«Alle Wege führen nach Rom» muss sich wohl das Initiativkomitee bei der Erarbeitung der UVI gedacht haben. Das Ziel ist klar und unumstritten: Schweizer Unternehmen sollen Menschenrechte und Umweltstandards auch im Ausland einhalten. Dafür schlägt die Initiative eine Kombination aus Sorgfaltsprüfungspflichten und Haftungsbestimmungen vor. Diese dürften aufgrund der Realität internationaler Lieferketten und den Umständen vor Ort aber unmöglich in ihrer Totalität umsetzbar sein. Das schafft Risiken sowie Wettbewerbsnachteile für Schweizer Unternehmen. Dabei sind die positiven Effekte auf das erklärte Ziel mehr als fragwürdig.

Die Initiative will, dass Schweizer Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Eine Selbstverständlichkeit. Alle Unternehmen, die dies nicht tun, sollen dafür haften – einverstanden, aber nicht auf diesem Weg. Schon jetzt befinden sich Unternehmen nicht in einem rechtsfreien Raum und haften für Fehlverhalten im In- und Ausland. Der von der Initiative vorgesehene Weg will dies durch ein neues Haftungskonstrukt ergänzen. Eine Kombination von drei Aspekten konstituiert dabei eine toxische Wirkung:

1. Haftung für Dritte: Für Schäden anderer geradestehen
Die Initiative sieht vor, dass Schweizer Unternehmen ausufernde Sorgfaltsprüfungspflichten weltweit entlang der gesamten Lieferkette wahrnehmen müssen. Diese kann hunderte, wenn nicht tausende Lieferanten umfassen. Aufgrund der Umstände in bestimmten Ländern, kann dabei nicht garantiert werden, dass es entlang der gesamten Lieferkette zu keinen Verstössen gegen Menschenrechte oder Umweltstandards kommt. Vielmehr wird in Kooperation mit Lieferanten vor Ort, NGOs und Akteuren der staatlichen Entwicklungshilfe daraufhin gearbeitet, die Situation zu verbessern. Dies würde bei einer Annahme der Initiative durch die vorgesehene Haftung erschwert.

Diese Haftung sieht vor, dass das Unternehmen nicht nur für ausländische Tochterunternehmen, sondern auch für wirtschaftlich abhängige Drittunternehmen haftet. Das kann wichtige Lieferanten oder Empfänger von Direktinvestitionen miteinschliessen. Es handelt sich dabei um unabhängig geführte Unternehmen, für die Schweizer Unternehmen keine Aufsichts- und Weisungsbefugnisse haben. Unternehmen haften so faktisch für Schäden, die sie nicht verursacht haben und auch nur indirekt beeinflussen hätten können. Verantwortung übernimmt man aber für Handlungen, die man bewusst tut oder anordnet. Die Initiative geht zu weit, indem sie verlangt, dass Unternehmen für Handlungen anderer geradestehen müssen, die sie nicht angeordnet oder kontrolliert haben.

2. Beweislastumkehr: Auch rechtschaffende Unternehmen sind Risiken ausgesetzt
Bei Annahme der Initiative sinkt die Hürde, ein Schweizer Unternehmen vor Gericht zu ziehen. Denn der Kläger muss keine Beweise für das Verschulden des Unternehmens erbringen oder schon nur Kenntnis der Verletzung der Menschenrechte oder Umweltstandards beweisen. Es obliegt im Anschluss dem Unternehmen, sich während des Verfahrens zu entlasten, also den Beweis zu erbringen, die nötige Sorgfalt geleistet zu haben, um den entsprechenden Verstoss zu verhindern. Das Unternehmen hat unter Umständen jedoch keinerlei Weisungsbefugnis über das Unternehmen, in welchem es zum Verstoss kam. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Verstösse im fernen Ausland abgespielt haben und Beweise auch rechtshilfeweise kaum erhältlich sind. Entsprechend ist es vor Gericht schwierig, ein Nicht-Verschulden zu beweisen.

