Sehr geehrte Damen und Herren Ständerätinnen und Ständeräte

Anlässlich der morgigen Behandlung der Verrechnungssteuerreform (21.024) werden Sie auch über die Anpassung von Art. 14 Abs. 1 Bst. k des Stempelgesetzes (siehe S. 36. der Fahne) beschliessen. Die von der WAK-S am 18. November vorgeschlagene Anpassung enthält eine für die international tätigen Schweizer Unternehmen wichtige Standortverbesserung. Es geht dabei um die Anpassung der Umsatzabgabe, d.h. der Schweizer Finanztransaktionssteuer auf dem Handel von Wertpapieren.

Wir bitten Sie in diesem Punkt, der Kommissionsmehrheit zu folgen und der von der WAK-S beschlossenen Fassung von Art. 14 Abs. 1 Bst. k zustimmen.

 

Begründung
Im Unterschied zu den allermeisten ausländischen Finanztransaktionssteuern, die sich auf Börsentransaktionen kleiner Wertschriftenpakete fokussieren, besteuert die Schweizer Umsatzabgabe auch Transaktionen von Unternehmen, die ganze Beteiligungen anderer Unternehmen (mind. 10%-Anteil) beinhalten. Solche Transaktionen erfolgen aufgrund von langfristigen geschäftlichen Zielen (z.B. Zukauf innovativer Start-ups mit vielversprechenden neuen Geschäftsideen, Ausdehnung Geschäftstätigkeit auf neue Geschäftsfelder), weshalb Spekulationsabsichten ausgeschlossen werden können.

Besteuert werden von Schweizer Gesellschaften getätigte Beteiligungskäufe (und -Verkäufe) an inländischen aber auch an ausländischen Unternehmen. Neben Transaktionen, die direkt von steuerpflichtigen Schweizer Unternehmen (Art. 13 Abs. StG) getätigt werden (sog. Eigengeschäfte), werden auch von ausländischen Tochtergesellschaften erworbene Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften der Schweizer Umsatzabgabe unterstellt. Für die Besteuerung genügt es, wenn eine ausländische Tochter eines grösseren Schweizer Unternehmens eine Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft kauft und die Schweizer Muttergesellschaft als «Vermittlerin» angesehen wird, weil sie das OK zum Kauf gibt. Im Februar 2021 hat das Bundegericht den Anwendungsbereich der Stempelgesetznormen in seinem Entscheid 2C_638/2020 sogar noch ausgeweitet. International ist die Besteuerung solcher Vermittlungsgeschäfte und Eigengeschäfte höchst unüblich.

Für einen starken Hauptsitzstandort wie die Schweiz mit ihren zahlreichen wichtigen Konzerngesellschaften ist die Erfassung solcher Transaktionen mit der Umsatzabgabe sogar kontraproduktiv. Insbesondere steht sie diametral dem Ziel des Wirtschaftsstandorts Schweiz entgegen, dass Schweizer Unternehmen möglichst viele Entscheidfunktionen (z.B. Corporate Business Development und F&E) in der Schweiz ausüben und hier möglichst viel Substanz aufweisen. Je mehr solche Entscheidfunktionen hier ausgeübt werden, desto mehr Ertrag fällt gemäss den OECD-Transferpreisvorgaben in der Schweiz an, der von Bund, Kantonen und Gemeinden besteuert werden kann. Die Erfassung solcher Transaktionen mit der Umsatzabgabe ist einer der wichtigsten Gründe, warum die Schweiz kein attraktiver Standort für sog. SPACs (Special Purpose Acquisition Companies) ist. Eine Abschaffung der Umsatzabgabe auf Beteiligungskäufen und -verkäufen würde die aktuellen Bestrebungen der SIX unterstützen, erste SPACs in die Schweiz zu bringen und die Attraktivität des Börsenstandorts Schweiz erhöhen. Jedes hier börsenkotierte SPAC mit Schweizer Hauptsitz bringt zusätzliche Gewinnsteuer- und Dividendenverrechnungssteuereinnahmen für den Schweizer Fiskus.

Im September hat der Nationalrat beschlossen aufgrund der hohen Coronaschulden von der Abschaffung der Umsatzabgabe abzusehen. Die Umsatzabgabe wird deshalb während den nächsten fünfzehn bis zwanzig Jahren wohl nicht abgeschafft. Aus Sicht der Schweizer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen ist dieser Entscheid hinzunehmen. Gleichzeitig sollte dieser Grundsatzentscheid nicht dazu führen auf sinnvolle Anpassungen bei der Umsatzabgabe wie die Abschaffung der Steuer auf langfristigen Beteiligungskäufen und -verkäufen zu verzichten.

Gerade vor dem Hintergrund der anstehenden OECD-Mindestbesteuerung ist eine Umsatzabgabe auf Beteiligungstransaktionen besonders schädlich. Die Umsatzabgabe ist nämlich eine Steuer, die gemäss den OECD-Mindestbesteuerungsvorgaben nicht mitberücksichtigt wird. Sie ist von den betroffenen Unternehmen zusätzlich zur Mindeststeuer zu zahlen. Die Industrieunternehmen werden deshalb dem Schweizer Fiskus künftig neben der heutigen Gewinn- und Kapitalsteuer zusätzlich die OECD-Mindeststeuer und die Umsatzabgabe auf Beteiligungstransaktionen zahlen müssen, wobei sie eben die Umsatzabgabe von der Mindeststeuer nicht in Abzug bringen können. Gerade für die besten Steuerzahler der Schweiz nämlich die grösseren Schweizer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen ist deshalb die Umsatzabgabe auf Beteiligungstransaktionen ein klarer Nachteil des Standorts Schweiz der möglichst rasch eliminiert werden sollte.

Angesichts dieser Gründe wären wir Ihnen sehr verbunden, wenn Sie der von der WAK-S beschlossenen Fassung von Art. 14 Abs. 1 Bst. k Stempelgesetz zustimmen könnten. Allfällige Mindereinnahmen sollten sie nicht davon abhalten. Diese sind allein aufgrund der kürzlich angekündigten Akquisition eines unserer Mitgliedunternehmen in Deutschland und der damit künftig dem Bund zukommenden Dividendenverrechnungssteuern bereits langfristig gedeckt.

Weiterführende Informationen zur Verrechnungssteuerreform sowie unsere diesbezüglichen Positionen entnehmen Sie bitte unserem Sessionsticker.

Über fachspezifische Rückfragen würden wir uns freuen. Unser zuständiger Steuerexperte, Martin Hess (Tel. 078 805 04 95), steht Ihnen gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse
Pascal Nussbaum

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