Kurzposition

Die Mitglieder unserer Verbände begrüssen den Verordnungsentwurf grossmehrheitlich und sind der Auffassung, dass mit dem vorgesehenen Instrumentarium eine zukunftsbeständige Lösung vorliegt, welche die wichtigsten Anliegen der Wirtschaft gebührend berücksichtigt. Insbesondere werden die Bestrebungen als positiv erachtet, die Verordnungsbestimmungen in enger Abstimmung mit den entsprechenden Regulierungen im internationalen Umfeld zu definieren.

Aus Sicht der Wirtschaft entspricht der vorgeschlagene Verordnungstext in grossen Teilen den Zielvorgaben der Politik. Die damit verbundenen neuen Pflichten sind für die direkt adressierten Unternehmen herausfordernd. Dies gilt insbesondere für die geforderte Rückverfolgbarkeit der Lieferketten im Bereich der Kinderarbeit. Darüber hinaus werden durch die Wertschöpfungskette hindurch weite Teile der Gesamtwirtschaft auch indirekt von den Bestimmungen erfasst. Anpassungsbedarf auf Basis der Verordnung besteht in Bezug auf einzelne Punkte, sei es zur besseren Abstimmung mit den internationalen Entwicklungen oder um den Unternehmen mehr Klarheit in Bezug auf die Erwartungen des Gesetzgebers zu geben:

Art der gesetzlichen Verankerung von internationalen Regelwerken („Soft Law“)
Die referenzierten internationalen Regelwerke beschreiben einen Erwartungsstandard. In der Verordnung soll der Natur dieses „Soft Law“ stärker Rechnung getragen werden. Diese Regelwerke sind prinzipienbasiert ins nationale Recht zu überführen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich die ILO-Kernübereinkommen an Staaten und nicht an Unternehmen richten. Hier ist unser Verständnis, dass nur Normen, welche sich explizit an Unternehmen richten, von diesen befolgt werden müssen. Dies muss klargestellt werden. Zusätzlich muss die Verordnung die Handlungsfreiheit der Unternehmen sicherstellen, für ihre Geschäftsmodelle oder ihr Risikoprofil passende und künftig auch andere, neu geschaffene international abgestimmte und anerkannte Regelwerke zu verwenden.

Wichtige Punkte des Erläuternden Berichts sind als integraler Bestandteil der VSoTr zu verstehen
An mehreren Stellen des Erläuternden Berichts zur VSoTr werden wichtige Klarstellungen vorgenommen. So wird beispielsweise auf Seite 4 festgehalten, dass es sich bei den Sorgfaltspflichten in den Bereichen “Konfliktmineralien” und “Kinderarbeit” um Bemühens- und keine Erfolgspflichten handelt. Auf Seite 13 wird des Weiteren ausgeführt, dass bei der Verdachtsbestimmung in Bezug auf Kinderarbeit das Produktionsland gemäss Herkunftsangabe (“made in”) entscheidend ist. Zudem wird auf Seite 23 darauf hingewiesen, dass insbesondere bei den komplexen Lieferketten im Bereich der Kinderarbeit ein risikobasierter Ansatz zu wählen ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind diese wichtigen Präzisierungen direkt auch im offiziellen Verordnungstext zu verankern.

Fehlende Konkretisierung der Berichterstattungspflicht von Art. 964septies OR in der Verordnung
Der 6. Abschnitt der E-VSoTr beschäftigt sich mit der Berichterstattung, beschränkt sich aber auf den Aspekt der Konsolidierung. Inhaltliche Vorgaben für die Offenlegung sieht die Verordnung nicht vor. Nicht zuletzt infolge der mit der Verletzung der Berichtspflichten verbundenen Strafbarkeit gemäss Art. 325ter StGB sollte die Verordnung im Sinne der Rechtssicherheit eine Orientierungshilfe für die Berichterstattung geben, indem inhaltliche Eckwerte für die zu veröffentlichenden Informationen präzisiert werden.

Klarstellungen auch zur Berichterstattungspflicht über nichtfinanzielle Belange Art. 964ter OR notwendig
Der indirekte Gegenvorschlag regelt über Art. 964ter OR eine Berichterstattungspflicht über nichtfinanzielle Belange. Der Gesetzgeber sieht dabei zwar in den neuen Bestimmungen des OR keine expliziten Ausführungsbestimmungen für diesen Bereich vor. Gleichwohl drängen sich bezüglich einzelner Bestimmungen Klärungen auf, um den Unternehmen die nötige Rechtssicherheit bei der Umsetzung der Berichterstattungspflicht zu gewähren. Falls diese nicht auf Verordnungsebene aufgenommen werden, gilt es zu prüfen, ob diese Punkte allenfalls in einem Begleitbericht oder im Rahmen der Präsentation der Verordnung durch ein FAQ oder ähnliches konkretisiert werden könnten.

Insbesondere soll es den Unternehmen ermöglicht werden, die neuen Berichte in die bereits bestehende Struktur der Nachhaltigkeitsberichte zu integrieren. Ein Unternehmen soll des Weiteren wählen können, ob die neu zu berichtenden Informationen als eigenständige Berichte oder integriert in die reguläre Berichterstattung veröffentlicht werden.

Zudem ist es zentral klarzustellen, dass die Abstimmung über die Berichte dem Modell des Vergütungsberichts folgt, d.h. die Aktionäre können die Berichte, resp. den relevanten Teil des Berichtes zwar bestätigen oder ablehnen, dies jedoch ohne eigentlich bindende Wirkung; die Generalversammlung kann nicht gestützt auf die Berichte ein Verhalten vom Verwaltungsrat verlangen. Es gehört zu den unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates, die Strategie des Unternehmens, einschliesslich der Nachhaltigkeitsstrategie und des Risikomanagements, festzulegen. Die Kompetenz kann nicht – auch nicht indirekt über eine Abstimmung – an die Generalversammlung übertragen werden.

Download gesamte konsolidierte Stellungnahme der Wirtschaft [pdf]

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