Verheerend ist zudem, dass der Gerichtsprozess auch rechtschaffenden Unternehmen schadet, selbst wenn der Entlastungsbeweis gelingt. Mit Prozessauftakt nimmt die Reputation des Unternehmens Schaden, es fallen Anwaltskosten an und es muss mit der entstehenden Unsicherheit umgegangen werden. Diese negativen Effekte können wegen der Beweislastumkehr auch vorbildliche Unternehmen treffen. Der einzige Weg, sich vor den Klagerisiken der UVI zu bewahren, ist der Rückzug aus Gebieten, in denen aufgrund des Entwicklungsstandes ein hohes Risiko für Missstände im Bereich von Umweltstandards oder Menschenrechten besteht – zum Nachteil der lokalen Bevölkerung und der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung vor Ort.

3. Extraterritoriale Anwendung: Haftungsregeln für Schäden im Ausland verursacht durch ausländische Unternehmen
Mit der Klagemöglichkeit in der Schweiz bei Verstössen im Bereich Menschenrechte und Umweltstandards, sollen Schweizer Richter nach Schweizer Recht über Vorgänge in anderen Ländern urteilen. Damit werden die Bestimmungen des internationalen Privatrechts ausgehebelt. Dies steht im Konflikt mit der Souveränität betroffener Staaten, zeugt von wenig Respekt für ausländische Gerichtssysteme und dürfte international zu Spannungen führen. Kontraproduktiv im Hinblick auf nachhaltige Entwicklung ist dabei, dass mit dieser Vorgehensweise Bestrebungen, die Rechtsstrukturen in Entwicklungsländern zu verbessern, unterlaufen werden.

Fazit
Es wird deutlich: Die Initiative beschreibt einen Weg, der nicht ans Ziel, oder um anfängliches Zitat zu verwenden, nach Rom führt. Die Initiative mag «Selbstverständliches» fordern, sie verlangt aber etwas, was wir unmöglich gutheissen können: Selbst anständige Unternehmen können ohne Beweise für ihr Verschulden auch für Handlungen Dritter haftbar werden. Dies ist ein Bruch mit unserem Rechtssystem und unserem Unschuldsempfinden.
Um wirkungsvoll einen Beitrag zu leisten, Menschen und Umwelt zu schützen, sollten wir unsere anerkannten Stärken nutzen. Schweizer Unternehmen haben einen guten Ruf im Ausland. Schweizer Tradition, Qualität und Werte sind willkommen – und wer willkommen ist, kann auch etwas bewegen. Sicher: Die Welt ist vielerorts nicht so, wie wir es uns wünschen. Es braucht unablässige Anstrengungen, um Verbesserungen zu erreichen. Die Debatte um diese untaugliche Initiative hat gezeigt: Die Schweizer Wirtschaft ist bereit, noch mehr zu tun, als dies heute bereits der Fall ist.
Schweizer Unternehmen, gerade die grossen, sind heute bereits mehr denn je gefordert, dem Markt, den Investoren und ihren Kunden Rechenschaft abzulegen. Die Schweizer Wirtschaft befürwortet auch die verschärften Pflichten, die der Gegenvorschlag des Parlaments zur Initiative enthält. Es ist ein Weg der Zusammenarbeit, nicht des Gegeneinanders – das ist besser für alle, in der Schweiz und in den ärmsten Ländern.

 

“Die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative erklärt”
Die Serie zur «Unternehmens-Verantwortungs-Initiative» von SwissHoldings möchte in den nächsten Wochen Aspekte und Hintergründe ausführen, die hinter den Hauptargumenten gegen die Initiative stecken. Eine umfassende Beschreibung der Forderungen der Initiative und unser komplettes Argumentarium finden Sie hier: https://swissholdings.ch/dossier-uvi/

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