Amina Joubli

Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Internationale Arbeitsfragen
Staatsekretariat für Wirtschaft (SECO)

Der Aktionsplan des Bundes zu Unternehmen und Menschenrechte wurde anfangs 2020 revidiert: Mit gezielten Massnahmen will der Bund Firmen unterstützen. Ein zentraler Aspekt ist die Sensibilisierung der Firmen – wozu der Bund Informationsmaterial bereitstellt und Workshops organisiert. Der Bund bezieht dabei möglichst viele Interessensgruppen mit ein und baut auf das diplomatische Aussennetz der Schweiz. Besondere Aufmerksamkeit widmet er KMU, die besonderen Herausforderungen gegenüberstehen. 
Unternehmen müssen sich an die Menschenrechte halten: Der öffentliche Druck steigt weltweit – auch in der Schweiz mit der Diskussion zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (Konzern-Initiative). Eine erste Evaluation der Umsetzung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte hat ferner gezeigt, dass zwar immer mehr Unternehmen, die in der Schweiz ansässig und/oder tätig sind, diese Leitprinzipien anwenden. Dennoch sind diese Leitprinzipien in den Unternehmen nach wie vor ungenügend verankert, insbesondere im Auslandgeschäft. Herausforderungen stellen sich namentlich bei der Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung und den Wiedergutmachungsmechanismen. Besonders schwierig ist die Umsetzung der UNO-Leitprinzipien für viele KMU. Als Antwort auf die identifizierten Herausforderungen präsentiert der überarbeitete Aktionsplan konkrete Massnahmen zur Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfungen.

Der Aktionsplan ist das Resultat eines breit abgestützten Prozesses von Akteuren aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Eine wichtige Leitfrage war: Wie kann die Schweiz auf hier ansässige Unternehmen einwirken, damit diese im In- und Ausland die Menschenrechte achten? Aus Sicht des Bundesrates ist es massgebend, mit einer möglichst geringen Belastung der Unternehmen einen wirkungsvollen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen zu gewährleisten.

Sensibilisierung entscheidend
Der Nationale Aktionsplan basiert auf einem «smart mix» von verbindlichen und nicht-verbindlichen Massnahmen. Im Fokus des Aktionsplans stehen insbesondere Sensibilisierungsmassnahmen. Indem der Bund Informationsmaterialien bereitstellt und Workshops zur menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung durchführt, will er den Respekt der Menschenrechte auf Unternehmensebene erhöhen und KMU-spezifische Sensibilisierungsmassnahmen umsetzen. Dazu arbeitet der Bund mit Branchenverbänden und kantonalen Handelskammern zusammen. Ein Internetportal und eine Broschüre richten sich beispielsweise gezielt an Schweizer Unternehmen. Die Gute Praxis der Firmen soll zudem im Rahmen eines Schweizer Forum für Wirtschaft und Menschenrechte gefördert werden.

Insbesondere fördert der Bund Instrumente und Standards der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und unterstützt im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit beispielsweise die Better-Work-Initiative im Textilsektor.

Um zum Respekt der Menschenrechte in internationalen Wertschöpfungsketten beizutragen, setzt die Schweiz auf sogenannte Multistakeholderinitiativen. Das heisst, der Staat arbeitet mit dem Privatsektor, mit Interessensgruppen, sowie mit weiteren relevanten Akteure zusammen (z.B. NGOs, Verbände, Wissenschaftler, etc.) um gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Unterstützung bietet der Bund dem Privatsektor beispielsweise mit einem Leitfaden für die Umsetzung der UNO-Leitprinzipien im Rohstoffhandel.

