Sie werden voraussichtlich erstmals am 20. sowie allenfalls am 27. August über die Fairpreisinitiative beraten. Im Hinblick darauf möchten wir Sie in kürzester Form darauf aufmerksam machen, wie problematisch die Fairpreisinitiative sowie der Gegenvorschlag sind.

Die Kernprobleme betreffen die Initiative gleichermassen wie den Gegenvorschlag, da beide (und der Gegenvorschlag sowohl in der Version des Bundesrats als auch in der verschärften Version des Nationalrats)in wesentlichen Punkten deckungsgleich sind.

  1. Durch die Initiative und den Gegenvorschlag werden die Preise nicht sinken … Der Gegenvorschlag wird ebenso wenig zu einer spürbaren Senkung des Preisniveaus in der Schweiz führen wie die Initiative (vgl. zu diesem Thema auch die Ausführungen des Bundesrats in seiner Botschaft). Hierfür bedürfte es der Beseitigung von Handelshemmnissen sowie Zollsenkungen.
  2. … gleichzeitig führen aber die Fairpreisinitiative sowie der Gegenvorschlag zu wesentlichen negativen Effekten.
  • Insbesondere führen sie zu einer unverhältnismässigen Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit.
  • Zudem werden erhebliche Rechtsunsicherheiten und dadurch unnötige (Compliance-)Kosten Namentlich die Frage, was im Zusammenhang mit der relativen Marktmacht unter «ausreichend und zumutbar» verstanden werden muss, ist unklar.
  • Auch ist zweifelhaft, ob die geforderten Regelungen überhaupt praktisch durchsetzbar sein werden. Dies wird von den Initianten und deren Umfeld auch zugestanden. Gleichwohl erhofft man sich eine Ausstrahlungswirkung auf das als «unfair» empfundene Preisniveau. Auf der Seite der Unternehmen steht hingegen fest, dass ein beträchtlicher Mehraufwand entsteht durch die Beachtung der geforderten Regelungen (Compliance) sowie das Führen allfälliger wettbewerbsrechtlicher Verfahren, selbst wenn diese siegreich beendet werden sollten. Gewinner sind dabei in beiderlei Hinsicht nur Anwälte für Wettbewerbsrecht als «lachende Dritte». In der COVID-19 Krise ist es nicht akzeptabel, Unternehmen neue Instrumente zuzumuten, wenn diese einerseits die (Rechtsberatungs-) Kosten in die Höhe treiben, aber andererseits ihre Wirksamkeit zur Zielerreichung nicht zweifelsfrei feststeht.
  • Initiative und Gegenvorschlag strapazieren den angemessenen Einsatz der Wettbewerbsbehörden.Primärer Zweck des Kartellgesetzes ist der Schutz des Wettbewerbes, nicht der bilateralen Vertragsverhältnisse und der (vermeintlichen) Preisgerechtigkeit zwischen einzelnen Marktteilnehmern. Das Konzept der «relativen Marktmacht» würde jedoch genau dort eingreifen. Es kann nicht Aufgabe einer Wettbewerbsbehörde sein, bestimmte Preise hoheitlich festzusetzen, statt sie den Verhandlungen der Vertragsparteien zu überlassen.
  • Die Regelung führt nachfrageseitig zur Benachteiligung der kleineren Unternehmen. Die Initiative und der Gegenvorschlag sehen eine Lieferpflicht an schweizerische Nachfrager vor. Damit sollen schweizerische Nachfrager von niedrigen Auslandspreisen profitieren. In den Genuss dieses Vorteils werden faktisch vor allem grosse Einkäufer kommen. Sie haben bessere Kenntnisse der ausländischen Marktverhältnisse und grössere Logistikkapazitäten als kleine Nachfrager. Dies führt zu steigender Ungleichheit und sicher nicht zu grösserer «Fairness». Deshalb verfehlen beide Vorlagen eines der Hauptziele.
  • Die Vorlagen fördern die vertikale Integration und schaden damit insbesondere den KMU. Weil Lieferanten immer Gefahr laufen werden, von kleineren Unternehmen als relativ marktmächtig bezichtigt und zur Lieferung zu regulierten Konditionen verpflichtet zu werden, werden die Lieferanten zögern, insbesondere mit kleineren Unternehmen Verträge abzuschliessen. Um Umsatzausfälle wettzumachen, werden die Lieferanten den eigenen Vertrieb ausbauen oder ihre Abnehmer vermehrt übernehmen und so die Lieferketten integrieren. Dies zum Schaden gerade der KMU, welche die Initiative eigentlich schützen möchte.
  1. Ganz allgemein gefasst stellt sich die Frage, ob in einem Hochlohnland Schweiz die Initiative und der Gegenvorschlag der richtige Weg sind.
  2. Swiss Finish: Mit dem Konzept der relativen Marktmacht würde Neuland betreten. Die damit verbundenen «Risiken und Nebenwirkungen» sind nicht abschätzbar, weil das Konzept, wie es die Initiative und der Gegenvorschlag vorsehen, ohne zusätzliche Einschränkungen in keiner europäischen Rechtsordnung verwendet wird.
  3. Zweckentfremdung des Kartellrechts: Das Kartellrecht soll den Wettbewerb und die effiziente Ressourcenallokation fördern. Der Versuch der «direkten Preissenkung» via Kartellrecht ist untauglich. Seine Umsetzung wäre wegen der aufgezeigten Belastungen für die Unternehmen in Krisenzeiten besonders schädlich.

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