Zusammenfassung der Position und Anliegen des Verbandes

  • Ausländische Direktinvestitionen sind für die Schweiz zentral. Der Wohlstand der Bevölkerung und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hängen in der kleinen und offenen Schweizer Volkswirtschaft direkt von der Einbindung in die globalen Wertschöpfungsketten ab.
  • Da die Schweizer Unternehmen selbst zu den grössten Direktinvestoren im Ausland gehören, hat die Schweiz ein besonderes Interesse an einem möglichst nicht-diskriminierenden und transparenten Zugang zu den internationalen Investitionsmärkten. Dies erreicht die Schweiz am ehesten, wenn sie sich selbst offen für ausländische Investitionen zeigt.
  • Der Bundesrat hat im Rahmen der Vernehmlassung eine Regulierungsfolgeabschätzung (RFA) zum Vorentwurf präsentiert. Die RFA kommt zum Schluss, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines solchen neuen Gesetzes ungünstig sei: Das Gremium spricht sich aus diesem Grund nach wie vor gegen die Einführung einer Investitionsprüfung aus. Es erachtet den bestehenden Rechtsrahmen als ausreichend. SwissHoldings unterstützt diese Position.
  • Die Frage, ob die Schweiz eine Investitionsprüfung einführen soll, kann jedoch nicht losgelöst von den internationalen Entwicklungen beurteilt werden. Wenn von Seiten OECD-Mitgliedstaaten flächendeckend Beschränkungen in Bezug auf gewisse ausländische Investitionen eingeführt werden, ist dies bei der Beurteilung des Schweizer Regulierungsansatzes zu berücksichtigen – dies nicht zuletzt auch um zu verhindern, dass eine Sogwirkung auf die Schweizer Wirtschaft ausgelöst wird.
  • In diesem Spannungsverhältnis stellt der vorliegende Entwurf einen Kompromiss dar. Um die Rechtsrisiken für die Wirtschaft möglichst klein zu halten, ist ein solch staatlicher Interventionsmechanismus im Rahmen einer zielgerichteten, administrativ schlanken und transparenten Ausgestaltung zu prüfen. Wichtig ist zudem, dass die Regelung mit den bereits bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar ist.

A. Einleitende Bemerkungen
Der Bund soll künftig Übernahmen von sicherheitsrelevanten Firmen durch ausländische Investoren prüfen. Am 18. Mai 2022 wurde der Vorentwurf für ein solches neues Investitionsprüfgesetz veröffentlicht und in die Vernehmlassung gegeben. Zuvor hatte das Parlament mit der Annahme der Motion 18.3021 Rieder entsprechende gesetzliche Grundlagen gefordert. Vorgeschlagen wird die Einführung einer Melde- und Genehmigungspflicht für gewisse Übernahmen inländischer Unternehmen.

Die Schweiz kennt bislang als kleine, offene Volkswirtschaft gegenüber ausländischen Direktinvestitionen traditionell eine grosse Offenheit. Das Land verfügt im Gegensatz zu anderen OECD-Staaten über keinen allgemeinen Mechanismus zur systematischen Überprüfung ausländischer Investitionsvorhaben (Investitionskontrolle bzw. -prüfung). Grundsätzlich unterliegen ausländische Direktinvestitionen ab gewisser Umsatzschwellenwerte lediglich einer wettbewerbsrechtlichen Prüfung.

Gleichwohl sind die kritischen Infrastrukturen in der Schweiz bereits heute geschützt, da die entsprechenden Unternehmen zumeist im Eigentum der öffentlichen Hand sind oder spezialgesetzliche Regelungen vorliegen.

Ausländische Direktinvestitionen sind für die Schweiz und ihre Wirtschaft zentral. Der Wohlstand der Bevölkerung und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hängen in der kleinen und offenen Schweizer Volkswirtschaft direkt von der Einbindung in die globalen Wertschöpfungsketten ab. Die Schweiz belegte gemäss aktuellen Zahlen der OECD im Jahr 2021 mit insgesamt USD 1’456 Milliarden im internationalen Vergleich Rang 8 der grössten Direktinvestoren weltweit. Beeindruckend ist auch die Zahl der im Ausland investierten Schweizer Unternehmen (über 19’000) und der dort beschäftigten Personen (über 2 Mio.). Aus der operativen Tätigkeit dieser Unternehmen sind im Jahr 2020 Kapitalerträge in der Höhe von über CHF 77 Milliarden in die Schweiz zurückgeflossen (rund 11% des BIP). Hinzu kommen jährlich substanzielle direkte und indirekte Steuererträge von Unternehmen mit Direktinvestitionen.