Ein weiterer wichtiger Pfeiler des Aktionsplans ist das diplomatische Aussennetz der Schweiz. Auslandvertretungen der Schweiz, die sich in fragilen Kontexten befinden, haben in der Vergangenheit Initiativen zur Förderung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen erarbeitet oder unterstützt. Diese Aktivitäten werden nun ausgebaut, und der Bund wird die Auslandsvertretungen verstärkt in seine Sensibilisierungs- und Unterstützungsleistungen zur Achtung von Menschenrechten durch Unternehmen miteinbeziehen.
Bei bundesnahen Unternehmen hat der Bund eine gesteigerte Verantwortung und wird diese Unternehmensgruppe deshalb gezielt sensibilisieren. Das gleiche gilt, wenn er direkt mit Unternehmen Geschäftsbeziehungen unterhält – beispielsweise über die Exportrisikoversicherung. Ein weiterer sensibler Bereich sind öffentliche Beschaffungen und Ausschreibungen. Die Einbeziehung sozialer Kriterien in das öffentliche Beschaffungswesen auf Bundesebene ist auch eine Massnahme des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte. Das Vergaberecht sieht vor, dass der Anbieter, wenn der Leistungsort im Ausland liegt, mindestens die acht Kernkonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) einhalten muss. Mit der revidierten Gesetzgebung kann der Auftraggeber auch die Einhaltung anderer wesentlicher internationaler Arbeitsstandards verlangen, die in Prinzipien aus weiteren Übereinkommen der IAO bestehen, soweit die Schweiz sie ratifiziert hat.

Unterstützungsbedarf bei KMUs
Sensibel sind insbesondere Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen von Schweizer Unternehmen im Ausland. Nebst multinationalen Unternehmen sind auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) betroffen. Letztere unterstützt der Bund gezielt, da KMU oft an Ressourcen und an einer Hebelwirkung gegenüber ihren Partnern fehlt. Hierfür organisiert er Hilfsmaterialen und Workshops für Firmen, in welchen die Umsetzbarkeit und Praktikabilität von menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfungen im Zentrum stehen.

Die Menschenrechte sind für Firmen zusehends geschäftsrelevant, da Konsumenten die Einhaltung der Menschenrechte als Teil der nachhaltigen Entwicklung betrachten. Für Unternehmen lassen sich Reputationsrisiken minimieren und bessere Arbeitsbedingungen gehen oft mit einer höheren Produktivität einher.

Herausforderungen im Kontext der Pandemie
Aufgrund des Covid-19-Ausbruchs werden auf EU- und auf Schweizer Ebene in verschiedenen Bereichen eine Reihe von Massnahmen durch Regierungen ergriffen, um die öffentliche Gesundheit, die Wirtschaft, vor allem aber die Arbeitnehmenden, die Arbeitsplätze und ihr Einkommen zu schützen. Auch Unternehmen haben im Kontext der Pandemie eine Verantwortung. Unternehmen haben eine Schlüsselrolle bei der Minimierung der Übertragung und der Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sie sollten somit wirksame Massnahmen zum Schutz ihrer Arbeitnehmenden, Kunden und lokalen Gemeinschaften ergreifen.

In Bezug auf internationale Lieferketten von Schweizer Firmen sind aufgrund der Pandemiekrise auch Unterbrechungen, Verzögerungen oder die Schliessung nicht mehr lebensfähiger Fabriken im Ausland möglich. Dies erfordert eine proaktive Auseinandersetzung mit den Faktoren, die den Unterbrechungen in der Lieferkette zugrunde liegen. Das heisst, dass Risiken im Zusammenhang mit Menschenrechten (insbesondere Schutz der Arbeitnehmenden) auch in Zeiten der Krise ermittelt und angegangen werden sollten.

Die Verwirklichung der Menschenrechte ist eine unerlässliche Voraussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung: Auf dieser Überzeugung beruht das Engagement des Bundes für den Menschenrechtsschutz im Kontext der Wirtschaft. Der Bund sieht seine Rolle darin, Unternehmen bei der Umsetzung der UNO-Leitprinzipien zu unterstützen, Unternehmen anzuhalten die Menschenrechte zu achten und, wo Gesetze bestehen, diese umzusetzen. Ein proaktiver Umgang mit diesem Thema wird Schweizer Unternehmen erlauben, die Herausforderungen zu meistern und die Risiken einzuschränken und gleichzeitig die damit verbundenen Chancen wahrzunehmen.

Weitere Informationen zur Konzern-Initiative finden Sie im Dossier Konzern-Initiative von SwissHoldings.

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