsplätze langfristig gesichert werden, ist es zentral, dass die Rahmenbedingungen der Schweizer Umsetzung der Mindestbesteuerung so festgelegt werden, dass die Erfolgsfaktoren des hiesigen Wirtschaftssystems nicht beeinträchtigt, sondern erhalten werden und die Kantone auf die bedeutenden Änderungen im internationalen Standortwettbewerb reagieren können.

Dabei ist vor allem das föderale Element der Umsetzung zentral, wonach die Einnahmen aus der OECD-Mindestbesteuerung in den Kantonen verbleiben, deren Unternehmen sie bezahlt haben. Kantone, die ihren Unternehmen gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen bieten, werden finanziell belohnt und erhalten einen Anreiz und den finanziellen Handlungsspielraum sicherzustellen, dass Unternehmen auch künftig von guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen profitieren. Nichtzuletzt profitieren über die Einnahmen der direkten Bundessteuer auch der Bund und über den Finanzausgleich auch andere Kantone (z.B. Bern) vom wirtschaftlichen Erfolg der Kantone, die sich im internationalem Standortwettbewerb durchsetzen werden.

Würden die Einnahmen der Ergänzungssteuer demgegenüber dem Bund zugewiesen, könnte es sich für die Kantone, deren Gesellschaften Ergänzungssteuer bezahlen, finanziell nicht mehr lohnen weiterhin tiefe Steuersätze anzubieten. Stattdessen wäre es plötzlich attraktiver, wenn solche Kantone die Gewinnsteuersätze für alle Unternehmen deutlich erhöhen und ihren wichtigsten Unternehmen (z.B. den besten Steuerzahlern) stattdessen andere Vorteile zukommen lassen. Eine Erhöhung der kantonalen Steuersätze würde sich auch negativ auf die KMU auswirken, die nicht der Mindestbesteuerung unterliegen, aber für den wirtschaftlichen Erfolg der Kantone ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Folge davon wäre, dass der Bund innert weniger Jahre gar keine Ergänzungssteuern mehr erhalten würde.

Zusätzlich zur Umsetzung der neuen OECD-Regeln ist es wichtig, die Attraktivität des Schweizer Standorts auch nach dem Wegfall des steuerlichen Vorteils hoch zu halten. Gelingt es anderen Staaten mit steuerlichen Vergünstigungen (z.B. Patentbox) den OECD-Mindeststeuersatz von 15 Prozent zu erreichen, verliert die Schweiz einen wichtigen Standortvorteil. Weisen andere Staaten ausserdem tiefere Lohn- und andere Kosten als die Schweiz auf und gewähren sie, wie in ganz vielen Staaten üblich, ausserfiskalische Förderinstrumente, dürfte der Wirtschaftsstandort Schweiz künftig einen schweren Stand im internationalen Wettbewerb haben. Gefährdet sind dabei die steuerlich besonders lukrativen wertschöpfungsintensiven Tätigkeiten (Forschung, Management und weitere sog. Prinzipalfunktionen). Diese Tätigkeiten sind für die Schweiz nicht nur im Hinblick auf die Gewinnsteuererträge wichtig, sondern auch für die Erhaltung attraktiver Arbeitsplätze und die damit verbundenen Einkommenssteuern natürlicher Personen (Besteuerung der Mitarbeiter).

Wie erwähnt, ist die Schweiz im internationalen Vergleich bereits heute ein sehr teurer Standort mit hohen Lohn- und anderen Kosten. Die Situation verschlimmert zusätzlich aufgrund des laufend stärker werdenden Schweizer Franken. Vor diesem Hintergrund sollte die Politik sich primär überlegen, wie die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer dazu verwendet werden können, die Standortattraktivität der Schweiz für wertschöpfungsintensive Aktivitäten auch nach der Einführung der OECD-Mindestbesteuerung beizubehalten. Andere Standorte in Europa, Asien aber auch in den USA bieten Unternehmen für werttreibende Tätigkeiten ebenfalls attraktive Bedingungen an. Die Realitäten dieses internationalen Standortwettbewerbs auszublenden und die erwarteten fiskalischen Mehreinnahmen für andere Projekte zu verwenden, dürfte der Schweiz mittel-bis langfristig finanziell mehr schaden als nützen.

Zentrale Anliegen und Verbesserungsvorschläge

a.   Aufteilung Ergänzungssteuer zwischen Bund und Kantonen:

An verschiedenen Stellen werden die Vernehmlassungsteilnehmer dazu aufgefordert, sich zur Verteilung der Ergänzungssteuer zwischen Bund und Kantonen zu äussern. SwissHoldings und die von uns vertretenen grossen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen unterstützen die vom Bundesrat vorgeschlagene vollumfängliche Zuteilung an die Kantone (Art. 197 Ziff. 14 Abs. 6 BV). Ferner unterstützen wir auch die verursachergerechte Zuteilung zwischen den betroffenen Kantonen wie auch den bundesrätlichen Vorschlag, die Einnahmen der IIR-Ergänzungssteuer dem Hauptsitzkanton zukommen zu lassen (Art. 197 Ziff. 14 Abs. 2 Bst. i BV).

