Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Damen und Herren
Am 1. Juli 2020 haben Sie uns eingeladen, in oben genannter Sache Stellung zu nehmen. Wir bedanken uns bestens für die Einladung und nehmen diese Gelegenheit der Meinungsäusserung gerne wahr.
SwissHoldings vertritt derzeit 59 Industrie- und Dienstleistungskonzerne am Standort Schweiz. Viele unserer Mitglieder weisen in diesem laufenden Geschäftsjahr Umsatzzahlen von über 500 Millionen Franken auf. Infolge dieser Geschäftszahlen überschreiten sie denn auch vielfach den für den Zugang zu den Krediten mit Solidarbürgschaften festgelegten Schwellenwert. Der Verband nimmt deshalb im Sinne eines Beitrages zur Diskussion zu den übergeordneten zur Anwendung kommenden Prinzipien der Schweizer Wirtschaftspolitik Stellung. In unserer Stellungnahme fokussieren wir auf eine Einschätzung aus Sicht der Gesamtwirtschaft. Für die übrigen, insbesondere branchenspezifischen Fragestellungen verweisen wir auf die Stellungnahme des Dachverbandes economiesuisse.
Das Ziel der Vorlage ist es, die auf dem Höhepunkt der COVID-19-Krise als Notverordnung erlassene und damit zeitlich befristete COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung vom 25. März 2020 ins ordentliche (Gesetzes-) Recht zu überführen. Bis zum Inkrafttreten des hierfür vorgeschlagenen COVID-19-Solidarbürgschaftsgesetzes („SBüG“) soll die Notverordnung des Bundesrats fortgelten.
SwissHoldings unterstützt das vorgeschlagene Bundesgesetz. Die Anpassungen, die im Verhältnis zur bisherigen Notverordnung vorgeschlagen werden, unterstützen wir ebenfalls. Diese umfassen insbesondere die vorgesehene Amortisationsfrist von fünf Jahren auf insgesamt maximal zehn Jahre und dass der verbürgte Kredit bis 500’000 Franken neu während der ganzen Laufzeit nicht als Fremdkapital betrachtet wird, um eine Überschuldung nach Obligationenrecht zu vermeiden.
Grundsatz
Neben der Kurzarbeitsentschädigung haben sich die Überbrückungskredite als zweites zentrales Element erwiesen, um eine disruptive Entwicklung der Schweizer Volkswirtschaft infolge des abrubten „COVID-19“-Krisenausbruchs zu verhindern. Dieses auf dem Höhepunkt der Krise vom Bundesrat beschlossene Massnahmenpaket hat wesentlich zur Vertrauensbildung und zur Stabilisierung der Ausnahmesituation beigetragen. Die Liquiditätshilfen wirkten rasch und gezielt. Es ist aus Sicht des Verbandes ermutigend, wie entschlossen die Schweizer Regierung auf den Krisenausbruch reagiert hat. Diese Lösung gilt auch international als vorbildlich. Begrüssenswert ist zudem, dass das Stützungspaket vielschichtig auf bereits etablierten Strukturen aufgebaut worden ist und die Nationalbank, die Aufsichsbehörden, der Finanzbranche wie auch das Bürgschaftswesen von Beginn an stark involviert wurden.
Ausblick
SwissHoldings versteht die COVID-19-Kredite als eine aussergewöhnliche Massnahme in einer aussergewöhnlichen Situation. Sie haben sich als wichtige Instrumente erwiesen, um den enormen wirtschaftlichen Schaden der von den Regierungen weltweit beschlossenen Stillstand-Massnahmen („Lock down“) abzufedern und zu verhindern, dass wirtschaftlich an sich gesunde Unternehmen durch die COVID-19-Epidemie in den Konkurs getrieben werden.