Da die Schweizer Unternehmen selbst zu den grössten Direktinvestoren im Ausland gehören, hat die Schweiz als offene Volkswirtschaft direkt ein besonderes Interesse an einem möglichst freien, nicht-diskriminierenden und transparenten Zugang zu den internationalen Investitionsmärkten. Dies erreicht die Schweiz aus Sicht des Verbandes am ehesten, wenn sie sich selbst offen für ausländische Investitionen zeigt. Der Bundesrat hat im Rahmen der Vernehmlassung eine Regulierungsfolgeabschätzung zum Vorentwurf präsentiert. Die RFA kommt zum Schluss, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines solchen neuen Gesetzes ungünstig sei: Das Gremium spricht sich aus diesem Grund nach wie vor gegen die Einführung einer Investitionsprüfung aus. Es erachtet den bestehenden Rechtsrahmen als ausreichend. SwissHoldings unterstützt diese Position.

Es gilt jedoch auch zu bedenken, dass die Frage, ob die Schweiz eine Investitionsprüfung einführen soll, nicht losgelöst von den internationalen Entwicklungen beurteilt werden kann. Wenn von Seiten OECD-Mitgliedstaaten flächendeckend Beschränkungen in Bezug auf gewisse ausländische Investitionen eingeführt werden, ist dies bei der Beurteilung des Schweizer Regulierungsansatzes zu berücksichtigen – dies nicht zuletzt auch um zu verhindern, dass eine Sogwirkung auf die Schweizer Wirtschaft ausgelöst wird.

Planungs- und Rechtssicherheit im Kontext von Übernahmen ist für ausländische Investoren und inländische Zielfirmen gleichermassen von zentraler Bedeutung. Der Investitionsprüfprozess fällt in die besonders kritische Zeit einer Übernahmetransaktion zwischen dem so genannten Signing und Closing. Scheitert eine Transaktion aufgrund einer solchen Prüfung, hat dies erhebliche Kosten für beide Parteien zur Folge. Um diese Rechtsrisiken für die Wirtschaft möglichst klein zu halten, ist ein solch staatlicher Interventionsmechanismus im Rahmen einer zielgerichteten, administrativ schlanken und transparenten Ausgestaltung zu prüfen.

B. Detailkommentare zum Vorentwurf des Bundesgesetzes (inkl. Begleitbericht)

Gerne nehmen wir zum Vorentwurf des Bundesgesetzes und zu den Ausführungen des Erläuternden Berichts wie folgt Stellung:

  1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1 «Zweck»
Das Gesetz bezweckt gemäss Vorentwurf, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Dazu werden Übernahmen von kritischen Infrastrukturen durch ausländische Investoren einer Bewilligungspflicht unterstellt. Die Investitionsprüfung beschränkt sich damit auf sicherheitsrelevante Aspekte. Kein Zweck der Investitionsprüfung soll die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen durch ausländische staatsnahe Investoren sein. Ebenfalls nicht Ziel des Gesetzes ist der grundsätzliche Schutz von Schweizer Arbeitsplätzen oder die Stützung spezifischer Branchen oder Industrien.

SwissHoldings erachtet es als wesentlich, dass der Bundesrat – dies im Unterschied zu seinen im August 2021 veröffentlichten Eckwerten für ein Investitionsprüfgesetz – die Verhinderung von allgemeinen Wettbewerbsverzerrungen nicht als Ziel der Investitionsprüfung im Vorentwurf für ein Investitionsprüfgesetz (IPG-E) verankert hat. Investitionskontrollen stellen einen massiven Eingriff in das von der Bundesverfassung verbürgte Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit dar. Im Unterschied zu anderen Ländern, deren Grundgesetze nur einzelne Bereiche der Wirtschaftsaktivität wie die Berufswahlfreiheit garantieren, ist die Wirtschaftsfreiheit in der Schweiz als umfassendes Grundrecht konzipiert. Ausnahmen werden lediglich bei Beeinträchtigung des Wettbewerbs oder der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit (Landesverteidigung, Schutz der Bevölkerung und Gesundheit) gewährt. Dieses Prinzip gilt es zu wahren.