Sollten die Kantone eine von der verursachergerechten Verteilung der Ergänzungssteuern leicht modifizierte Lösung vorschlagen, könnten wir eine solche unterstützen. Im Zentrum stehen für uns auf die Standortattraktivität ausgerichtete Lösungen, die eine Mittelverwendung über mehrere Kantone erlauben (z.B. Zürich und Innerschweiz). Dass bei solchen Lösungen auch der Bund mitwirkt, erscheint uns unnötig aber nicht ausgeschlossen. So kommt es in der Unternehmenspraxis häufig vor, dass ein attraktiver Gesamtstandort neben Forschungs-, Management- auch Fabrikationsstandorte bereitstellen muss. Letztere werden vielfach nicht im gleichen Kanton angesiedelt, in welchem auch die Forschungs- und Managementtätigkeiten ausgeübt werden, die zu erheblichen Ergänzungssteuern führen und die der betreffende Kanton für unterstützungswürdig erachtet (Forschungsförderung). Mit anderen Worten sollten die Kantone im Interesse der gesamten Schweiz einen Rahmen schaffen, der solche Aufteilung von Funktionen ermöglicht.

Ein Nachteil des bundesrätlichen Vorschlags soll gemäss Vernehmlassungsvorlage darin bestehen, dass der Bund möglicherweise zusätzliche Mittel in den Finanzausgleich einzahlen muss. Dies trifft aber nur dann zu, wenn es den Kantonen gelingt, ihre Standortattraktivität zu wahren und sie neben den bisherigen Gewinnsteuern zusätzlich Ergänzungssteuern einnehmen können. Ob dies tatsächlich gelingt, ist aktuell höchst ungewiss. So könnte es durchaus dazu kommen, dass in dem Umfang wie die Kantone Ergänzungssteuern einnehmen, eine Abnahme der Gewinnsteuern zu beobachten sein wird. Ausserdem könnten verschiedene Kantone die zusätzlichen Ergänzungssteuereinnahmen zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Attraktivität reinvestieren. Wird der mögliche Nachteil des Bundes ausgeglichen, währenddem Investitionen der Kantone in ihre Standortattraktivität unberücksichtigt bleiben, resultiert im Ergebnis eine Benachteiligung der Kantone gegenüber dem Bund.

Nach Einschätzung betroffener Unternehmen könnte es in Zusammenhang mit den neuen OECD-Regeln auch zu einer Zunahme der Einnahmen bei der direkten Bundessteuer kommen. So dürften die betroffenen Unternehmen künftig auf einzelne gemäss Schweizer Steuerrecht zulässige Abschreibungen und Wertberichtigungen (z.B. auf Immaterialgütern und Beteiligungen) wegen der Nachteile bei der OECD-Mindestbesteuerung verzichten. Für den Bund würden sich daraus zusätzliche Steuereinnahmen ergeben. Gleichzeitig würden die Ergänzungssteuereinnahmen der Kantone abnehmen. Wir sind deshalb der Ansicht, dass die im erläuternden Bericht beschriebenen negativen Auswirkungen auf die Einnahmen des Bundes überschätzt werden. Ausserdem gehen wir aufgrund staatlicher und unternehmerischer Reaktionen auf das neue steuerliche Umfeld  davon aus, dass über die Höhe der Ergänzungssteuereinnahmen erst in einigen Jahren Klarheit herrschen wird. So dürfte beispielsweise die entsprechende Ergänzungsteuererklärung für das Jahr 2024 erst 2026 bei der kantonalen Steuerverwaltung eintreffen und damit Klarheit herrschen. Sollten sich aufgrund der effektiven Zahlen Anpassungen zwischen Bund und Kantonen aufdrängen, können diese immer noch über eine geringfügige Modfikation des Finanzausgleichs umgesetzt werden. Die fixe Zuteilung eines Anteils der Ergänzungssteuereinnahmen an den Bund (z.B. 10%) ist hierfür unnötig. Angesichts der beschriebenen Umstände sehen wir keinen Grund, dass dem Bund ein Teil der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer zukommen muss.

b.   Verbindliche Zuteilung der Ergänzungssteuereinnahmen an die Kantone in Artikel 129a BV:

