Im Rahmen der Vernehmlassung zur Teilrevision des Kartellgesetzes wurde wiederholt gefordert, auch die dringend notwendige Institutionenreform anzugehen. Zwar hat der Bundesrat grundlegende Probleme identifiziert, die aktuelle Vorlage, zu welcher die Vernehmlassung am 6. Oktober 2025 endete, adressiert die Defizite jedoch nur unzureichend. Da kartellrechtliche Direktsanktionsverfahren gemäss der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) als Strafverfahren gelten, ist die institutionelle Trennung von Untersuchungs- und Entscheidbehörde zwingend. Nur so können Fairness und Rechtssicherheit garantiert werden.
Bereits 2012 scheiterte der Versuch einer Neugestaltung der Wettbewerbsbehörde. Im Rahmen der laufenden Revision des Kartellgesetzes wurde jedoch deutlich, dass eine Institutionenreform dringend notwendig ist. Hauptkritikpunkte sind die fehlende Trennung zwischen Untersuchungs- und Entscheidungsinstanz, die langen Verfahrensdauern sowie die mangelnde Spezialisierung der Berufungsbehörde. Selbst das Bundesgericht hat das Sanktionsverfahren der Wettbewerbskommission (WEKO) als nicht EMRK- und verfassungskonform bezeichnet.
Ungleiche Spiesse bei der WEKO
Zwischen dem Sekretariat und der WEKO selbst herrscht ein massives Informationsgefälle. Der Einfluss des Sekretariats auf die Entscheide der WEKO und deren Begründung ist enorm. Dies widerspricht dem Prinzip der Trennung von Untersuchungs- und Entscheidungsinstanz. Zusätzlich besteht ein klares Ungleichgewicht zwischen dem rechtlichen Gehör der Unternehmen und den Beitrag, den das Sekretariat leistet. Es bestehen schlicht keine gleich langen Spiesse. In einem Strafprozess wäre es inakzeptabel, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren prägt und den Entscheid der Erlassbehörde selbst begründet, während die Verteidigung keinen gleichwertigen Zugang zu einer unabhängigen und ergebnisoffenen Entscheidinstanz erhält. Warum sollte es im Wettbewerbsrecht anders sein?
Verfahren mit Nebenwirkungen
Hinzu kommt, dass die öffentliche Bekanntgabe von Untersuchungen und die oftmals jahrelange Dauer der Verfahren beträchtliche Reputationsschäden für Unternehmen verursachen – unabhängig vom späteren Entscheid und der Rechtmässigkeit des Verhaltens. Aktuell ist das Akzeptieren einer sogenannten «einvernehmlichen» Regelung die einzige Möglichkeit, diese Schäden zu minimieren. Faire Prozesse müssen jedoch gewährleisten, dass bei rechtmässigem Verhalten keine Schäden entstehen. So wichtig der Schutz vor Kartellen ist, die jetzigen Prozesse sind nicht fair.
Mut zu weitreichender Reform
Zur Verbesserung der Gewaltenteilung ist eine institutionelle Trennung unabdingbar. Ideal wäre die Einführung eines unabhängigen Wettbewerbsgerichts nach internationalem Vorbild. Dieses würde für gleich lange Spiesse für Anklagebehörde und betroffene Unternehmen sorgen und dürfte die Verfahrensdauer erheblich verkürzen. Mindestens muss aber die WEKO selbst gestärkt werden, damit sie den Sachverhalt eigenständig prüfen, Anträge des Sekretariats kritisch hinterfragen und bei Bedarf eigene Beweise erheben kann. Dies könnte konkret durch die Einführung einer Kommissionsschreiber:innen-Funktion sowie durch eine räumliche und organisatorische Trennung zwischen dem Sekretariat und der WEKO erreicht werden. Für SwissHoldings ist zentral, dass die Schweiz eine modernisierte, faire, effiziente und rechtsstaatliche WEKO erhält. Die Zeit ist reif für eine mutige und weitreichende Reform.
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Felix Küng | Manager Recht | +41 (0)31 356 68 64