Die vom Bundesrat gewählte Eingrenzung des Zwecks der Investitionsprüfung stellt zudem auch sicher, dass die Schweiz ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen einhält. Dies ist aus Sicht des Verbandes von zentraler Bedeutung: Die Schweiz ist bei der Frage der Ausgestaltung eines möglichen Investitionsprüfgesetzes an die Bestimmungen der GATS/WTO gebunden. Beide Abkommen erlauben Ausnahmen in Bezug auf ihr Kernprinzip der Nicht-Diskriminierung nur für Konstellationen, in denen das überwiegend öffentliche Interesse wie die öffentliche Ordnung und Sicherheit eines Vertragsstaates gefährdet ist.

  1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Artikel 3 «Begriffe»
SwissHoldings bevorzugt in Bezug auf die Definition eines inländischen Unternehmens die vom Bundesrat im Vernehmlassungsentwurf in Aussicht gestellte Variante 1. Die gewählte Eingrenzung muss zwingend dem Anspruch eines «level-playing field» gerecht werden. Eine Ausnahmeregelung für ausländische Tochterunternehmen in der Schweiz von der Prüfpflicht – wie dies Variante 2 implizieren würde – würde denn auch zu einer nicht gewünschten Wettbewerbsverzerrung führen.

Der Entwurf sieht mit Verweis auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA) der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) Ausnahmen für ausländische Investoren vor, sofern es sich dabei um natürliche Personen aus dem «EU/EFTA»-Raum handelt. Es wäre zumindest zu prüfen, ob die entsprechende Ausnahmeregelung nicht auch auf juristische Personen aus diesem Rechtsraum ausgeweitet werden könnte.

  1. Abschnitt: Genehmigungspflicht

Artikel 4 «Genehmigungspflichtige Übernahmen»
Aus Sicht des Verbandes ist es zur Sicherstellung eines zielgerichteten und schlanken Regulierungsansatzes richtig, dass die Übernahme eines inländischen Unternehmens durch einen ausländischen privaten Investor ohne Staatsnähe grundsätzlich keiner Melde- und Genehmigungspflicht unterliegt, dass folglich bei der Genehmigungspflicht zwischen ausländischen staatlichen respektive staatsnahen und ausländischen privaten Investoren differenziert wird. Die Einschätzung des Bundesrates wird geteilt, dass die grössten Risiken für die in Art. 2 IPG-E festgelegten Ziele einer Investitionsprüfung am ehestens im «Systemwettbewerb» von staatsnahen im Vergleich zu nicht-staatlichen Firmen resultieren dürften.

Es gilt hier jedoch zu bedenken, dass in der Praxis die Abgrenzung von ausländischen Unternehmen, die unmittelbar oder mittelbar von einer staatlichen Stelle kontrolliert werden, von privaten Unternehmen nicht immer einfach sein dürfte. Es gibt keine allgemein anerkannte Definition des Begriffes Staatsunternehmen. Die von der OECD in diesem Kontext zur Verfügung gestellte Klassifizierung, wonach ein staatseigenes Unternehmen als «jede juristische Person, die nach innerstaatlichem Recht als Unternehmen gilt und in der der Staat eine Eigentümerfunktion wahrnimmt. Darüber hinaus sollten Institutionen des öffentlichen Rechts, deren Rechtspersönlichkeit durch spezifische Gesetze geschaffen wird, als staatseigene Unternehmen betrachtet werden, wenn ihre Zielsetzungen und Aktivitäten bzw. Teile ihrer Aktivitäten überwiegend wirtschaftlicher Natur sind.» ist in diesem Kontext als nicht abschliessend zu werten. Des weiteren haben Erfahrungen in anderen OECD-Mitgliedsstaaten gezeigt, dass der Nachweis der mittelbaren Kontrolle («letztlich berechtigter Investor») grundsätzlich sehr aufwendig ist.

Im Vorentwurf ist des weiteren eine Positivliste von Branchen verankert, welche der Melde- und Genehmigungspflicht unterliegen sollen, unabhängig davon, ob die Eignerstruktur des investierenden Unternehmens staatlicher oder privatwirtschaftlicher Natur ist. Aus Sicht des Verbandes ist diese Liste dieser Sektoren (Art. 4b/c IPG-E) zu umfassend indem sie teils über die sicherheitskritischsten Bereiche hinausgeht. Die Stärkung der Resilienz und Versorgungssicherheit bei internationalen Krisen hängt stark von der Qualität der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ab und ist keine Frage von Eigentumsstrukturen der Unternehmen in der Schweiz. Dies hat die Corona-Pandemie jüngst eindrücklich aufgezeigt. Auch im Bereich der Verkehrsinfrastrukturen wären weniger restriktive Prüfpflichten möglich gewesen (z.B. nur bei nationaler Bedeutung).

