Capital Markets, Editorials

Denise Anne Laufer

Leiterin Wirtschaft, Mitglied der Geschäftsleitung
SwissHoldings

Der Ausbruch von «COVID-19» hat die Welt dramatisch verändert. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert mit 3 Prozent den stärksten Rückgang der weltwirtschaftlichen Leistung in der Nachkriegsgeschichte. Das Tempo und das Ausmass der Erholung im Jahr 2021 sind stark davon abhängig, welche wirtschaftspolitischen Massnahmen die Länder weltweit ergreifen und wann die Pandemie nachlässt. In der Schweiz werden die eidgenössischen Räte kommende Woche über das weitere Vorgehen beraten. Aus Sicht von SwissHoldings sollen Massnahmen zur Reaktivierung der Wirtschaftstätigkeit wie beispielsweise die Stärkung des weltweiten Handelssystems höher auf der politischen Agenda gewichtet werden.

Nach sechs Wochen Stillstand in der Schweiz gibt es diese Woche erste Lockerungen: Coiffeursalons, Gartencenter und Baumärkte dürfen wieder öffnen. In den nächsten Wochen werden weitere Schritte folgen. SwissHoldings hat seit Beginn die vom Bundesrat verordneten Schutzmassnahmen mitgetragen, welche einer weiteren Verbreitung des Virus entgegenwirken und der Forschung und dem Gesundheitssystem die nötige Zeit für die Vorbereitungsarbeiten zur Bekämpfung des Virus einräumen sollen. Die «COVID-19»-Pandemie hat bis dato einen enormen wirtschaftlichen Schaden zur Folge gehabt.

 

Einschätzung der Krise durch SwissHoldings Mitgliedsfirmen

Zwar haben in einer Verbandsumfrage die Mitgliedsfirmen von SwissHoldings angegeben, dass sie vielerorts ihre Produktion und Dienstleistungen unter erschwerten Bedingungen in den letzten Wochen aufrechterhalten konnten. Doch auch sie waren vom «COVID-19»-Schock betroffen, welcher sich im direkten Gegensatz zur Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 / 2009 sowohl auf der Angebots- als auch der Nachfrageseite zeigte. In Konsequenz gehen sie davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft sich synchron mit dem globalen Wirtschaftsumfeld entwickeln wird – dass es also nicht zu einer Abkoppelung der hiesigen BIP-Trends kommen wird.

 

SwissHoldings begrüsst das bis dato entschlossene Handeln des Bundesrates

Wie stark die wirtschaftlichen Einschnitte tatsächlich sind, hängt davon ab, ob die Ausbreitung des Virus in den internationalen Märkten rasch begrenzt werden kann und wie gut die Interventionen der Staaten und Zentralbanken greifen. Vor diesem Hintergrund hat SwissHoldings das entschlossene Handeln des Bundesrates und insbesondere das von ihm verabschiedete wirtschaftspolitische Stabilisierungspaket in der ersten Phase der Krisenbekämpfung unterstützt. Es ist wichtig, dass die Unternehmen und ihre Beschäftigten vor schweren disruptiven Verwerfungen bestmöglich geschützt werden können.

Die Behandlung dieser wirtschaftspolitischen Stützungsmassnahmen steht denn auch im Zentrum der Beratung der eidgenössischen Räte, welche sich nächste Woche zu einer ausserordentlichen Session in Bern treffen. Nahezu jede vorberatende Kommission hat für diese anstehende Debatte eine Vielzahl von Anträgen formuliert. Im Vordergrund stehen Forderungen zum Ausbau der gesprochenen Leistungen (bspw. im Bereich Tourismus, Medien und Selbstständigerwerbende), zur Modifikation der Bedingungen für die Überbrückungskredite (bspw. in Bezug auf Kreditdauer und Zinshöhe) sowie zur Senkung von Missbrauchsrisiken der Kredithilfen. Prominent findet sich auch eine Motion, welche von mehreren Kommissionen mitgetragen wird, und den Bundesrat auffordert, das Parlament in der a.o. Session auf Basis der dann vorliegenden Daten über die wirtschaftlichen Auswirkungen der angeordneten Massnahmen in der Corona-Krise zu informieren. Zudem soll das Gremien aufzeigen, wie es die Abwägung zwischen gesundheitspolitischem Nutzen und wirtschaftlichem Schaden künftig vornehmen wird.

 

Der Verband wird die Beratungen der eidgenössischen Räte von nächster Woche aktiv begleiten

SwissHoldings wird diese a.o. Session im Mai aktiv begleiten. Wie schon ausgeführt, unterstützt der Verband das Entlastungspaket, da es vielschichtig aufgebaut ist und auf bewährte bereits bekannte Instrumente setzt. Gleichzeitig gilt es jedoch zu verhindern, dass das Paket zu erheblichen Verzerrungen und Missbrauchsrisiken führt. Generell scheinen die in der a.o. Session zur Debatte stehenden Massnahmen nach wie vor mehr auf Schadensbegrenzung zu setzen, anstatt dass sie auf die Stimulierung der Wirtschaft und damit auf die nachhaltige Krisenbewältigung abzielen würden. Aus Sicht von SwissHoldings ist dies zu bemängeln. Nach einer Phase von unvermeidlich hohem staatlichem Engagement müssen Strategien zur Reaktivierung der Wirtschaftsaktivität ebenfalls stark gewichtet werden. Sonst droht ein Szenario, in welchem die fiskalpolitischen Folgewirkungen der Unterstützungspakete noch jahrzehntelang für die Schweiz bestehen bleiben, ohne dass sie durch massgebliche Vorteile nachhaltig aufgewogen werden.

