Wir bedanken uns bestens für die Gelegenheit, im Rahmen der Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft zur Mindestbesteuerungsverordnung Stellung nehmen zu können.

1. Umsetzung der Mustervorschriften
Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass die vom Inclusive Framework am 14. Dezember 2021 verabschiedeten Mustervorschriften mittels eines Verweises unmittelbar für anwendbar erklärt werden. SwissHoldings unterstützt das vom Bundesrat vorgeschlagene Vorgehen. Nur dieses stellt unseres Erachtens sicher, dass in der Schweiz die OECD-Mustervorschriften und vor allem die darauf basierenden Ausführungsvorschriften im Kommentar sowie jene des Implementation Framework vollumfänglich Anwendung finden. Für unsere Mitgliedunternehmen ist es zentral, dass die Schweiz keine von den Inclusive Framework-Vorschriften abweichenden Regelungen erlässt. Solche Regelungen dürften sowohl den Schweizer Behörden wie auch den betroffenen Unternehmen Probleme bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Staaten bereiten. So könnten daraus Doppelbesteuerungen für die Unternehmen resultieren, welche dann von den Schweizer Behörden zusammen mit den betroffenen Schweizer Unternehmen im Rahmen von langwierigen und bisher unbekannten Verfahren eliminiert werden müssen. Mit anderen Worten tut die Schweiz gut daran, sich an den OECD-Vorgaben zu orientieren. Diese bieten am besten Gewähr Streitigkeiten mit anderen Staaten abzuwenden und zu vermeiden, dass Steuersubstrat infolge abweichender Schweizer Regelungen nachträglich ausländischen Staaten überwiesen werden muss. Aktuell enthalten die OECD-Vorgaben allerdings noch zahlreiche Lücken und Unklarheiten, was sowohl für die Schweizer Behörden vor allem aber für die betroffenen Schweizer Unternehmen höchst unbefriedigend ist. Zur Verbesserung der Rechtssicherheit muss deshalb auf internationaler Ebene noch sehr viel Detailarbeit geleistet werden. Unsere Experten gehen deshalb aktuell davon aus, dass sich im Zuge der zahlreichen Unklarheiten über die korrekte Anwendung der OECD-Vorgaben eine Vielzahl von Doppelbesteuerungen ergeben könnten. Bund und Kantone sollten sich darauf – zum Schutz des Schweizer Steuersubstrats – rechtzeitig personell und organisatorisch vorbereiten.

Gleichzeitig verstehen wir, dass der Verweis auf die Mustervorschriften des Inclusive Framework statischer Natur ist, d.h. gegenüber der Fassung vom 14. Dezember 2021 erfolgende Anpassungen einzelner Bestimmungen der Mustervorschriften und darauf basierende Anpassungen des Kommentars und weiterer OECD-Dokumente von der Schweiz nicht unbesehen übernommen werden. Anpassungen der Mustervorschriften sind erst gültig, sobald der Bundesrat den Verweis auf die aktualisierten Mustervorschriften genehmigt und in Kraft setzt. Blosse OECD-Anpassungen des Kommentars oder der weiteren Ausführungsbestimmungen (ohne Anpassung der Mustervorschriften) sind von diesem statischen Verweis allerdings nicht betroffen.

2. Inkraftsetzung
Im erläuternden Bericht wird ausgeführt, dass der Bundesrat von einer Inkraftsetzung der Verordnung per 1. Januar 2024 ausgeht. Sollten sich bei der Umsetzung in anderen Ländern Verzögerungen ergeben, wird der Bundesrat das Inkrafttreten erneut prüfen. SwissHoldings geht aktuell ebenfalls davon aus, dass die Mindestbesteuerung in den meisten Staaten des Inclusive Framework auf 2024 in Kraft gesetzt wird, weshalb sich auch die Schweiz an diesem Datum orientieren sollte. Gleichzeitig ist allerdings zu berücksichtigen, dass in der EU aber auch den USA politische Widerstände existieren. Selbst ein Scheitern kann bei diesem Projekt aktuell noch nicht vollumfänglich ausgeschlossen werden. Diesen besonderen Umständen soll der Bundesrat Rechnung tragen können und in Absprache mit internen und externen Experten sowie den zuständigen parlamentarischen Kommissionen selber entscheiden können, ob und wann er die Verordnung in Kraft setzt. SwissHoldings begrüsst deshalb explizit, dass dem Bundesrat in dieser Frage die nötige Flexibilität eingeräumt wird. Abhängig von den internationalen Entwicklungen könnte es sogar Sinn machen, zu dieser Frage eine Anhörung der Kantone, der betroffenen Unternehmen und weiterer Kreise durchzuführen und im Zuge dessen die allfällige Inkraftsetzung detailliert zu regeln (z.B. Regelung für Gesellschaften deren Geschäftsjahr nicht dem Kalenderjahr entsprechen).

