Sehr geehrte Damen und Herren Ständerätinnen und Ständeräte

Heute Abend nahm der Nationalrat die Motion 20.3164 ‘Keine Dividenden bei Kurzarbeit’ mit 93 zu 88 Stimmen bei 11 Enthaltungen an. Diese beauftragt den Bundesrat, den Unternehmen Dividendenausschüttungen bei Kurzarbeitsentschädigung zu untersagen. Sollte die Motion noch während dieser Session in Ihrem Rat beraten werden, erlauben wir uns, Ihnen bereits heute unsere diesbezüglichen Empfehlungen zu unterbreiten.

Unsere Unternehmen sind sich bewusst, dass wir uns in einer schwierigen Situation befinden und alle ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten müssen. Es liegt an unseren Unternehmen, einen wohlüberlegten Entscheid zur Dividendenausschüttung zu fällen. Um dies zu bewerkstelligen und um auch zukünftig Arbeitsplätze sichern zu können, müssen sie über genügend Handlungsspielraum verfügen, welcher bei pauschalen Einschränkungen nicht mehr gegeben wäre. Vor diesem Hintergrund möchten wir Sie bitten, die Motion der SGK-N abzulehnen. Dies aus den folgenden Gründen:

  1. Unsere Mitgliedfirmen fällen den Entscheid zur Dividendenausschüttung – in und ausserhalb der Coronakrise – anhand eines abwägenden Entscheids, insbesondere anhand der Geschäftsergebnisse und Liquidität des jeweiligen Unternehmens. Es ist damit zu rechnen, dass die Aktionäre bei schlechteren Geschäftsergebnissen tiefere oder keine Dividenden erhalten. Hierzu braucht es keine staatliche Regelung: Unsere Unternehmen sind sich bewusst, dass es in Zeiten der Krise noch stärker als sonst wichtig ist, bei den Entscheiden über Dividendenausschüttungen Augenmass walten zu lassen. Ihren Entscheid über die Frage der Dividendenausschüttung und -höhe fällen sie – in- und ausserhalb der Coronakrise – nicht leichtfertig. Sie entscheiden aufgrund ausgewogener und abwägender Kriterien. Im Vordergrund stehen dabei die Kriterien des Geschäftsergebnisses sowie der Liquidität des Unternehmens. Auch der Bundesrat führt denn aus, dass bei einem schlechten Geschäftsergebnis die Dividende insbesondere im nächsten Geschäftsjahr selbstverständlich tiefer ausfallen wird, was eine Regelung der Dividendenausschüttung für das laufende Geschäftsjahr grundsätzlich unnötig macht. Dass ein Unternehmen beim Entscheid zur Dividende die Geschäftsergebnisse und die Liquidität nicht einbezieht, dürfte abwegig sein. Wir möchten Sie entsprechend darum bitten, nicht eine Regelung für alle Unternehmen inkl. Arbeitnehmer einzuführen, nur um allfällige einzelne schwarze Schafe zur regulieren, welche in ihren Entscheid über die Dividende in abwegiger Weise nicht die Geschäftsergebnisse und die Liquidität einbeziehen sollten.
  1. Wie der Bundesrat anführt ist die Kurzarbeitsentschädigung eine Versicherungsleistung, nicht eine Subvention des Staates: Die Kurzarbeitsentschädigung ist eine Versicherungsleistung, wofür die Arbeitgeber sowie die Arbeitnehmer zuvor jahrelang Prämien gemäss ALVG bezahlt haben. Es handelt sich dabei nicht um eine Subvention des Staates. Unsere Unternehmen leisten grosse Beiträge in diese Kasse, welche nicht im gleichen Umfang bezogen werden.
  2. Wie der Bundesrat ausführt, ist die Kurzarbeit ein Instrument zur Unterstützung der Arbeitnehmenden, deren Hauptziel der Schutz von Arbeitsplätzen ist, die unmittelbar bedroht sind. Der Bundesrat schreibt in seiner Stellungnahme zur Motion, dass die Annahme der Motion verheerende Folgen auf den Arbeitsmarkt hätte. Er führt aus, dass die Verknüpfung der Kurzarbeitsentschädigung mit den Dividenden gewisse Unternehmensstrukturen, deren Einkommen eng mit der Ausschüttung von Dividenden verbunden ist, stark belasten und dazu zwingen könnte, Arbeitsplätze abzubauen, was nicht im Interesse des Schweizer Arbeitsmarktes ist. Dem ist zuzustimmen. Die Kurzarbeitsentschädigung ist kein «Gefallen» des Staates an die Unternehmenswelt. Im Gegenteil handelt es sich um einen Mechanismus, der die Entlassung von Mitarbeitern verhindern oder verzögern soll, um Unternehmen und die Wirtschaft in einer schwierigen Phase nicht unnötigerweise strukturell zu beschädigen; die (unbeabsichtigte) Konsequenz eines Dividendenverbots könnte ein ‘Incentive’ dafür sein, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter bei Schwierigkeiten möglichst schnell entlassen werden, um ihre Handlungsfähigkeit zu bewahren. Ein derartiger Mechanismus würde aufgrund der unvermeidlichen strukturellen Schäden den Neustart nach Überwindung erschweren und damit auch das Gemeinwesen beeinträchtigen.
  3. Der zum Teil angeführte Vergleich der Kurzarbeit mit den Krediten resp. Bürgschaften hinkt. Sie bedeuten nicht dasselbe in Bezug auf die Liquidität eines Unternehmens. Es wäre entsprechend problematisch, wenn der Staat nun im Bereich der Kurzarbeit analog der Regelung zu den Krediten resp. Bürgschaften regulieren würde.