Zuallererst braucht die Wirtschaft einen verlässlichen Planungsrahmen für die anstehenden Massnahmen der Politik zur Eindämmung der Epidemie wie auch der weiteren Öffnungsschritte der Wirtschaftstätigkeit. Die kategorische Bedingung für alle weiteren Massnahmen ist die Verhinderung einer relevanten Anzahl von Neuinfektionen. Eine erneute Verschärfung in der «Lock-down»-Verordnung würde sich nachhaltig negativ auf das Investoren- und Konsumentenvertrauen auswirken.

 

Die Stärkung der liberalen Weltwirtschaftsordnung spielt eine entscheidende Rolle für die Reaktivierung der Wirtschaft – und steht leider bisher zu wenig stark im Fokus

Wie zeitnah die Reaktivierung der Wirtschaftsaktivität nachhaltig gelingen wird, wird direkt vom Zeitpunkt abhängen, ab welchem wirksame Therapie- und Impfstoffe gegen den Virus zur Verfügung stehen. So ist es denn derzeit auch verfrüht, zusätzliche staatliche Stimulierungsmassnahmen zu beschliessen. Schon die bisher geleisteten Aufwendungen werden einen hohen Anstieg der Staatsverschuldung zur Folge haben. Ein Ausbau weiterer Massnahmen ist nur dann ins Auge zu fassen, wenn dieser wirklich notwendig ist.

Vielmehr gilt es, das Spektrum des Handlungsfeldes zu erweitern. Bislang wurde bei der Bekämpfung der Corona-Krise viel Augenmerk auf die innenpolitischen Massnahmen gerichtet. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verwerfungen auf den internationalen Märkten greift dies zu kurz. Denn nicht nur die Natur der Pandemie ist global. Auch die effektiven wirtschaftlichen Folgeschäden für die Schweiz werden angesichts der engen globalen Verflechtung der hiesigen Firmen weniger von der lokal orientierten Firmenaktivität, als direkt vom Zustand der Weltwirtschaft bestimmt. Es wird eine Herausforderung darstellen, den durch die Krise erfolgten Einbruch des internationalen Handels und die damit einhergehende Beeinträchtigung in den internationalen Lieferketten auszugleichen.

Infolge der durch die Krise offengelegten starken ökonomischen Abhängigkeiten wird zunehmend eine Überprüfung der Zweckmässigkeit dieser internationalen Arbeitsteilung und eine stückweite Re-Nationalisierung der Wirtschaftsstruktur gefordert. Aus Sicht von SwissHoldings sind solche protektionistischen Massnahmen jedoch das falsche Rezept. Zielführender ist es, gleichzeitig die regionalen wie globalen Strukturen zu stärken und so das System insgesamt resilienter zu machen. Die Schweiz soll sich deshalb dafür einsetzen, dass Massnahmen zur Stabilisierung des multilateralen Handelssystems möglichst breit und umfassend umgesetzt werden. Ein klares Bekenntnis der internationalen Staatengemeinschaft in diese Richtung würde nicht nur die Wirtschaftstätigkeit direkt ankurbeln, sondern auch das Vertrauen stärken, dass die Staaten weltweit in der Lage sind, koordiniert eine Antwort auf eine globale Krise bereitzustellen.

 

Besonderes Augenmerk für Entwicklungs- und Schwellenländer gefordert

SwissHoldings Mitgliedsfirmen gehören zu den grössten Direktinvestoren weltweit. Grosse Bestände an Kapital haben die Mitglieder insbesondere auch in Asien und Zentral- und Lateinamerika investiert. Anders als in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 / 2009 darf jedoch nicht damit gerechnet werden, dass die Schwellen- und Entwicklungsländer stabilisierend auf die globale Wirtschaftsaktivität wirken werden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der «COVID-19»-Pandemie auf diese Länder werden sich zwar erst mit einer gewissen Verzögerung gesamthaft zeigen. Es ist aber bereits heute klar, dass die Folgen einschneidend sein werden. Viele dieser Länder erleben derzeit infolge von «COVID-19» Devisenabflüsse in beispielsloser Dimension. Zudem sind sie oft zusätzlich von den aktuellen Verwerfungen auf den internationalen Rohstoffmärkten stark betroffen. Wenn die internationale Gemeinschaft eine Welle von Zahlungsausfällen ganzer Staaten vermeiden will, ist es zentral, dass sie zeitnah und in enger Abstimmung die erforderlichen Liquiditäts- und Stabilisierungshilfen für diese Länder bereitstellt.

 

SwissHoldings Mitgliedfirmen als grosse Direktinvestoren der Schweiz

Im Berichtsjahr 2018 belief sich der Kapitalbestand der Mitgliedsfirmen von SwissHoldings insgesamt auf 535 Milliarden Schweizer Franken. Über die Hälfte dieses Kapitals wurde in der EU investiert. Wichtige Zielländer sind darüber hinaus USA / Kanada wie auch Asien. Weltweit beschäftigten die SwissHoldings Firmen im Jahr 2018 gut 1,7 Millionen Menschen.

Die Konzerne in der Schweiz tragen massgeblich zum hiesigen Erfolgsmodell bei. Geschätzt steuern diese Grossunternehmen rund 35 Prozent zum Schweizer BIP bei. Darüber hinaus sorgen sie für einen wesentlichen Anteil der Steuereinnahmen der öffentlichen Hand. Als wichtige Nachfrager von Dienst- und Produktionsleistungen der lokalen KMU beschäftigen diese Unternehmen – direkt und indirekt – über die Hälfte aller Angestellten in der Schweiz.

Quelle: Schweizerische Nationalbank

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