3. Besonderheiten im Verhältnis zum Mindestbesteuerungssystem der USA
Zu einem besonders vorsichtigen Vorgehen rät SwissHoldings bezüglich der Regelung von Artikel 6 Absatz 3 des Verordnungsentwurfs (Anwendung der Untertaxed Payments Rule [UTPR]). Unseres Erachtens sollte der Bundesrat während der kommenden Monate aufgrund der internationalen Entwicklungen regelmässig prüfen, ob die Schweiz diese Regelung tatsächlich umsetzen soll. Ausserdem sind wir der Ansicht, dass die Schweiz die UTPR, wenn überhaupt, erst nach einer Übergangsfrist von mindestens einem Jahr nach Einführung der Income Inclusion Rule (IIR) umsetzen sollte (Entwurf EU-Regelung).

Vorsicht bei der Einführung ist insbesondere wegen Investitionen von US-Unternehmen in der Schweiz angebracht. So werden die OECD-Mindestbesteuerungsregeln (gemäss GloBE) nicht mit jenen in den USA übereinstimmen. Auch die USA kennen ein Mindestbesteuerungssystem. Hauptunterschied ist, dass die US-Regelungen trotz gleichem Steuersatz von 15 Prozent eine unterschiedliche Steuerbasis aufweisen und die USA mit GILTI ein (aus Unternehmenssicht vorteilhafteres) «global blending» und kein (strengeres) «juristictional blending» anwenden. Entsprechend können die Regeln in den USA im Vergleich zu dem von der Schweiz verwendeten GloBE-System in einem Jahr zu einer höheren Besteuerung und in einem anderen Jahr zu einer tieferen Besteuerung führen. Der Bundesrat schlägt vor, dass die Schweiz auch bei US-Konzernen mit einer Schweizer Tochtergesellschaft die UTPR konsequent zur Anwendung bringt und in den USA erwirtschaftete Gewinne von US-Gesellschaften mit der internationalen Ergänzungssteuer der Schweiz erfasst. Wenn also in einem Jahr die US-Unternehmen in den USA zwar die US-Mindestbesteuerungsregeln einhalten (z.B. US-Steuersatz 16%), aber die GloBE-Vorgaben verletzen (z.B. GloBE Steuersatz 14%), will der Bundesrat die internationale Ergänzungssteuer konsequent erheben und die Schweizer Tochter dazu zwingen, die Steuer anteilsmässig hier in der Schweiz abzuliefern.

Die USA respektive US-Unternehmen sind die grössten ausländischen Investoren hier in der Schweiz. US-Unternehmen beschäftigen in der Schweiz zehntausende Mitarbeiter. Die USA sind die grösste Exportnation für Güter der Schweizer Industrieunternehmen. SwissHoldings ist der Ansicht, dass diese US-Investitionen und damit verbundene hiesige Arbeitsplätze sowie indirekt die gewaltigen Exporte von Schweizer Industrieunternehmen nicht gefährdet werden sollten. Ferner gehen wir davon aus, dass sich die USA dagegen zur Wehr setzen könnten (z.B. Gegenmassnahmen im Handelsbereich), wenn andere Staaten über die UTPR auf reines US-Steuersubstrat zugreifen wollen. Um solchen Massnahmen entgegenzuwirken, verzichtet aller Voraussicht nach das Vereinigte Königreich auf die Anwendung der UTPR. Derzeit ist diesbezüglich noch viel im Fluss. Deshalb sind wir der Ansicht, dass der Bundesrat hinsichtlich Artikel 6 Absatz 3 des Verordnungsentwurfs die internationalen Entwicklungen in den nächsten Monaten genau beobachten sollte und gegebenenfalls zur Vermeidung unnötiger Schäden für die Schweizer Wirtschaft eine andere Lösung umsetzen sollte. Im Rahmen der Entscheidfindung sind vom Bundesrat eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Der Verzicht auf die Anwendung der UTPR hat beispielsweise für betroffene Unternehmen mit Schweizer Hauptsitz erhebliche steuerliche Wettbewerbsnachteile gegenüber US-Konkurrenten zur Folge. Uns scheint es deshalb sinnvoll, bei der Entscheidfindung neben den Parlamentskommissionen auch die Wirtschaft eng einzubeziehen.