Des weiteren gilt zu bedenken, dass die Abgrenzung, welche Unternehmen in welcher Branche tätig sind, in der Praxis oft nicht eindeutig sein dürfte. Erfahrungen aus anderen OECD-Ländern haben gezeigt, dass Investoren sehr vorsichtig sind und mehr Investitionsprojekte melden, als dies eigentlich von Gesetzes wegen verlangt wird. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit soll von Seiten Staat eine kurze verbindliche Überprüfung angeboten werden, ob bei einem besagten Investitionsvorhaben eine Melde- und Genehmigungspflicht besteht oder nicht.

  1. Abschnitt: Genehmigungspflicht

Artikel 5 «Genehmigungskriterien»
Gemäss Art. 5 Abs. 1 VE-IPG wird eine meldepflichtige Übernahme genehmigt, wenn ex ante betrachtet «kein Grund zur Annahme besteht, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit durch die Übernahme gefährdet oder bedroht ist.» Die Gefährdung und Bedrohung sind gemäss dem Erläuternden Bericht als Produkt von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmass zu verstehen: Tendiert die Wahrscheinlichkeit, dass eine Übernahme mit an sich hohem Schadensausmass für die Sicherheit der Schweiz diese auch effektiv gefährdet gegen Null, so ist die Übernahme zu genehmigen.

Die im Vorentwurf präzisierten Genehmigungskriterien, die bei der Beurteilung einer meldepflichtigen Transaktion insbesondere zu berücksichtigen sind, sind als relativ vage zu werten. Die Auflistung enthält eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen, die den Behörden bei der Beurteilung im Einzelfall einen grösseren Ermessungsspielraum belassen und deren Auslegung für Unternehmen nicht ohne Weiteres vorhersehbar sein dürfte. Ob mit diesem Ansatz das erklärte Ziel des Entwurfes, eine möglichst hohe Vorhersehbarkeit der Rechtsanwendung sicherzustellen erreicht wird, ist daher fraglich. In diesem Kontext gilt jedoch auch zu bedenken, dass ein solches Prüfgesetz auch Raum bieten muss, damit die Behörden auf unvorhersehbare Sachverhalte in sicherheitspolitisch sensitiven Bereichen reagieren können. Falls der Gesetzesvorschlag dereinst in Kraft treten sollte, ist es von zentraler Bedeutung, dass die zuständige Behörde durch flächendeckende Veröffentlichung eingehend begründeter Entscheide möglichst rasch (mehr) Rechtssicherheit schafft – und sich nicht wie in anderen Ländern eine schwer vorhersehbare Genehmigungspraxis etabliert.

  1. Abschnitt: Genehmigungsverfahren

Wir unterstützen ein zweistufiges Verfahren, weil dieses die Rechtsicherheit für die Unternehmen erhöht. Zudem ermöglicht eine solche Struktur eine effiziente Abwicklung der Prüfentscheidung. Mit Blick auf das eigentliche Prüfverfahren zeigt die rechtsvergleichende Analyse im Erläuternden Bericht auf, dass auch kürzere Fristen als drei Monate möglich sind (Art. 8 Abs. 1 IPG-E). Zudem sind Fristverlängerungen unbedingt zu vermeiden. Des weiteren ist es für unsere Unternehmen von zentraler Bedeutung, dass der Prozess für die Investitionsprüfung mit einem allfälligen Fusionskontrollverfahren gut koordiniert ist. Ein Bescheid über die Genehmigung oder Ablehnung einer Investition hat ferner zwingend auf schriftlichem Weg zu erfolgen (Art. 9 Abs. 1 IPG-E).

Zusätzlich wäre zu prüfen, ob allenfalls über das zweistufige Prüfverfahren hinaus für die betroffenen Unternehmen auch die Möglichkeit eines Rulings vorgesehen werden sollte. Dies würde die Planungssicherheit im Rahmen einer Übernahmeaktivität insgesamt nachweislich verbessern.

  1. Abschnitt: Datenschutz und Amtshilfe

Der Schutz vertraulicher Informationen und Daten, welche zwischen den Behörden und Unternehmen im Zuge der Investitionsprüfung ausgetauscht werden (Abschnitt 4 IPG-E), soll oberste Priorität haben und jederzeit – auch nach dem eigentlichen Verfahren – gewährleistet sein. Mit Blick auf den Austausch mit ausländischen Staaten sind zudem gleichwertige Datenschutzbestimmungen zentral.

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