Diese Woche fanden in den Räumlichkeiten von SwissRe in Zürich die ESG Talks 2024 statt, organisiert von SwissHoldings in Zusammenarbeit mit economiesuisse. Thema der Veranstaltung war das derzeit hohe Momentum bei der Nachhaltigkeitsregulierung und die damit verbundenen Herausforderungen für Schweizer Unternehmen. Referenten aus dem In- und Ausland sowie über 60 Experten von international tätigen Schweizer Unternehmen tauschten sich zu diesen Entwicklungen aus. Das Fazit lautete: Unternehmen müssen strategisch handeln, damit sie den steigenden Anforderungen gerecht werden können, ohne dabei durch überbordende Bürokratie behindert zu werden.
Weltweit nimmt der regulatorische Druck im Bereich ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) stark zu. Auf internationaler Ebene hat die OECD im letzten Jahr ihre Richtlinien zur verantwortungsvollen Unternehmensführung in den global ausgerichteten Wertschöpfungsketten erheblich erweitert. Des Weiteren wurden auf Ebene der EU im Rahmen des Green Deal mehrere umfangreiche neue Regelungen im Bereich der Nachhaltigkeit verabschiedet, darunter auch die so genannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und das Lieferkettengesetz (CSDDD). Diese neuen Richtlinien sehen umfassende neue Pflichten für die Wirtschaft im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Erfüllung von Sorgfaltspflichten vor. Gleichzeitig arbeitet das International Sustainability Standards Board (ISSB) derzeit an der Harmonisierung globaler Standards, um eine konsistente und vergleichbare ESG-Offenlegung weltweit zu fördern. Hier knüpften die diesjährigen ESG-Talks an.
Haupterkenntnisse der ESG-Talks sind:
- Internationales Level Playing Field: Zentral für Unternehmen sind international abgestimmte Regelungen. Die EU hat es versäumt, ihre Ambitionen als globaler Standardsetzer mit anderen wichtigen Rechtsräumen wie den USA, UK, Japan und Singapur zu harmonisieren. Dies stellt Schweizer Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen, da sie sich auf stark divergierende Vorschriften in verschiedenen Märkten einstellen müssen.
- ESG-Offenlegung allein reicht nicht aus für nachhaltigen Wandel: Ein alleiniger Fokus auf die Erfüllung von ESG-Berichtspflichten reicht nicht aus, um wirklich Fortschritte zu erzielen. Unternehmen verfolgen im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie einen umfassenderen Ansatz, um sicherzustellen, dass die nachhaltige Transformation auch effektiv gelingt.
- Fokus auf Datenverfügbarkeit bei gleichzeitiger Flexibilität als Schlüssel: Der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen, detailliert aufbereiteten Datenbasis ist für eine erfolgreiche Umsetzung von ESG-Strategien unerlässlich. Gleichzeitig muss die Flexibilität gewährleistet bleiben, damit Unternehmen auf sich ständig verändernde Rahmenbedingungen angemessen reagieren können. Nur durch eine Kombination aus verlässlichen Daten und einem anpassungsfähigen Ansatz können Unternehmen langfristig erfolgreich und zukunftsorientiert agieren.
- Erfolgreiche ESG-Umsetzung erfordert eine ausgewogene interne Abstimmung, die alle Unternehmensabteilungen einbezieht: Nachhaltigkeit soll als integraler Bestandteil der Unternehmens- und Organisationsführung betrachtet werden. Die Verankerung der Nachhaltigkeit in der Governance, Strategie und dem Risikomanagement stellt eine langfristige Ausrichtung sicher, welche hilft, Risiken zu minimieren, Chancen zu identifizieren und Wettbewerbsvorteile zu schaffen.
- Massgeschneiderte Unterstützung für KMU notwendig: Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind besonders gefährdet, durch die komplexen ESG-Vorschriften überfordert zu werden. Um die neuen Anforderungen effektiv zu bewältigen, benötigen diese Unternehmen massgeschneiderte Unterstützung und praxisorientierte Hilfestellungen.
Wie weiter in der Schweiz?
Zudem wurde betont, dass die Schweiz eine umfassende Gesamtstrategie im Bereich der Nachhaltigkeit benötigt. Im Rahmen des Green Deal hat die EU über 168 Gesetzesinitiativen zur Förderung des nachhaltigen Wirtschaftens angestossen, von denen 76 bereits in Kraft getreten sind. Zu den bedeutendsten neuen Regelungen zählen unter anderem die CSRD, das Lieferkettengesetz, die Taxonomie-Verordnung und das CO2-Grenzausgleichsystem (CBAM). Für die Schweiz gilt es nun, eine angemessene Antwort auf diesen Regulierungsdruck zu finden. Im Sinne einer Gesamtlösung sollte genau geprüft werden, welche Elemente dieser EU-Vorgaben übernommen werden und welche nicht – auch, um die bewährte hiesige Tradition einer schlanken, prinzipienbasierten Regulierung nicht unnötig aufs Spiel zu setzen.
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