Unternehmenssteuern sind ein beutender Standortfaktor. Für internationale Unternehmen sind sie bei der Standortwahl für wertschöpfungsintensive Tätigkeiten besonders wichtig. Weil diese Tätigkeiten bei den Arbeitnehmern für hohe Löhne sorgen und dabei dem Fiskus die höchsten Steuereinnahmen garantieren, möchte jedes Land möglichst viele dieser Tätigkeiten bei sich ansiedeln. Damit eine Politik attraktiver Unternehmenssteuern von den Stimmbürgern unterstützt wird, müssen die hohen Einnahmen breiten Bevölkerungsschichten zugutekommen. Wie sieht es damit in der Schweiz aus?
Multinationale Unternehmen mit Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern üben ihre Produktions-, Entwicklungs- oder Managementtätigkeiten in verschiedenen Staaten aus. Haupttreiber dieser internationalen Diversifizierung sind insbesondere unsere Pensionskassen mit ihren grossen Aktienportefeuilles. Sie verlangen von der Geschäftsleitung, die Standorte der verschiedenen Geschäftstätigkeiten regelmässig zu prüfen und nach besseren und günstigeren Standorten Ausschau zu halten. Neben der Verfügbarkeit von qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Rechtssicherheit und allgemeinen Infrastrukturaspekten, gehören die steuerlichen Rahmenbedingungen zu den entscheidenden Standortfaktoren für multinationale Unternehmen.
Tiefe Steuersätze allein genügen nicht
Besonders wichtig ist die Steuersituation für Tätigkeiten mit hoher Wertschöpfung wie zentralen Managementfunktionen, hochqualifizierte Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten oder der High-Tech-Produktion von Gütern mit hoher Gewinnmarge. Solche wertschöpfungsintensiven Tätigkeiten sind unter den Staaten heiss begehrt, weshalb sich die Länder um diese intensiv bemühen. Erstens zahlen Unternehmen den Mitarbeitern in diesen Bereichen besonders hohe Löhne. Zweitens können gemäss den internationalen Unternehmenssteuervorgaben der OECD solchen Aktivitäten die höchsten Gewinne zugewiesen werden und für den Fiskus eines Landes resultieren die höchsten Steuereinnahmen.
Im internationalen Vergleich ist die Schweiz für solche wertschöpfungsintensive Tätigkeiten gut aufgestellt. Viele Kantone bieten schon bald attraktive allgemeine Gewinnsteuersätze von 12 bis 16 Prozent. Die Schweiz verfügt über ein grosses Netz guter Doppelbesteuerungsabkommen. Auch sind die Schweizer Steuerbehörden gegenüber berechtigten Anliegen von Unternehmen offen und bereit, im Rahmen des Gesetzes sachgerechte Lösungen zu finden. Mit der Abschaffung der verpönten Steuerregimes wird das Schweizer Unternehmenssteuerrecht international wieder hohe Akzeptanz geniessen, was für multinationale Unternehmen äusserst wichtig ist.
Internationale Steuervorgaben und die Bedürfnisse multilateraler Unternehmen unterliegen einem steten Wandel
Was vor fünf Jahren richtig und wichtig war, kann für Unternehmen heute einen Nachteil bedeuten. So stossen mittlerweile allgemeine Gewinnsteuersätze, beispielsweise von nur 6 Prozent oder international nicht akzeptierte Steuerregimes, bei den Steuerbehörden anderer Staaten auf Widerstand und führen zu Gewinnaufrechnungen in diesen Staaten. In vielen Fällen können solche Aufrechnungen und Doppelbesteuerungen nicht beseitigt werden oder die Streitbeilegung zwischen den involvierten Staaten nimmt mehrere Jahre in Anspruch. Eine erfolgreiche Unternehmenssteuerpolitik verlangt deshalb ständige Anpassungen der Steuergesetze und Steuerpraxen. Internationale Entwicklungen müssen beobachtet und neue Mindeststandards beachtet werden.
Der internationalen Akzeptanz der Steuervorgaben eines Landes durch die OECD und andere Gremien kommt heutzutage grosse Bedeutung für multinationale Unternehmen zu. Wird ein Land wegen seiner Unternehmensbesteuerung von einem wichtigen internationalen Gremium (z.B. OECD) oder einem bedeutenden Staat (z.B. USA) auf eine «schwarze Liste» gesetzt, kann es für die betroffenen Unternehmen sehr kostspielig werden. In solchen Fällen müssen die Unternehmen umgehend reagieren und Gegenmassnahmen ergreifen. Deshalb ist es für multinationale Unternehmen wichtig, wertschöpfungsintensive Tätigkeiten in Staaten auszuüben, in denen sich die Regierungen und Stimmbürger solchen Zusammenhängen bewusst sind.
Akzeptanz der Unternehmenssteuerpolitik bei der Bevölkerung ist entscheidend
Belohnt wird eine solche vorausschauende, attraktive Steuerpolitik mit hohen Steuerzahlungen internationaler Unternehmen. So betragen die Gewinnsteuern in der Schweiz 3,1 Prozent des Bruttoinlandproduktes, während sie in den Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich und Italien mit ihren hohen Steuersätzen lediglich rund 2 Prozent ausmachen (OECD Corporate Tax Statistics 2018). Neben den Gewinnsteuereinnahmen, die in der Schweiz rund zur Hälfte von internationalen Unternehmen stammen, sind auch die hohen Nettoeinnahmen des Bundes aus der Verrechnungssteuer auf Dividenden zu berücksichtigen. Sie belaufen sich mittlerweile auf gegen 8 Milliarden Franken und stammen zum Grossteil von internationalen Firmen. Auch auf die wirtschaftliche Stärke der Schweiz (BIP, Arbeitslosigkeit, Bedeutung des Forschungsstandorts etc.) hat die attraktive Steuerpolitik erheblichen Einfluss.
Langfristig breite Akzeptanz geniesst eine solche attraktive Unternehmenssteuerpolitik allerdings nur dann, wenn sie von der Bevölkerung/den Stimmbürgern eines Landes mitgetragen wird. Hierfür ist entscheidend, dass die Einnahmen einer solchen Unternehmenssteuerpolitik breiten Bevölkerungsschichten zugutekommt und Politik und Wirtschaft der Bevölkerung dies auch aufzeigen. In der Schweiz kommen die im internationalen Vergleich hohen Unternehmenssteuereinnahmen tatsächlich breiten Bevölkerungsschichten zugute. So wird der durchschnittliche Arbeitnehmer in der Schweiz mit Steuern und Sozialversicherungsabgaben im Umfang von 22,2 Prozent belastet, während dieser Wert in unseren Nachbarländern mit über 47 Prozent mehr als doppelt so hoch ist (OECD Tax Wedge 2018). Bei der Vermarktung der Vorteile der attraktiven Schweizer Unternehmensbesteuerung besteht allerdings noch erhebliches Verbesserungspotential. Die AHV-Steuerreform mit der sachfremden und von vielen Stimmbürgern zurecht kritisierten Verknüpfung der Unternehmenssteuern und der AHV muss ein Ausnahmefall bleiben. Da auch in Zukunft Volksabstimmungen zu Unternehmenssteuervorlagen zu gewinnen sein werden, sind Verbesserungen bei der Vermarktung der Vorteile einer attraktiven Unternehmenssteuerpolitik erforderlich.