  4. Erzwungene Dividendenausfälle führen zu Verzerrungen im Kapitalmarkt: Sie machen gerade die stark leidenden Unternehmen zu potenziellen Opfern von Übernahmen oder könnten die Beschaffung von dringend benötigtem Eigenkapital verteuern oder gar verunmöglichen. Der Bundesrat seinerseits macht denn auch aufmerksam darauf, dass die Rechtsunsicherheit insbesondere auch betreffend bereits bezahlte Dividenden, dazu führen könnte, dass künftige Investoren eine höhere Rendite für ihre Investitionen fordern. Dies wiederum würde die Finanzierungskosten für die betroffenen Unternehmen erhöhen, was sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Schweiz auswirken würde.
  5. Eine staatliche Beschränkung der Dividendenausschüttung bei Kurzarbeit geht in Richtung «Enteignung» von Aktionärsrechten und ist unverhältnismässig: Der Entscheid zur Ausschüttung von Dividenden obliegt, innerhalb gesetzlicher Rahmenbedingungen, den Aktionären. Dieses Aktionärsrecht staatlich zu streichen und es damit Aktionär zu entziehen, geht in Richtung «Enteignung» und ist unverhältnismässig. Zu beachten ist auch, dass dieses wesentliche Aktionärsrecht eine grosse Bandbreite an Anspruchsberechtigten hat, von Institutionellen Investoren über Kleinsparer.
  6. Namentlich auch die Pensionskassen als Aktionäre und damit auch die versicherten Bürger sowie die Kleinsparer würden unter einer solchen Regelung leiden. Es ist zu beachten, dass in einer Null-/Negativzins-Umgebung die Dividenden eine wichtige Einnahmequelle nicht nur für individuelle Aktionäre, sondern auch für Sozialvorsorgeeinrichtungen wie die Pensionskassen (und ihre Versicherten) sind.
  7. Es ist sachfremd, die Dividende mit der Kurzarbeit zu vermengen, auch in zeitlicher Hinsicht: Es ist zum einen einmal ganz allgemein sachfremd, die Dividenden mit der Kurzarbeit zu verknüpfen. Der Bundesrat führt denn auch aus, dass das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das die Kurzarbeitsentschädigung (die es ja nicht erst seit der Coronakrise gibt) regelt, von den Unternehmen nicht fordert, dass sie auf die Ausschüttung von Dividenden verzichten, um Anspruch auf eine Kurzarbeitsentschädigung zu haben. Zum anderen ist die Verknüpfung der Kurzarbeit mit der Dividende insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht sachfremd. Auch der Bundesrat macht auf diese zeitliche Inkohärenz aufmerksam. Die Kurzarbeit bezieht sich auf das kommende Jahr. Der Beschluss zur Höhe der Dividende wird anhand der Liquidität und den Geschäftsergebnissen gefällt. Die Geschäftsergebnisse als Ergebnisse beziehen sich dabei auf das vergangene Jahr. Es ist entsprechend damit zu rechnen, dass sich die Coronakrise selbstverständlich wesentlich auf die Dividendenzahlungen im 2021 auswirken wird.
  8. Rückwirkungsproblematik und Gleichbehandlungsproblematik: Auf der einen Seite ist es rechtsstaatlich äusserst problematisch und bedenklich, Dividenden, welche bereits beschlossen und ausgeschüttet worden sind, nachträglich zu verbieten oder rückgängig zu machen; auch ist an die rein praktischen Probleme zu denken. Auf der anderen Seite führt die Regel ohne Rückwirkung zu einer krassen und willkürlichen Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen, abhängig vom zufälligen Kriterium, ob sie ihre Generalversammlung früher oder später im Jahr durchführen. Es wären dann bei den einen Unternehmen Dividendenausschüttungen verboten – weil sie im Zeitpunkt des Erlasses der Regulierung noch nicht über die Dividendenausschüttung beschlossen haben – während sie bei anderen zulässig wären. Auf dieses Problem weist ja denn auch der Bundesrat hin.
  9. In internationalen Gruppenstrukturen ist die Regelung speziell sachfremd und stossend; damit wird auch die Attraktivität des Holdingsstandorts Schweiz deutlich beeinträchtigt: Das Zusammenführen der Thematik der Dividende mit der Thematik der Kurzarbeit ist sachfremd. Dies zeigt sich insbesondere in Gruppenstrukturen. In Gruppenstrukturen muss diejenige Körperschaft, welche Dividenden ausschüttet, nicht mit derjenigen Körperschaft übereinstimmen, welche Kurzarbeitsentschädigung erhält. Insbesondere gibt es in der internationalen Situation inhaltlich keinen Grund, wieso eine Dividende von einer ausländischen Tochtergesellschaft an eine Schweizer Holdinggesellschaft nicht an deren Aktionäre ausgeschüttet werden kann, und zwar auch wenn eine Schweizer Tochter dieser Holding Kurzarbeitsentschädigung erhält.

Für fachspezifische Fragen steht Ihnen unsere Leiterin Recht, Dr. Manuela Baeriswyl (078 835 17 57), gerne zur Verfügung.

Für die Berücksichtigung unserer Anliegen danken wir Ihnen im Voraus bestens.

 

Download Schreiben vom 5. Mai (pdf)

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