Diese Sondermassnahme gilt es rasch wieder abzusetzen, damit einzelne Unternehmen nicht über Massen bevorzugt, keine Fehlanreize ausgelöst und die resultierenden Belastungen für den Bundeshaushalt im Rahmen bleiben. Der Verband unterstützt deshalb die Haltung des Bundesrates, dass die Frist zur Einreichung der Gesuche für COVID-19-Kredite nicht auf Ende Jahr 2020 verlängert werden soll. Letztlich muss es das Ziel sein, dass die Unternehmen gestärkt aus der Krise hervorgehen und ihr Überleben künftig wieder selbst sicherstellen können. Dazu ist es zentral, dass Politik und Bevölkerung dafür sorgen, dass die Schweiz ein wirtschaftsfreundlicher Standort bleibt. Weiter ist sicherzustellen, dass eine funktionierende Kreditvergabe auf dem Markt jederzeit gewährleistet ist. Wir unterstützen daher die vom Dachverband economiesuisse vorgebrachte Forderung einer Schaffung einer gemischt zusammengesetzten Arbeitsgruppe des Bundes mit dem Ziel, im Kreise von Vertretern aus der Realwirtschaft, der Finanzwirtschaft, der SNB und der Verwaltung die Kreditvergabesituation in der Schweiz konstant zu überwachen.
Massvolle Anpassung der bestehenden Restriktionen bezüglich der Mittelverwendung
Grundsätzlich unterstützen wir eine massvolle Anpassung der bestehenden Restriktionen bezüglich der Mittelverwendung der gesprochenen COVID-19-Kredite. Für eine solche Anpassung wäre es jedoch sinnvoll gewesen, dass bei den verbürgten Krediten über 500’000 Franken die vorgesehene Risikoverteilung zwischen Staat und Finanzsektor “pari passu” erfolgt, d.h. Staat und Bank gleichrangig Verluste tragen. Ein solches Modell würde den Anreiz zur aktiven Kreditbetreuung erhöhen. Grundsätzlich hätte bei der Kreditvergabe der spezifischen wirtschaftlichen Situation und Aussichten des Gesuchstellers ein grösseres Gewicht eingeräumt werden sollen, um die Effektivität der staatlichen Stützung zu gewährleisten.
Härtefallregel
SwissHoldings begrüsst, dass der Bunderat in der Vorlage auf die Schaffung einer Härtefalllösung für ganze Wirtschaftssektoren oder Branchen zugunsten einer Einzelfall-basierten Härtefalllösung verzichtet. Der Verband teilt die Einschätzung, dass eine generelle Ausnahmeregelung nicht nur zu erheblichen Fehlanreizen führen würde, sondern auch nicht zielgerichtet wäre, weil sich die firmenspezifischen Ausgangslagen selbst innerhalb einer Branche zum Teil stark unterscheiden. Auch die mögliche Verlängerung der Amortisationsfrist auf 10 Jahre befürworten wir grundsätzlich. Hinsichtlich der Verhinderung der Überschuldung möchten wir zusätzlich darauf hinweisen, dass der Verschuldungsgrad einer Unternehmung nicht nur aus Sicht OR und SchKG relevant ist, sondern auch für die Finanzierungssituation der Unternehmung aus privatwirtschaftlicher Sicht, so z.B. betreffend Bank- und auch Lieferantenkrediten. Unabhängig der obligationenrechtlichen Behandlung können zu stark verschuldete Unternehmen erheblich in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt sein. Insofern sollte das Gesetz die Voraussetzungen schaffen, dass gesunde Unternehmen, die durch die COVID-Krise und die Liquiditätshilfen an den Rand ihrer Schuldentragfähigkeit kommen, ihre Verbindlichkeiten restrukturieren können.
Wir unterstützen auch die weiter in Aussicht gestellten Instrumete, welche mit der „Vorzeitigen Honorierung der Bürgschaft“ sowie der Optionen für die „Bewirtschaftung der Forderungen“ Erleichterungen schaffen sollen. Generell wäre angezeigt, die Situation in einem Jahr – unter der Annahme, dass dann die Krisenauswirkungen klarer zu bemessen sind – zu überprüfen.
Verhinderung, Bekämpfung und Verfolgung von Missbrauch
Um die finanziellen Risiken für den Bund zu begrenzen, hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) auf Grundlage der COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung Prüfaktivitäten zur Missbrauchsbekämpfung festgelegt. Mit dem vorliegenden Vorentwurf werden zudem die längerfristigen Grundlagen zur Missbrauchsbekämpfung gelegt (Art.10). Zentrale Grundlage für die Prüfaktivitäten bilden der Daten- und Informationsaustausch und die damit verbundene Befreiung der involvierten Parteien vom Bankkunden-, Steuer-, Revisions-und Amtsgeheimnis. SwissHoldings begrüsst diese Sicherungsmassnahmen. Denn ohne diese Vorkehrungen bestünde das Potential für erheblichen Missbrauch.
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