4. Zurechnung der Ergänzungssteuer zu den Geschäftseinheiten und Verteilung des Rohertrags
Die vom Bundesrat in den Artikeln 8 und 9 des Verordnungsentwurfs vorgeschlagenen Regelungen werden von SwissHoldings weitestgehend unterstützt. Die Regelungen sind bestrebt, eine möglichst verursachergerechte Zurechnung der Ergänzungssteuer und der Verteilung des Rohertrags umzusetzen. Bei der verursachergerechten Zurechnung auf die Geschäftseinheiten (Art. 8 Abs. 1) ist allerdings zu beachten, dass in der Praxis auch andere Vorgaben zu berücksichtigen sind. Soweit gute Gründe für eine andere Zurechnung respektive Weiterbelastung an einzelne Gesellschaften bestehen, muss unbedingt auf die im Erläuternden Bericht (S. 10) beschrieben negativen Auswirkung beispielsweise im Bereich der Verrechnungssteuer, der Emissionsabgabe oder der Mehrwertsteuer verzichtet werden.

Darüber, wie die verursachergerechten Vorgaben in der Praxis genau umzusetzen sind, bestehen verschiedene Modelle. SwissHoldings setzt sich für eine umsetzbare, gleichzeitig aber möglichst akkurate Lösung ein. Die vom Bundesrat in Artikel 8 Absatz 3 vorgeschlagene Aufteilung der Ergänzungssteuer nach den bundesrechtlichen Grundsätzen betreffend das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung stellt in interkantonalen Sachverhalten mit Betriebsstätten eine gangbare, aber nicht immer akkurate Lösung dar. SwissHoldings setzt sich dafür ein, dass eine akkuratere Lösung möglich sein muss (Wahlrecht). SwissHoldings schlägt entsprechend vor, grundsätzlich das einfachere (aber ungenauere) Modell A anzuwenden. Soweit das betroffene Unternehmen und dessen Hauptsitzkanton das genauere und verursachergerechtere Modell B verwenden wollen, soll dies möglich sein. Das Modell B ist besser geeignet, dem Verursacherprinzip Rechnung zu tragen als das Modell A. Die Komplexität ist im Vergleich nur leicht höher und sollte unseres Erachtens in der Praxis gut umsetzbar sein. Entsprechend fordern wir die Anpassung von Artikel 8 Absatz 3 des Verordnungsentwurfs.

5. Verschiedenes
Zu Artikel 1 Absatz 2 des Verordnungsentwurfs: Unseres Erachtens beurteilt sich die Zugehörigkeit nicht allein nach dem internen Recht im DBG, sondern auch nach den anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen. Dies sollte in der Verordnung festgehalten werden.

Zu Artikel 4 Absatz 1: Die Mindestbesteuerungsvorgaben gelten nur für Unternehmen, welche einerseits die Umsatzschwelle von 750 Millionen Euro überschreiten und andererseits Geschäftseinheiten in mindestens zwei Ländern unterhalten. Konzerne, welche nur über Geschäftseinheiten in einem einzigen Land verfügen, fallen nicht darunter, selbst wenn die Umsatzschwelle überschritten wird. Dieser wichtige Grundsatz sollte im Wortlaut der Verordnung klar festgehalten werden. Dies gilt auch für die de minimis-Regel von Artikel 5.5 der Mustervorschriften (Ausnahme für Geschäftseinheiten, die im Geschäftsjahr weniger als 10 Millionen Euro Umsatz und weniger als 1 Million Euro Gewinn aufweisen).

Für die Berücksichtigung unserer Anliegen danken wir Ihnen bestens.

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