Sehr geehrte Damen und Herren,

Am 1. Juni 2021 werden Sie sich erneut mit der Aufhebung der Importzölle auf Industrieprodukte befassen (19.076). Nach dem klaren Entscheid des Ständerats und der WAK-N zur Bundesratsvorlage erläutern wir Ihnen gerne nochmals die Sichtweise der unterzeichnenden Dach- und Branchenverbände sowie Industrie- und Handelskammern zu diesem Geschäft.

Die Wirtschaft unterstützt die Aufhebung der Industriezölle und die Vereinfachung der Zolltarifstruktur gemäss bundesrätlicher Vorlage sowie Empfehlung des Ständerats und der WAK-N aus den folgenden Gründen.

1. Finanzielle und administrative Entlastung
Die Industriezollaufhebung bringt Schweizer Unternehmen eine wichtige finanzielle und administrative Entlastung. Davon profitieren vor allem die KMU und das Gewerbe. Die historisch als Schutz konzipierten Importzölle verteuern heute die Beschaffungskosten der global stark integrierten Schweizer Wirtschaft und schwächen so die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb. Mit der Annahme der Vorlage würden die Beschaffungskosten jährlich um über 500 Millionen Franken sinken. In den Firmen werden so zusätzliche Mittel für Investitionen frei und neue Geschäftsmodelle möglich, die durch die heutigen Verzollungskosten verhindert werden. Auch die Verwaltung profitiert von administrativen Entlastungen. Der Abbau der Zölle würde das ungünstige Verhältnis zwischen den hohen Verzollungskosten bei den Firmen und den tiefen Zolleinnahmen beseitigen. Zudem bringt eine Vereinfachung der im international Vergleich extrem komplizierten Tarifstruktur gerade für Firmen mit begrenztem Zollwissen administrative Entlastungen: weniger Zollformalitäten und wegfallende aufwendige Zollspezialverfahren.

2. Höhere Wirtschaftsleistung
Den Brutto-Einnahmeausfällen des Bundes steht eine höhere Wirtschaftsleistung von jährlich CHF 860 Millionen gegenüber. Unter Berücksichtigung der administrativen Entlastungen auf Verwaltungsseite fallen die tatsächlichen Einnahmeausfälle in einer Netto-Betrachtung geringer aus (2016: ca. CHF 310 Mio.). Ausserdem wurden rund drei Viertel der Zollabgaben auf Industriegüter im Rahmen von Freihandelsabkommen (FHA) im Grunde bereits abgeschafft. Aus diversen Gründen können diese potenziellen Einsparungen in der Praxis aber nicht vollumfänglich genutzt werden1 : Teils werden die Ursprungsregeln nicht erfüllt, teils ist der administrative und finanzielle Aufwand für die Anwendung von FHA (u.a. Nachweisbeschaffung bei ausländischen Lieferanten) zu hoch oder aber die Zollersparnis zu gering (Kosten/Nutzen). Die Abschaffung der Industriezölle stellt deshalb eine wertvolle Ergänzung in der Umsetzung von FHA dar.

3. Wirksames Mittel gegen Hochpreisinsel Schweiz
Die Industriezollaufhebung bringt Vorteile für die Konsumenten und ist ein wirksames Mittel im Kampf gegen die Hochpreisinsel Schweiz. Durch die Industriezollaufhebung entfällt im Konsumgüterbereich der administrative und finanzielle Aufwand beim Import auf breiter Front. Angesichts des hohen Konkurrenzdrucks im Detailhandel ist davon auszugehen, dass die Unternehmen aus Eigeninteresse (Stichwort Auslandseinkauf) entsprechende Kosteneinsparungen weitergeben. Gleichzeitig führt dieser durch die gesteigerte Wirtschaftsleistung zu höheren Einkommen.

4. Kein negativer Einfluss auf künftige Verhandlungen
Die Schweizer Position bei künftigen Freihandelsverhandlungen wird nicht geschwächt. Der Zollabbau spielt bei modernen FHA eine untergeordnete Rolle. Ausserdem profitieren Entwicklungsländer bereits heute von gewissen Zollreduktionen (GSP). Noch verbleibende Zollabgaben würden mit der Vorlage auch entfallen. Die Schweiz verfügt zudem mit vielen Industriestaaten bereits über Abkommen. Und Länder wie Kanada, Norwegen oder Singapur zeigen, dass auch ohne Industriezölle erfolgreich substanzielle Abkommen abgeschlossen werden können.

5. Vollständiger Zollabbau weist beste Hebelwirkung auf
Ein vollständiger Industriezollabbau in einem Schritt zeigt klar die vorteilhaftesten volkswirtschaftlichen Effekte und verhindert eine Diskriminierung bestimmter Branchen. Eine lediglich teilweise Abschaffung der Industriezölle wäre mit geringeren Einsparungen und somit geringeren gesamtwirtschaftlichen Gewinnen bei teils zusätzlichem administrativem Aufwand verbunden. Den Fiskalausfällen würden kaum noch positive Effekte auf Unternehmen und Konsumenten gegenüberstehen. Eine zeitliche Staffelung des Zollabbaus hätte gesamtwirtschaftlichen Nachteile gegenüber dem Abbau in einem Schritt, denn es gäbe höhere Umstellungskosten, die Vereinfachung des Zollsystems würde länger dauern und der effektive Nutzen für die Firmen somit später eintreten.

Antrag auf Zustimmung zur bundesrätlichen Vorlage
Der Industriezollabbau bietet ein einfaches und wirksames Instrument, um die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen eigenständig zu verbessern. Die administrativen und finanziellen Entlastungen des Industriezollabbaus würde die Wiederbelebung der Schweizer Wirtschaft nach der Krise zielgerichtet mitunterstützen. Durch Zustimmung zur Industriezollaufhebung gemäss Bundesratsvorlage (19.076) kann die Politik einen wertvollen und zeitgerechten Beitrag hierzu leisten. Ein wichtiges positives Signal für die Schweizer Wirtschaft!

Wir danken für die Berücksichtigung unserer Anliegen und stehen für Fragen gerne zur Verfügung. Freundliche Grüsse

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