Editorials

Pascal Nussbaum

Leiter Kommunikation & Public Affairs
SwissHoldings

Zunehmend prägen technologiekritische Haltungen die öffentliche Debatte. Ob 5G, Gentechnik oder Pflanzenschutzmittel: Technische Innovationen werden mit dem Hinweis auf potenzielle Risiken abgelehnt. Dies stellt unseren Wirtschaftsstandort, der auf die Innovationsfähigkeit unserer Unternehmen angewiesen ist, vor neue Herausforderungen.

Technologischer Fortschritt und Innovationskraft gehören zu den Grundvoraussetzungen für erfolgreiche, prosperierende Gesellschaften. Entgegen dieser Grundannahme aber finden je länger je mehr technologiekritische Haltungen Eingang in den hiesigen Diskurs. Natürlich müssen die Chancen und Risiken neuer Technologien gegeneinander abgewogen werden. Dieser Prozess muss jedoch sachlich austariert erfolgen. Technologiekritik ohne Berücksichtigung der allfälligen Chancen resultiert in Technologiefeindlichkeit.

NZZ-Wirtschaftsredaktor Christoph Eisenring beispielsweise beleuchtete diese Tendenz in seinem treffenden Kommentar vom 18. Februar 2020. Letzten November veröffentlichte der Think-Tank Avenir Suisse ihre Publikation «Unverantwortlich?», in welcher sie die Rolle und Wahrnehmung des Schweizer Unternehmertums in Zeiten des Umbruchs beleuchtet.

In der Zwischenzeit hat das Thema nicht an Bedeutung verloren. Allein auf Bundesebene befinden sich vier technologiekritische Volksinitiativen im Prozess:

  • ‘Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz’
  • ‘Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide’
  • ‘Mobilfunkhaftungs-Initiative’
  • ‘Für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk’

Öffnet man den Betrachtungshorizont über diese nationalen Volksbegehren hinaus, stellt man zudem weiter fest, dass auch die parlamentarische Debatte auf Bund- und Kantonsebene sowie die mediale Berichterstattung vermehrt technologiekritisch verläuft.

 

Technologiekritik verhindert Innovation und Fortschritt

Die Mitgliedunternehmen von SwissHoldings übernehmen im Bereich Innovation und Technologie eine führende Rolle. Diese Tatsache mag erklären, weshalb sie über Gebühr im Fokus der technologiekritischen Auseinandersetzung stehen. Dabei geht oftmals vergessen, dass technologischer Fortschritt und Innovation kein Selbstzweck für die Unternehmen allein zur Gewinnsteigerung bedeuten, sondern uns allen zugutekommen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Technologiekritik nicht nur die Unternehmen trifft, sondern auch die Bevölkerung, der aufgrund der verhinderten Innovationen bessere Produkte vorenthalten wird.

Nehmen wir die aktuellen Trinkwasser- und Pestizidinitiativen als Beispiel: Beide wollen den Pflanzenschutzmitteleinsatz stark einschränken bis verbieten. Damit würde die Lebensmittelproduktion geschwächt. Gleichzeitig würden neue Technologien im Gentechnikbereich Potenzial bieten, die Nahrungsmittelproduktion ohne Pflanzenschutzmittel zu revolutionieren. Jedoch wird aktuell die erneute Verlängerung des Gentech-Moratoriums vorgeschlagen und wahrscheinlich auch beschlossen. Damit resultiert ein offensichtlicher Zielkonflikt zwischen dem Wunsch nach Nahrungsmittel ohne Pflanzenschutzmittel und gleichzeitig nach einer nachhaltigen und gesteigerten Lebensmittelproduktion. Diese technologiekritische Einstellung verhindert Fortschritt und potenzielle Innovationen. Im konkreten Fall droht schlimmstenfalls gar ein Rückschritt, weil weniger Lebensmittel produziert werden könnten.

 

Medien, Politik und Wirtschaft sind gefordert

Wie kann dieser Herausforderung begegnet werden? Ich sehe drei mögliche Handlungsfelder:

Erstens muss der öffentliche Diskurs über Chancen und Risiken neuer Technologien offen und auf Basis fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse geführt werden. Dazu bedarf es einer klaren Definition der Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Politik. Die Akteure müssen sich auf Augenhöhe begegnen. Die Wissenschaft soll im Zusammenspiel der verschiedenen Akteure ihre Funktion als unabhängige Instanz wahrnehmen können.

Zweitens ist die Wirtschaft gefordert, den Mehrwert des technologischen Fortschritts und der Innovation laufend und verständlich für die Bevölkerung aufzubereiten. In diesem Bereich haben die Anstrengungen in den letzten Jahren bereits stark zugenommen. Nichtsdestotrotz muss das Optimierungspotenzial stetig analysiert und gegebenenfalls angegangen werden. Doch all diese Berichterstattung verläuft ins Leere, wenn sie nicht in den öffentlichen Diskurs getragen wird.

Drittens braucht es daher eine Versachlichung des Diskurses. Dazu sind Anstrengungen der Politik und der Medien gleichermassen notwendig. Auf kritische Volksinitiativen muss mit nüchternen Argumenten statt mit nicht zielführendem Alarmismus reagiert werden. Die Aufgabe der Medien besteht darin, die Argumente aus Wissenschaft und Wirtschaft der Öffentlichkeit zu vermitteln und kontroverse Themen ausgewogen zu diskutieren. Die Rolle der Politik sollte sich dadurch definieren, die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Argumente im öffentlichen Interesse auszubalancieren und umsetzbare Lösungen zu erarbeiten.

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