In der Vernehmlassungvorlage (Art. 197 Ziff. 14 Abs. 6 BV) ist vorgesehen, dass die Mittel aus der Ergänzungssteuer den Kantonen zukommt. Diese Regelung muss von den eidgenössischen Räten in der Herbst- und Wintersession 2022 genehmigt werden. Schon bald nach der Volksabstimmung vom Juni 2023 werden sich die eidgenössischen Räte wiederum mit dieser Frage befassen können. Dies im Rahmen der Verabschiedung der gesetzlichen Bestimmung zur Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung. Dabei können die Räte eine andere Verteilung vorsehen als noch im Jahr 2022. Theoretisch können die eidgenössischen Räte sogar laufend andere Verteilungen zwischen Bund und Kantonen vorsehen. Dies ist aus Sicht der Wirtschaft eine unhaltbare Situation. Insbesondere besteht die Gefahr, dass die Kantone mangels Rechtssicherheit darauf verzichten werden Standortmassnahmen vorzusehen. Selbst die längerfristige Finanzierung sozialer Massnahmen wie beispielsweise eine von einem Kanton vorgesehene ergänzende Krippenfinanzierung, wäre bei einer solch unsicheren Rechtsgrundlage schwer umsetzbar. Deshalb sind wir der Ansicht, dass die Verteilung der Mittel aus der Ergänzungssteuer nicht in den Übergangsbestimmungen (Art. 197 Ziff. 14 BV) geregelt werden sollte, sondern in Artikel 129a BV. Nur mit einer Regelung in Artikel 129a BV erhalten die Kantone die nötige Rechts- und Planungssicherheit, welche es ihnen erlaubt längerfristig gültige Entscheide zu treffen.

c.   Keine überschiessenden Bundeskompetenzen:

Die Vernehmlassungsvorlage sieht in Artikel 129a Abs. 3 BV eine deutliche Ausdehnung der Bundeskompetenzen im Steuerbereich vor. Die Ausdehnung erfolgt zulasten der Kantone und Gemeinden. Sie gibt dem Bundesgesetzgeber im Bereich der direkten Steuern die Möglichkeit, sämtliche wichtigen Verfassungsgrundsätze zum Schutz von Kantonen, Gemeinden und Wirtschaft aus den Angeln zu heben. Vorausgesetzt wird einzig, dass die Anpassung der Grundsätze aufgrund internationaler Entwicklungen und zur Wahrung der Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft erfolgt. Die vorgesehenen neuen Bundeskompetenzen gehen über den Rahmen des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft hinaus. Sie sollen die Möglichkeit einräumen, künftige OECD/G20-Projekte ohne erneute Verfassungsänderung (obligatiorisches Referendum) und damit rascher umsetzen zu können.

Grundsätzlich begrüssen die international tätigen Schweizer Unternehmen, dass die Schweiz zukünftige Vorgaben von OECD und G20 rascher umsetzen könnte. Gleichzeitig haben wir Zweifel, ob neue internationale Besteuerungsregeln dank der geänderten Verfassungsbestimmungen in der Praxis tatsächlich schneller implementiert werden könnten. So gehen wir davon aus, dass in den allermeisten Fällen gegen solche neue Besteuerungsvorgaben ein fakultatives Referendum erhoben würde, weshalb dennoch eine Volksabstimmung stattfinden würde. In solchen Fällen würde aufgrund eines fakultativen gegenüber einem obligatorischen Verfassungsreferendum sogar mehr Zeit bis zur Umsetzung der neuen internationalen Vorgaben verstreichen. Verlangen neue ausländische Vorgaben eine Anpassung wichtiger Grundsätze zum Schutz von Kantonen, Gemeinden und Wirtschaft, sollten in einer direkten Demokratie wie der Schweiz unseres Erachtens die Stimmbürger immer das letzte Wort haben. Vor diesem Hintergrund schlagen wir vor, Artikel 129a Abs. 3 BV nur soweit zu fassen, dass die Regeln des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft umgesetzt werden können.

d.   Praktikables Verfahren:

Dem Hauptsitzkanton sollte verfahrenstechnisch eine wichtige Rolle (Leadfunktion) zukommen. Demgegenüber ist die Aufsicht des Bundes über die Ergänzungssteuer möglichst schlank auszugestalten. Die Aufsicht sollte sich auf das Nötige beschränken (internationale Akzeptanz) und administrativ vernünftigen Lösungen der Kantone nicht im Weg stehen. Gerade für Konzerne mit zahlreichen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten in verschiedenen Kantonen sind praktikable Vorgaben von Bund und Kantonen unerlässlich, ansonsten die Mindestbesteuerung von diesen kaum umgesetzt werden kann.

Für die Berücksichtigung unserer Anliegen danken wir Ihnen bestens.

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