Sorgfaltspflichten, Beweislastumkehr, Haftungsnormen – über die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative wird viel diskutiert. Was würde sich aber konkret für betroffene Schweizer Unternehmen nach einer Annahme der Initiative ändern? Wir haben nachgefragt. Nestlé gibt einen Einblick in die Herausforderungen rund um Kinderarbeit entlang ihrer Kakaolieferkette in der Elfenbeinküste und Ghana.
72 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion konzentriert sich auf Westafrika. Nestlé bezieht einen grossen Teil des Kakaos aus der Elfenbeinküste und Ghana. Im Bereich der Kakaoproduktion arbeitet Nestlé direkt mit Kleinbauern zusammen, obschon das Unternehmen etwa 97 Prozent des Kakaos von Rohwarenhändlern bezieht. Viele der Kleinbauern betreiben ihre Farmen weit abseits von Städten und befestigten Strassen. Die Situation vor Ort unterscheidet sich fundamental von derjenigen in der Schweiz. Kinderarbeit ist leider nach wie vor üblich. Die Gründe dafür sind vielfältig und erstrecken sich von der grossen Armut und damit der Notwendigkeit, dass sich Kinder am Familieneinkommen beteiligen, über die illegale Einwanderung von Kindern bis hin zu fehlenden Geburtsurkunden und dadurch dem Ausschluss von der Sekundarschule.
Welchen Effekt hätte die Annahme der Initiative?
Nach einem Ja zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative am 29. November 2020 würde jedes Kind auf einer Kakaoplantage, die für Nestlé produziert, zu einem Haftungsrisiko. Die transparente Berichterstattung könnte jederzeit vor Gericht gegen Nestlé verwendet werden.
Die Zusammenarbeit insbesondere mit kleineren Produzenten, wo man Probleme identifiziert hat oder vermutet, wird riskant. Stattdessen würde die Zusammenarbeit mit grossen Lieferanten, die sich mit Zertifikaten ausstatten, attraktiver. Gewissen Lieferanten droht somit insbesondere in risikoreichen Regionen das Ausscheiden aus den Lieferketten von Nestlé. Die Bauern riskieren, den Anschluss an die Märkte zu verlieren. Ihre Einkommensverhältnisse und Lebensbedingungen werden sich nicht verbessern und an der Armut als einer der Ursprünge von Kinderarbeit, ändert sich wenig. Stattdessen müsste in der Schweiz eine umfassende Bürokratie aufgebaut und zusätzliche Juristen eingestellt werden, um die Haftungsrisiken zu minimieren.
Egal wie man es dreht und wendet: Geholfen wäre damit in der Praxis niemandem.
“Die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative erklärt”